Kapitel 55

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Gerade als Matthi zur Tür hinausgegangen war, trat Jonathan auch schon wieder durch sie in den Raum ein und kam auf mich zu, um mir einen Kuss zur Begrüßung zu geben. Dann verflocht er unsere Hände zusammen und zog den Stuhl neben mir zu sich heran, um sich neben mich zu setzten.

„Hey, wie geht's dir?", eröffnete er das Gespräch mit einem Lächeln, wobei er mir liebevoll in die Augen sah. „Hey, auf jeden Fall nicht schlechter als sonst", antwortete ich, „Und dir?" Von der positiv verlaufenden Therapiestunde in eine halbwegs gute Stimmung versetzt, probierte ich seinen Blick genauso liebevoll zu erwidern und probierte mich sogar an einem kleinen Lächeln.

„Auf jeden Fall besser, wenn ich dich Lächeln sehe", antwortete er und hob unsere Hände an, um einen Kuss auf meinen Handrücken zu setzten. „Wer ist denn gerade aus deinem Zimmer herausgekommen?", fragte er danach neugierig.

„Mein neuer Psychologe", meinte ich grinsend, da ich stolz auf mich war, etwas aus eigener Kraft geändert zu haben. „Und wieso hast du einen neuen?", in seiner Frage lag ein wenig Verwirrung.

„Naja Dr. Schneider und ich sind nicht so wirklich miteinander klargekommen, also habe ich Dr. Schmidt gefragt, ob ich nicht vielleicht jemand anderes bekommen könnte. Ein Glück kann Matthi mich jetzt betreuen", fasste ich kurz die Umstände zusammen.

„Okay, also von deiner Ausdrucksweise her, ist dieser Matthi wohl deutlich besser als Dr. Schneider", stellte er fest und ich nickte nochmal bestätigend. „Das klingt doch gut", meinte er lächelnd und setzte einen Kuss auf meine Stirn, woraufhin ich meine freie Hand um seinen Nacken legte und ihn zu mir heranzog, um unsere Lippen in einem Kuss zu vereinen.

In Momenten wie diesen vergaß ich manchmal fast, weshalb ich im Krankenhaus war, aber eben auch nur fast. Im Hintergrund meiner Gedanken erinnerte mich meine geliebte Stimme immer wieder daran, dass ich all das hier nicht verdient habe und mich besser dem dunklen Teil meines Herzens zuwenden sollte, welcher meistens fast alles Positive in mir überschattete.

Doch ich probierte es so gut wie möglich zu ignorieren und mich voll und ganz auf Jonathans weiche Lippen auf meinen konzentrieren. Das klappte heute auch ganz gut, bis er sich dazu entschloss sich mir sanft zu entziehen.

„So sehr ich das hier auch genieße, möchte ich nicht, dass hierbei jemand ins Zimmer reinkommt, denn wenn wir so weiter machen, kann ich nichts versprechen", meinte er und grinste mich verschmitzt an.

Ich schüttelte nur lächelnd meinen Kopf und legte mich wieder vernünftig auf mein Kissen. Die Stimme in meinem Kopf wurde sofort wieder lauter, als Jonathan sich entfernte, um seine Jacke und Mütze an der Garderobe aufzuhängen.

Sofort verschwand das Lächeln von meinem Gesicht und die Stimme erinnerte mich daran, dass ich Jonathans Zeit nicht wert bin. Das er hier mit mir nur Zeit vergeudet, die er deutlich besser nutzen könnte.

Doch ich probierte diese Gedanken zu ignorieren, indem ich meinen Blick zu Jonathan wandte, welcher lächelnd auf mich zulief, mit einem warmen Ausdruck von Zuneigung auf dem Gesicht, der sich in seinen Augen widerspiegelte.

„Na, was wollen wir heute machen?", fragte er, als er neben mir am Bett stehen blieb. „Kuscheln?", antwortete ich und schaute ihn bittend an. Ich bräuchte ihn einfach bei mir, damit die Stimme in meinem Kopf endlich aufhört mir zu sagen, was ich eh schon weiß.

Da musste sie mir es nicht noch ständig vorhalten, denn das tat ich schon selbst genug. „Gerne", erwiderte Jonathan und hob meine Bettdecke an, um sich unter sie zu legen. Dann zog er mich zu sich ran, sodass ich meinen Kopf auf seine Brust Betten konnte.

Sofort lullte mich sein Duft ein und mein Körper entspannte sich merklich. In seiner Nähe war der einzige Ort, an dem es mir halbwegs gut ging, mal abgesehen von meinen Schuldgefühlen ihm gegenüber. Das hatte sich vor allem in den letzten Tagen verstärkt gezeigt.

Auch wenn in mir alles zusammenbrach, schaffte Jonathan es irgendwie ein Anker zu sein, an den ich mich klammern konnte. Doch genau das machte mir Angst.

Was ist, wenn er bald merkt, dass ich nicht gut für ihn bin und, verständlicher Weise, mit mir Schluss macht? Dann würde mir mein Anker endgültig entzogen werden und ich wäre wieder da, wo ich vor einer Woche war.

Bei dem Gedanken daran, dass genau das passieren könnte, wurde mir schlecht und eine Welle der Traurigkeit überkam mich. Ohne ihn war ich nichts. Mein Leben ist bedeutungslos und ohne ihn macht es keinen Sinn es fortzuführen.

Selbst mit ihm hat es nicht wirklich gereicht. Ich bin ein Versager, ein unglaublich abhängiger Versager. Wieso zur Hölle war ich überhaupt noch hier? Ich wollte das alles nicht mehr und trotzdem habe ich es noch.

Irgendwann fingen an warme Tränen über mein Gesicht zu laufen, was ich erst bemerkte, als ich den salzigen Geschmack an meinen Lippen wahrnahm. Anscheinend half mittlerweile nicht einmal mehr Jonathans Nähe, um meine Gedanken zu beruhigen.

Da ich aber nicht wollte, dass er sich Sorgen um mich macht, verhielt ich mich so still wie möglich und probierte meinen Atem gleichmäßig zu halten.

Das gelang mir auch ziemlich gut, jedoch hielt es nicht den Tränenfluss zurück, welcher unaufhörlich von meinem Gesicht tropfte und nach einer Weile den Hoodie von Jonathan durchweicht hatte.

Leider erregte das seine Aufmerksamkeit und er hob meinen Kopf vorsichtig an, um ihn sanft in seine Richtung zu drehen. „Was ist los?", fragte er besorgt und sah mich fürsorglich an.

Seine Hände umrahmten dabei mein Gesicht und mit seinen Daumen strich er vorsichtig die Tränen von meinen Wangen. „Ach nichts", meinte ich, zog meine Nase hoch und setzte ein Lächeln auf, „Ich mach mir nur Gedanken über unsinnige Sachen."

Ich probierte es runterzuspielen, in der Hoffnung, dass er das Thema vielleicht fallen lässt. Doch meine winzig kleine Hoffnung war natürlich umsonst. „Das sieht aber nicht nach nichts aus", reagierte er sofort besorgt und schaute mir direkt in die Augen, „Na komm schon Lucas, du kannst mit mir über alles reden, das weißt du doch, oder?"

Ich nickte, das hatte er mir schon öfter gesagt, jedoch sollte er nicht mit allem belastet werden. „Na siehst du, also, was bedrückt dich?", fragte er sanft und schaute mich mitfühlend aus seinen Karamellfarbenen Augen an.

Wie kann jemand nur so hartnäckig sein und es aber überzeugend rüberbringen? Ich seufzte. Sollte ich es ihm sagen? Vielleicht wäre das ein Anfang, das hatte Matthi zumindest gemeint. Aber es ist einfach so unglaublich schwer über seine Gefühle zu sprechen.

Es machte einen so verletzlich und hinterlässt einen Eindruck auf den anderen, den man vielleicht gar nicht so möchte. Doch das war kein Argument, denn wenn ich eins wusste, dann das Jonathan mich nie verurteilen würde. Vielleicht hilft es mir ja wirklich über alles zu sprechen.

Ich holte einmal tief Luft, bevor ich ansetzte zum Sprechen: „Ich habe einfach Angst davor was passiert, wenn du nicht mehr da bist."

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Heyy,

fröhlichen dritten Advent, ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen :)

für alle die sich fragen warum das letzte Kapitel  nochmal online kam, ich hatte es ausversehen 53 statt 54 genannt und das ist mir erst vor kurzem aufgefallen, upsi XD

Aber heute wie gewohnt ein neues Kapitel. Diesmal bin ich deutlich weniger im Stress, da ich voraussichtlich nur noch eine Arbeit schreibe und wenigstens schon ein paar Geschenke besorgt habe :D. Wie sieht es bei euch so mit Geschenken oder vielleicht auch einem Tannenbaum aus? Ich habe gestern einen geholt von einer riesigen Tannenbaumfarm in der Nähe, von deren Existenz ich bis gestern noch nichts wusste und dezent überrascht war, dass es so etwas bei mir gibt (ich wohne in einer Kleinstadt) XD.

Achja und bevor ich es vergesse, vielen Dank für die 4k Reads, ich freue mich echt zu sehen, wie viele Leute sich für meine Geschichte interessieren, das hätte ich echt nie erwartet, da kann ich euch gar nicht genug danken :)

Bis nächste Woche, 

eure Lesekatze 

Auch wenn der Weg nicht immer leicht istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt