Kapitel 59

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Als Kathi am nächsten Tag kam, war die seltsame Stimmung zwischen uns noch nicht verschwunden, doch wir schwiegen über die ausgesprochenen Worte und behielten weitere für uns.

Ich wusste das er recht hatte, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass sie mich hart aus meiner Fantasie zurück in die Realität gebracht hatten. Deshalb saß ich gerade ein wenig niedergeschlagen auf meinem Bett.

Jonathan und Kathi standen vor der Tür unseres Zimmers, da er irgendetwas wichtiges mit ihr besprechen wollte. Was auch immer das sein mag, wenn er es nicht vor mir besprechen kann.

Nicht das ich ihm nicht vertraute. Wenn es mich nichts anging, dann ging es mich nichts an. Trotzdem war es ein seltsames Gefühl zu wissen, dass er mir etwas verheimlicht. Naja, wer war ich, der so etwas sagen durfte.

Ich war ja der Meister der Geheimnisse ihm gegenüber, also sollte ich mir einfach nicht so viele Gedanken darüber machen. Nur das das Warten da nicht besonders weiterhalf, denn ich starrte nun schon seit gut zehn Minuten die Tür an, hinter der das leise Gespräch nur undeutlich zu vernehmen war.

Erst weitere fünf Minuten später, hörte das leise Gemurmel auf und wenig später öffnete sich die Zimmertür und beide traten geschlossen durch sie hindurch.

„Tut mir leid, dass du so lange warten musstest Lucas", meinte Jonathan mit einem entschuldigenden Blick. Ich zuckte nur mit den Schultern. „Kein Problem", meinte ich so unberührt wie möglich.

Verdammt es fühlte sich aber leider nach einem an. Wieso war ich nur so? Er verlangte doch auch nicht, dass ich ihm alles erzählte, wieso wollte ich dann einfach alles wissen. Das war nicht fair ihm gegenüber.

Seit wann bin ich der neugierige in unserer Beziehung geworden? Ich biss mir auf die Unterlippe, um den Gedankenstrom mit einem kurzen Moment des Schmerzes zu unterbrechen und konzentrierte mich dann wieder auf Jonathan und Kathi vor mir, die ein Glück von meinem Gedankengefecht nichts mitbekommen hatten.

„Wie geht es dir denn heute", fragte Kathi mich und sah mir neugierig in die Augen. Sie hatte die selben Augen wie Jonathan und auch seine blonden Haare hatte er von ihr geerbt. Es war nicht zu übersehen, dass sie verwandt waren.

„Ganz okay, es ist schön wieder hier zu sein und im eigenen Bett zu schlafen", zusammen mit Jonathan, fügte ich gedanklich hinzu. Denn er war nicht der einzige gewesen, der jemanden vermisst hatte.

Ich hatte mich so dran gewöhnt neben ihm einzuschlafen, dass die ersten Nächte ohne ihn, vor allem im sterilen Krankenhaus, kalt und einsam waren. Klar hatte ich auch bei meinen Eltern ohne ihn geschlafen, doch das eigene Kinderbett war immer noch etwas anderes als ein fremdes Bett im Krankenhaus.

„Das kann ich mir gut vorstellen", meinte Kathi und warf mir einen wissenden Blick zu. Während der Winterferien war sie des Öfteren ins Zimmer gekommen, um uns zu wecken, weshalb sie genau wusste, weshalb ich es so genossen hatte, wieder hier zu sein.

Auch Jonathan wusste genau was gemeint war und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Kurz darauf stiegen auch Kathi und ich ein, denn in Zeiten wie diesen waren es die kleinen Dinge, an denen man sich festklammerte, um nicht zu ertrinken im tiefen grau des Trübsals.

Das tat ich ja ohnehin schon genug. Zudem war die Reaktion von Jonathan, jedes Mal, wenn er mich lachen sieht einfach Gold wert. Denn das Funkeln, welches seine Augen früher immer in sich getragen hatten, kehrte zurück und vertrieb dabei die Trübe, die nun schon seit mehr als einem Monat vorherrschte.

Dieses Funkeln war mir mehr wert als alles andere in der Welt. Es bedeutete, dass er glücklich ist, und das war mir am wichtigsten. Denn solange er glücklich ist, hatte ich eine Sorge weniger, auch wenn die Zahl an sich nicht merklich schrumpfte.

Doch das Funkeln hielt meist nicht für lange, denn die Realität hielt uns alle fest im Griff. Es gibt nur wenige Situationen, in denen man ihr entfliehen kann, doch diese Momente sind wertvoll und wenn ich könnte, würde ich sie alle aufnehmen und immer wenn ich wieder glaube, dass alles nicht genug ist, die Aufnahmen angucken bis ich den Glauben wieder habe.

Doch so einfach war das nun mal nicht, deshalb probierte ich diese Momente in meinem Herzen zu behalten, damit sie die Negativität dort Stück für Stück verdrängen, bis das Positive Oberhand gewonnen haben.

So zumindest die Theorie, denn um diesen Plan umzusetzen, müsste ich für viele glückliche Momente in Jonathans Leben sorgen. Leider folgten nämlich auf gute Augenblicke auch immer schlechte und diese nisteten sich in meinem Herzen ein und kämpften unerlässlich gegen das Gute.

Es war ein einziges Auf und Ab und das bekamen die Menschen um mich herum leider zu spüren. Besonders Jonathan und das tat mir so unglaublich leid. Doch in Momenten wie diesen konnte ich einfach nur glücklich darüber sein, dass ich so jemanden wie ihn meinem Freund nennen durfte.

Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen sah ich Kathi und ihm zu, wie sie sich unterhielten, wobei das Funkeln noch nicht verschwunden war. Das waren die Lichtblicke in meinem Leben, an denen ich mich klammerte wie ein Ertrinkender an einem Ast. Und diese wollte ich vorerst nicht mehr loslassen, so viel war sicher.

Ich stand auf und gesellte mich zu den Beiden, woraufhin Jonathan seinen Arm um meine Schulter legte, mich an sich zog und mir einen Kuss ins Haar drückte, bevor er seine Unterhaltung fortführte.

Nun bildete sich auch ein Lächeln auf dem Gesicht von Kathi. Sie war echt unser größter Fan, das musste man ihr lassen. Denn bei jeder kleinsten Geste, die wir untereinander austauschen, kriegte sie eine Fangirlattacke und schaute uns immer grinsend wie ein Stalker zu.

Doch auf irgendeine Weise fand ich es schön zu wissen, dass sie mich tolerierte und trotz all der Umstände, mich als den festen Freund ihres Sohnes akzeptierte und wertschätze.

Sie kümmerte sich um mich und war für uns beide da, auch wenn sie mir gegenüber zu gar nichts verpflichtet ist. Sie zahlte ja sogar meine Schulgebühren und hatte mich, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, in ihrem Haus wohnen lassen, nachdem ich bei meinen Eltern quasi rausgeschmissen worden bin.

Dafür war ich ihr und auch Jonathan so unglaublich dankbar, denn ohne sie wüsste ich nicht, was ich machen sollte.

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Hey :)

Ich hoffe euch hat das letzte Kapitel in diesem Jahr gefallen :D. Diesmal war ein wenig mehr Fluff dabei ;)

Leider ist dies schon das vorletzte offizielle Kapitel... Es folgt dann nur noch der Epilog, sowie ein paar Bonuskapitel :/ Ich kann irgendwie nicht glauben, dass ich es tatsächlich vollbracht habe eine ganze Geschichte zu schreiben o.o Aber daran tragt ihr vor allem Schuld, denn ohne eure stätigen Votes und Kommentare hätte ich vermutlich schon lange die Motivation verloren, also Dankeschön :). Damit es aber einen guten Abschluss findet, wird das nächste Kapitel extra lang :) Um die tausend Wörter mehr als der Durchschnitt meiner Kapitellängen sind schon fertig, also freut euch schonmal auf Sonntag!

Bis dahin wünsche ich euch einen guten Rutsch ins neue Jahr 2022, was hoffentlich deutlich mehr für uns bereithalten wird als 2021... Ich zu meinem Teil freue mich schon drauf, da ich etwas habe, auf das ich mich definitiv freuen kann :D

Bis Sonntag,

eure Lesekatze <3

Auch wenn der Weg nicht immer leicht istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt