Prolog

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„Scheiße, was hab ich getan?", dachte ich mir, während wir durch die Gassen von Köln rannten und hinter uns Polizeisirenen ertönten. Der Mann, den wir verletzt hatten, müsste schon fast tot sein. All das viele Blut! Mir wurde schon beim Gedanken daran schlecht, der arme Mann. Durch meine Gedanken abgelenkt, sah ich die Bordsteinkante neben mir nicht und stolperte. Schnell rappelte ich mich auf und rannte weiter den anderen zwei nach.

Die Sirenen wurden immer lauter und die beiden anderen waren schon aus meinem Sichtfeld verschwunden, als ich mich schwer Atmend in einen schattigen Hauseingang presste, wo man mich bei der Dunkelheit hoffentlich nicht sehen würde. Warum hatte auch ausgerechnet ich dieses beschissene Asthma? Schnell holte ich mein Spray aus meiner Hosentasche und ließ mich an der Tür runtergleiten. Die Sirenen wurden langsam leiser und ich stieß vorsichtig die Luft aus, die ich unbewusst angehalten hatte. Langsam ließ ich mir durch den Kopf gehen was gerade passiert war.

Ich hatte Sky und Raccoon auf einer Feier bei einem Kumpel von mir kennengelernt. Natürlich weiß ich, dass das nicht ihre richtigen Namen sind. Vermutlich haben sie sich mir so vorgestellt, damit ich sie jetzt nicht verpfeifen kann. Ich meine wer nennt seine Kinder denn Himmel und Waschbär? Auch auf der Party kannte niemand ihre echten Namen und richtig gestört hat es niemand, da beide recht nett schienen. Am Ende der Party hatten wir dann Nummern ausgetauscht nachdem wir zusammen etwas getrunken hatten und vielleicht etwas geraucht.

Ich hatte mir nicht viele Gedanken drüber gemacht, denn die beiden waren echt super nett und wir haben uns super gut verstanden. Doch vor einer Woche, als wir wieder einmal ziemlich dicht waren, kam Raccoon mit einer Schnapsidee, im wahrsten Sinne des Wortes, an. Er meinte er brauche dringend wieder Geld um sich sein Gras zu kaufen und deshalb wolle er eine Tankstelle überfallen. Er fragte mich ob ich Lust hätte mit zumachen, dann würde ich ein Drittel der Beute abbekommen und er und Raccoon bekämen den anderen Teil.

Am nächsten Tag konnte ich mich an nichts erinnern, da ich am Tag zuvor zu viel getrunken hatte. Ich habe mir auch nichts dabei Gedacht, da ich schon mal einen Filmriss hatte. Doch als mir eine Woche später per SMS mitgeteilt wurde, wann und wo es stattfinden würde, war ich total erschrocken. Anscheinend hatte ich an diesem Abend zugestimmt ein Verbrechen zu begehen.

Später, nach den ersten Schockminuten, hatte ich zu große Angst, was sie mit mir vorhaben könnten, wenn ich ihnen sagen würde, dass ich doch nicht mitmachen würde. Ich meine, die hatten keine Angst eine Tankstelle zu überfallen, also würde die sich bestimmt auch nicht davor scheuen mich zusammenzuschlagen oder ähnliches zu tun.

Und nun war ich hier, in diesem dunklen Hauseingang und wusste nicht was ich machen sollte oder wohin ich gehen könnte. Ich war noch immer ziemlich mitgenommen von dem Überfall. Was wenn die Polizei mich findet? Was wenn ich noch mehr solcher Überfälle machen muss? Der Mann an der Kasse hatte so erschrocken ausgesehen, als Sky sein Butterflymesser aus seiner Jacke gezogen hatte. Raccoon hatte währenddessen mindestens 300 Euro aus der Kasse herausgenommen. Damit kann man viel machen. Aber ob man das möchte ist eine andere Frage.

Ich zog die Beine an meinen Körper und schlang die Arme um sie. Langsam ließ die Angst nach und ich merkte wie kalt mir war. Meine Eltern schliefen wahrscheinlich gerade, schließlich hatte ich ihnen gesagt, ich würde bei einem Kumpel von mir übernachten. Mittlerweile ärgerte ich mich darüber überhaupt auf die Party gegangen zu sein.

Davor war in mein Leben einfach alles super gewesen. Ich meine, ich habe super Eltern die mich bei allem unterstützen, ich kann sehr gut schwimmen und gewinne fast jeden Wettkampf, die fast jedes Wochenende stattfinden. Ich war in meiner Schule fast immer Jahrgangsbester und hatte den besten Freund der Welt.

Doch genau das war wahrscheinlich das Problem warum mein betrunkenes ich dem Vorhaben zugestimmt hatte. Raccoon und Sky führen ein komplett anderes Leben als ich. Die beiden sind nicht so auf eine gute Schullaufbahn oder eine Sportkarriere aus. Sie wollen das Leben als Jugendliche genießen, so lange sie es können. So hatte ich das Leben nie betrachte und fand es interessant, es mal auszuprobieren. Deshalb hatte ich mich immer weiter mit ihnen verabredet, einfach als Abwechslung zu meinem sonst so auf die Zukunft fokussierten Leben.

Langsam sah ich wie der Himmel über mir sich rot färbte. Es musste mittlerweile 4 Uhr morgens sein. Was wohl aus Sky und Racoon geworden ist? Sind sie der Polizei entkommen? Im Grund interessierte es mich eh nicht, denn nur wegen den beiden saß ich jetzt hier und wusste nicht, was ich machen sollte.

Meine Eltern konnte ich nicht anrufen, was würden die dann wohl sagen? Sie währen sicherlich schwer enttäuscht von mir und ich wollte sie nicht enttäuschen. Aber das hatte ich sie ja eh schon.

*

Ich saß nun schon etwas länger auf den Stufen und konnte sehen wie die Sonne über den Häusern aufging. Wahrscheinlich hätte mich das fasziniert, wenn ich nicht in dieser misslichen Lage wäre. Ich hatte lange drüber nachgedacht, was ich jetzt am besten tun sollte.

Nach einer Weile war ich zum Entschluss gekommen, dass es am besten ist zur Polizei zu gehen und sich zu stellen. Sie würden mich eh finden, es gibt bestimmt Kameraaufnahmen, auf denen man unsere Gesichter sehen kann, obwohl wir Kapuzen aufhatten. Und wenn ich mich stelle wird es sich vielleicht gut auf das Urteil, welches sicher auf mich wartet, auswirken.

So langsam merkte mein Körper wie lange ich hier schon saß und so stand ich auf, streckte mich, wobei mein Rücken ziemlich ungesunde Geräusche von sich gab, und machte mich langsam auf den Weg. Ich war todmüde und so zog ich nur langsam mein Handy aus meiner Jackentasche heraus. So schnell wie gerade möglich frage ich Google im Laufen, wo sich die nächste Polizeiwache befindet. Schnell konnte ich die Adresse herausfinden und machte mich auf den Weg.

Was soll ich eigentlich machen wenn ich dort bin? Ich mein, ich kann ja schlecht sagen: Hey, ich bin übrigens einer der drei Typen, die gestern die Tankstelle überfallen haben. Ich hab zwar keinen Plan wo die anderen sein könnten, aber hey, ihr habt ja jetzt zumindest mich.

Ich weiß auch nicht, welche Strafen mich zu erwarten werden. Ich meine, eigenständig dafür gerade stehen, werde ich wohl müssen, denn schließlich bin ich 15 und somit Strafmündig. Aber vielleicht gibt es ja eine Verminderung der Strafe, wenn ich ihnen alles erzähle und man die Tatsachen mit einbezieht, dass ich mich gestellt hatte, ich das Messer nicht benutzt oder mitgeführt hatte und ich vorher noch keine Straftat begangen habe, oder? Ein paar Zweifel hatte ich da ja schon.

*

Umso näher ich der Polizeistation komme, umso ängstlicher werde ich, allerdings werde ich mir auch immer sicherer, dass das hier die richtige Entscheidung ist. Wenige Minuten später gehe ich aufs Revier, stelle mich und gestehe meine Tat. 

Auch wenn der Weg nicht immer leicht istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt