Kapitel 38

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Die nächsten Tage vergingen schnell. Wir lagen viel im Bett und unterhielten uns über alles, was uns so gerade beschäftigte. Doch nun stand Silvester vor der Tür und Jonathans Eltern planten eine Feier zu machen, an der sämtliche hohen Tiere aus New York teilnehmen sollten.

Sowohl ich als auch Jonathan hatten zwar nicht wir ich Lust darauf, jedoch gab es auch keine wirkliche Alternative, weshalb wir nun durch die New Yorker Innenstadt zu einem Geschäft gefahren wurden, in dem wir mir einen Anzug kaufen sollen.

Ich habe natürlich keinen dabeigehabt, denn ich hatte nicht damit gerechnet an einer Feier teilzunehmen, die einen Dresscode hatte. Da jedoch auch Jonathans Mutter und seine Schwester auf der Suche nach neuen Kleidern waren, wurde ich einfach mitgeschleppt.

Der Wagen machte vor einem viel zu teuer aussehendem Geschäft halt, in dessen Schaufenster es nicht mal für nötig gehalten wurde die Anzüge und Kleider mit Preisen zu versehen.

Das war mal wieder typisch reich, wer braucht schon ein Preisschild, wenn man sich alles leisten kann. Ich unterdrückte einen Seufzer, bevor ich aus dem Wagen ausstieg und hinter Jonathan den Laden betrat.

Innen drinnen war es bis auf einem Verkäufer leer, was kaum verwunderlich war bei den Preisen, die hier vermutlich herrschten. Neugierig schaute ich mich um. Der gesamte Laden war gefüllt mit den feinsten Anzügen und Kleidern, die man sich vorstellen konnte, und dazu gab es so viele Modelle, dass man gar nicht wusste, wo man überhaupt anfangen sollte zu gucken.

Ein wenig überfordert stand ich neben Jonathan und bemühte mich nicht den Mund aufklappen zu lassen. Auch wenn meine Eltern gut betucht waren, was Geld anging, nahmen ihr Vermögen doch noch nicht die Ausmaßen für ein solches Geschäft an.

Doch Jonathans Eltern schienen dieses Geld zu besitzen, denn nur wenige Augenblicke nach unserem Betreten des Ladens, setzte sich der Verkäufer in Bewegung, um uns namentlich zu begrüßen und Jonathans Mutter einen Champagner anzubieten, sowie Jonathan, seiner Schwester und mir einen Orangensaft.

Dankend lehnte ich höflich ab, da ich nicht wusste, ob das auch noch Kosten für Jonathans Eltern waren und ich nicht wirklich Durst hatte und wunderte mich kurz, dass Jonathans Schwester kein Champagner angeboten wurde. Doch dann wurde mir bewusst, wo ich mich gerade befand. In New York USA, wo Menschen unter 21 keinen Alkohol bekommen.

Irgendwie befremdlich, wenn man darüber nachdenkt. Da ich jedoch, den Alkohol zum Teufel wünschte, hatte ich nicht wirklich ein Problem damit. Ohne ihn, wäre ich vermutlich nicht hier und mein Familien Leben wäre noch in Takt.

Aber dann hättest du Jonathan nie kennen gelernt. Diese Tatsache war wohl das einzig Positive an meinem Leben. Ohne diesen Fehler, wäre ich nicht hier, bei Jonathan und hätte nie erkannt, wie unglücklich ich in meinem alten Leben war, wie instabil es in Wirklichkeit war.

Und trotzdem wünsche ich es mir in gewisser Weise zurück, denn das Wissen, dass die eigenen Eltern Einen nicht mehr sehen wollen und somit kein Weg mehr zu ihnen zurückführt, macht mir Angst.

Was ist, wenn sie mir kein Geld mehr geben, um in Berlin leben zu können? Was mache ich dann? Muss ich dann weg von Jonathan? Und was dann, lebe ich auf der Straße? Ich habe keine Möglichkeit irgendwo hinzugehen. Bis auf Jonathan habe ich niemanden.

„Hey, Lucas, wie findest du den?", fragte Jonathan mich mit einem Seitenblick zu seiner Mutter, welche wir immer noch nicht wirklich aufgeklärt hatten und warf mir einen besorgten Blick zu. Natürlich hatte er bemerkt, dass ich mal wieder in meinen Gedanken vertieft gewesen bin.

Um nicht weiter aufzufallen, schaute ich in die Richtung, in die er zeigte und sah einen schlichten dunkelgrauen Anzug, mit weißem Hemd, sowie weinroter Krawatte und dazu passendem Anstecktuch vor mir hängen.

Da ich nicht wirklich Lust hatte weiter zu gucken und ich den Anzug auf den ersten Blick gar nicht so schlecht fand, nickte ich kurzum, woraufhin der Verkäufer den Anzug nahm und mir den Weg zu einer Umkleidekabine zeigte. Dort hängte er den Anzug fein säuberlich an den dafür vorgesehenen Haken und wies mich an, mir den Anzug anzuziehen.

Etwas hilflos sah ich Jonathan an und probierte ihm mit meinem Blick zu symbolisieren, dass ich seine Hilfe brauchte. Ein Glück verstand er ihn und kam, ohne lang zu zögern, mit zu mir in die Kabine.

Ich zog den Vorhang zu und zog mich bis auf die Unterwäsche aus, wobei mir der Blick von Jonathan auf meiner Haut nicht entging. Grinsend sah ich nach oben, woraufhin er ertappt wegsah.

Ich schüttelte nur meinen Kopf und machte mich vorsichtig daran, den Anzug anzuziehen. Erst als ich bei der Krawatte angelangt war, stupste ich Jonathan in die Seite, welcher sich von mir weggedreht hatte, und schaute ihn etwas peinlich berührt an.

„Kannst du Krawatten binden?", fragte ich und probierte währenddessen meine erröteten Wangen zu verstecken. Nun war es an ihm mich anzugrinsen. „Kannst du das etwa nicht?" Ich schüttelte nur meinen Kopf, woraufhin er sich immer noch grinsend daran machte, meine Krawatte zu knoten.

Bewundernd sah ich zu, mit welcher Leichtigkeit er innerhalb kurzer Zeit einen perfekten Knoten gebunden hatte und sah ihn verlegen an. Er erwiderte meinen Blick nur mit einem liebevollen Lächeln und machte sich daran meinen Anzug und mein Hemd glatt zu streichen.

Als er mit dem Ergebnis zufrieden war und ich das Gefühl hatte, gleich einen Herzinfarkt zu kriegen, da mein Herz viel zu lange viel zu schnell geschlagen hat, drehte er mich vorsichtig um.

Unsicher musterte ich mich im Spiegel. Konnte man mich wirklich so unter Geschäftsleute lassen? Ich sah irgendwie verloren in diesem viel zu teuren Anzug aus.

Kritisch betrachtete ich mich im Spiegel, bis ich Jonathans fragenden Blick bemerkte. „Ich weiß nicht so recht. Kann ich wirklich damit rumlaufen?", fragte ich ihn unsicher, während ich ein wenig an mir herumzupfte.

„Natürlich kannst du das, warum denkst du denn, dass es nicht so sei?", antwortete er und legte mir sanft seine Hand auf meine Schulter. Etwas schüchtern umschloss ich sie mit meiner, bevor ich zu einer Antwort ansetzte: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich da wirklich hineinpasse. Ich sehe nicht aus wie jemand, der so einen teuren Anzug trägt."

Nun wurde sein Blick weich. „Du würdest mir nicht glauben, wenn ich dir sagen würde, wie unglaublich heiß ich dich in diesem Anzug finde, eben weil er dir steht, oder?"

Ich schüttelte nur stumm meinen Kopf, errötete jedoch sofort, während sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitete. Wie schaffte er es bloß alle meine negativen Gedanken innerhalb von wenigen Sekunden verschwinden zu lassen? Glücklich drehte ich mich um, drückte ihm einen Kuss auf seine Wange und kuschelte mich an ihn. Mit ihm hat das Leben vielleicht doch noch einen Sinn.

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Heyy,

Heute mal ein etwas positiveres Kapitel :D Ich hoffe es geht euch gut.

Falls sich das jemand fragt, das mit den Preisschildern habe ich mir nicht ausgedacht, ich war mal in einer Passage in Mailand, wo nur Geschäfte wie Louis Vuitton etc. drin war und es gab einfach kein einziges Preisschild... What the hack?! Ich wäre da wahrscheinlich gar nicht rein gekommen XD

Bis nächste Woche,

eure Lesekatze

Auch wenn der Weg nicht immer leicht istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt