Kapitel 16

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Kurz war ich überrascht. Wie kam sie denn plötzlich auf dieses Thema?
Nicht das es schlimm wäre danach zu fragen, doch in meinen Augen gab es gerade gar keinen Grund dazu. „Wie soll man dazu stehen? Ich denke, dass es in Ordnung ist, den Menschen zu lieben den man liebt", teilte ich ihr also meine Meinung mit. Was sollte man denn auch sagen? Ich war nicht besonders christlich erzogen worden und so wurde mir auch nie eingeredet, dass Homosexualität eine Sünde oder sonst etwas sei. Ich empfand es als ganz normal, aber ich hatte bis jetzt noch nie groß darüber nachgedacht. Ach und was war das dann mit Jonathan in der letzten Zeit? Manchmal würde ich mein Unterbewusstsein gerne auf den Mars schießen.

Als ich die Anderen musterte bemerkte ich, wie eine gewisse Anspannung von allen abfällt, die mir vorher noch nicht richtig aufgefallen war. Also ist hier jemand schwul oder lesbisch? Das würde auf jeden Fall die Frage erklären. Neugierig guckte ich mich um. Was hatten sie denn für eine Antwort erwartet?

Jetzt guckte mich Isa lächelnd an: „Na dann willkommen in der Gruppe der Verrückten", und fing an zu lachen. „Ey, so verrückt sind wir doch gar nicht", beschwerte sich Mia, woraufhin Colin nur den Kopf schüttelte und ihr spielerisch in die Seite kniff: „Nein Schatz, du doch nicht." Daraufhin rammte Mia ihm ihren Ellenbogen in die Seite und verzog spielerisch beleidigt ihr Gesicht. „Hör nicht auf die, im Club der Singles kann man so sein wie man will und mit dir schaffen wir jetzt den Ausgleich. Damit steht es vier zu vier.", meinte sie lachend und setzte eine verschwörerische Miene auf.

Kurz war ich verwirrt, wer war denn noch mit jemandem zusammen? Doch dann viel mein Blick auf die verschränkten Hände von Elias und Jonas. Es war eigentlich offensichtlich gewesen, bei den Blicken, die sie ausgetauscht hatten, doch da ich noch nie richtigen Kontakt zu einer Person hatte, die nicht hetero war, hatte ich eine Beziehung gar nicht in Betracht gezogen.

„Aber irgendwann wirst du hoffentlich der einzige Single in dieser Runde sein", meinte Jonathan grinsend woraufhin Amelie nur beleidigt erwiderte: „Na da wäre ich mir aber an deiner Stelle lieber nicht so sicher, denn wenn du dich weiter so blöd verhältst, dann bleiben es definitiv zwei", und streckte ihm die Zunge entgegen. Verwirrt guckte ich von einem zum anderen. Wieso würde Amelie denn bitte Single bleiben? Sie sah doch ganz hübsch aus, da liefen ihr doch die Jungs, oder vielleicht auch Mädchen, bestimmt hinterher. Amelie schien meinen fragenden Blick bemerkt zu haben und meinte mit einem Lächeln in meine Richtung: „Ich bin Aro-Ace" Bitte was? Ich hatte keine Ahnung, was sie da gerade gesagt hatte, aber um nicht dumm zu wirken nickte ich einfach nur.

Doch Jonathan durchschaute mich sofort: „Aro-Ace ist aromantisch und asexuell, das heißt, eine Person, die weder romantische Gefühle, noch eine sexuelle Anziehungskraft gegenüber einer Person empfinden kann." Wieder nickte ich. Diese Antwort hatte mich überrascht, ich wusste nicht, dass es Menschen gibt, die keine romantischen Gefühle entwickeln können. Von Asexulität hatte ich schon mal etwas gehört, doch selbst vorstellen könnte ich es mir nicht. Auch wenn ich noch Jungfrau war, könnte ich mir nicht vorstellen niemals Sex zu haben.

„Ja wir sind ein bunte gemixter Haufen der Buchstaben Mafia", fing Amelie wieder an zu reden, „Ein Bisexueller, zwei Pansexuelle und zwei Schwule und vielleicht ja noch mehr von einem, als was identifizierst du dich?" Kurz blickte ich sie verwirrt an. Was zum Teufel ist die Buchstaben Mafia? Und was sollte ich bloß auf ihre Frage antworten? Eigentlich bin ich immer davon ausgegangen hetero zu sein, doch seit ich hier bin, bin ich mir gar nicht mehr so sicher. „Falls du es noch nicht weißt, ist das auch nicht schlimm", meinte Jonathan zu mir, der anscheinend eine Begabung fürs Gedankenlesen hat und ich ließ es erstmal so stehen, denn irgendwie fühlte es sich falsch an zu sagen, ich sei hetero.

Daraufhin verstummte unser Gespräch für eine kurze Zeit, bis mir eine Frage durch den Kopf schoss: „Sind Elias und Jonas bzw. Mia und Colin erst hier im Internat zusammen gekommen? Oder kannten sie sich schon vorher?" „Elias und Jonas haben sich hier zusammen beworben und Mia und Colin haben sich beim Vortanzen kennengelernt. Wieso fragst du?", fragte Amelie mich. „Ich hatte mich nur gewundert, das sie nach so kurzer Zeit schon so vertraut wirkten, dass ist ja meistens erst so, wenn man sich länger kennt. Und ich war neugierig", meinte ich. Sie nickte.
*
Eine halbe Stunde später waren wir wieder zurück im Internat und wir verabschiedeten uns, bevor wir auf unsere Zimmer gingen. Das Essen ist eigentlich super verlaufen. Die anderen waren mir sympathisch und ich hoffe, dass ich keinen zu schlechten Eindruck hinterlassen habe.

Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen und schloss für einen Moment meine Augen. Ich hörte wie Jonathan durch den Raum auf sein Bett zu ging und sich darauf setzte. „Und wie findest du sie?", fragte er mich. Ich setzte mich auf und guckte ihn an. „Ich mag sie, aber ich hoffe doch, dass sie auch mich mögen und ich mich nicht irgendwie blamiert habe?" Er schüttelte den Kopf: „Nein, dass hast du nicht. Ich kenne sie zwar noch nicht so lange, aber wir sind aus einem bunt gemixter Haufen, ein Gruppe aus Freunden geworden und so wie es aussieht steht dir nichts im Weg dich uns abzuschließen, natürlich nur wenn du möchtest." „Gerne", antwortete ich lächelnd und meinte es auch so. Denn die Truppe hatte so gewirkt, als könnten sie echt an mir interessiert sein und nicht an irgendwelchen 'Berühmtheitsgraden' in der Schule. Obwohl ich diese hier natürlich auch nicht hatte, was mich, zu meiner Verwunderung, kaum störte.

Früher war es mir immer wichtig gewesen cool zu wirken und alle zu beeindrucken mit meinen Leistungen, doch jetzt musste ich sowohl mit dem Sport, als auch mit den sozial Kontakten neu anfangen und ich merkte, dass es mir gut tat.

„Hey Lucas?", fragend blickte mich Jonathan an und löste mich somit aus meinen Gedanken. „Ja?" „Du hast wirklich kein Problem damit, dass ich schwul bin?" „Nein", meinte ich und schaute ihn fragend an, „warum sollte ich?" „Naja da wo ich aufgewachsen bin, gab es auch öfter mal das Problem, das Leute mich anders behandelt haben, nachdem ich mich geoutet hatte und ich möchte nicht, dass es bei uns so ist."

Ich hätte nicht gedacht, dass Jonathan so unsicher ist. Und jetzt, wo ich darüber nachdachte, kam mir in den Sinn, dass ich mich vermutlich in Köln auch anders verhalten hätte. Auch wenn ich nie etwas gegen Homosexualität hatte, so war es an meiner Schule nicht gerne gesehen und ich hätte zu große Angst gehabt, dass es meinem Image geschadet hätte, wenn ich mit einer schwulen Person befreundet wäre. Selbst nur eine Freundliche Unterhaltung war ungerne gesehen und hätte ich eine homosexuelle Person umarmt, wäre ich direkt eine 'Schwuchtel' gewesen und ich hätte meine Position in der Schule verloren. Allein Umarmungen zwischen zwei Jungen waren zu 'schwul'. Dabei haben diese Personen niemandem etwas getan. doch da es mir wichtig war dazu zu gehören, habe ich die 'Regeln' befolgt.

Als ich ihm gerade antworten wollte, bemerkte ich, dass Jonathan mich unsicher anschaute. Wie von selbst stand ich auf, ging zu ihm hinüber und umarmte ihn. Ich könnte nie aufhören ihn zu umarmen, denn ich genoss die Umarmungen viel mehr, als ich es mir im Moment eingestehen wollte.

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Hey,

heute wieder ein neues Kapitel von mir :)

Ich hoffe euch geht es gut und euer Wetter ist besser als bei mir. 

Jonathan hat sich also vor Lucas geoutet und Lucas zweifelt seine Sexualität an... Ich hab das Gefühl, dass wir dem Hauptziel der Geschichte langsam näher kommen XD

Bis nächste Woche,

euer Lesekatze

Auch wenn der Weg nicht immer leicht istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt