ZWEIUNDZWANZIG

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Madelaine

Es ist eine Woche vergangen, seit Harry mich in der Bibliothek geküsst hatte.

Eine Woche, in der ich mir selber so viele Vorwürfe gemacht habe, dass es mich fast zu ersticken gedroht hatte.

Ich habe mir immer wieder versucht einzureden, dass es nicht meine Schuld sei, doch letztendlich war ich diejenige, die den Kuss hätte verhindern müssen. Ich habe nichts gesagt und Harry auch nicht aufgehalten, als er es getan hatte.

Ich habe mit keinem darüber gesprochen, nicht einmal mit Hermine oder Bella. Was hätte ich schon sagen sollen? »Hey Leute, Harry und ich haben uns geküsst. Also eigentlich hat er mich geküsst und ich wollte das gar nicht, aber aufgehalten habe ich ihn auch nicht. Warum? Ach, weil ich zu feige bin!« Ganz sicher nicht!

Ich sollte sauer auf ihn sein, sollte zu ihm gehen und ihn anschreien, weil er mich in diese äußerst dämliche Situation gebracht hat, doch auch hierfür fehlen mir die richtigen Worte.

Also habe ich mich lieber eine ganze Woche von Madam Pomfrey krankschreiben lassen und mich in mein Bett verkrochen, um ihm aus dem Weg zu gehen.

Ich höre wie die Tür aufgeht und richte mich auf. Bella ist hereingekommen, um mir etwas zu essen zu bringen, doch ich lehne dankend ab.

»Maddy was ist los mit dir? Seit einer Woche kommst du nicht aus deinem Bett, isst kaum was und redest nichts. Du wirst mir doch wohl nicht erzählen wollen, dass das an deiner angeblichen Krippe liegt!« Ich setze gerade an, zu antworten, doch Bella kommt mir zu vor. »Und jetzt sag nicht "es ist nichts", sonst schwöre ich bei Merlin, dass ich dich mit einem Zauber zum Sprechen zwinge!« Wäre die Situation nicht so verdammt scheisse, würde ich jetzt lachen.

Ich streiche mir meinen Haare nach hinten und seufze. »Harry hat mich geküsst.«, sage ich und es tut so wahnsinnig gut, es endlich jemandem sagen zu können, auch wenn ich nicht begeistert bin, dass es Bella ist. Immerhin meinte Maya, dass sie auf Harry steht. »Ich weiß nicht was ich tun soll Bella. Zum einen bin ich so wütend, weil er es getan hat. Ich meine, ich bin doch mit Graham zusammen und das weiß er. Zum anderen denke ich, warum habe ich es zugelassen? Ich hätte irgendwas tun sollen, es verhindern sollen, aber ich konnte nicht.« Ich seufze noch einmal. »Ich habe das Gefühl, dass mich das Gewissen erdrückt.«

Anstatt mir zu antworten setzt sich Bella zu mir ins Bett und nimmt mich fest in den Arm. »Es tut mir leid Maddy.«, flüstert sie. »Es tut mir so leid, dass du das eine ganze Woche mit dir rumtragen musstest, ohne mit jemanden darüber zu sprechen.« Sie nimmt etwas Abstand und greift nach meiner Hand. »Ich will das du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst. Du musst dich für nichts schämen Maddy!«

Ich lasse allen meinen Gefühlen freien Lauf und fange an, bitterlich zu weinen. In den ganzen Wochen, in denen ich nun schon hier bin, habe ich meine Gefühle verdrängt. Erst das mit Stella, dann die Erkenntnis, dass ich eine Hexe bin und der Abschied von Graham. Dann das mit Draco, Umbridge und letztendlich Harry. All das hat mich innerlich aufgefressen, aber ich habe nie darüber gesprochen.

Nun erst bemerke ich, wie sehr es mich eigentlich belastet.

Bella sagt nichts, nimmt mich in den Arm und hält mich, bis ich aufhöre zu weinen.

Sie lässt mich los und ich lasse mich nach hinten in die Kissen sinken. Bella legt sich neben mich und nimmt meine Hand. »Das was ich jetzt sage, meine ich nicht böse, aber vielleicht solltest du dir zuerst einmal bewusst werden, was DU willst.«

»Ich will Graham.«, sage ich prompt, doch in dem Moment, in dem die Worte meinen Mund verlassen, bin ich mir nicht sicher, ob es der Wahrheit entspricht. Denn würde ich Graham wirklich wollen, hätte ich den Kuss verhindert. Definitiv!

AVER - fire & iceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt