Kapitel 45

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„Hi", begrüßte ich meinen ehemaligen besten Freund mit leichter Überforderung. Die Geräusche um mich herum kamen mir auf einmal so unglaublich laut vor und waren mir einfach zu viel.

Doch das konnte ich ihm schließlich schlecht sagen. Dafür war der Spalt zwischen uns viel zu groß. „Wollen wir zum Auto?", fragend schaute Matteo mich an. Ich nickte. Mir war gerade nicht wirklich nach Antworten zu Mute.

Stumm folgte ich ihm durch das Gewirr von Menschen an das ich eigentlich gewöhnt sein sollte, wenn man mal bedenkt, dass ich quasi mein ganzes Leben lang in Großstädten verbracht habe.

Doch irgendwie hatte ich eine kleine Sozialphobie entwickelt, denn in letzter Zeit war für mich jede 'Großveranstaltungen' und jeder Massenauflauf an Menschen, einfach schwer zu ertragen und überforderte mich Maßlos.

Was eine Ironie zu meinem Früheren Ich, das keine Party ausschlagen konnte und sich dort mit jedem unterhalten hat, der seinen Weg kreuzte. Es kommt mir vor, als wäre diese Zeit so unglaublich weit weg, was sie ja eigentlich gar nicht ist. Nicht mal ein Jahr ist seitdem vergangen und trotzdem fühlt es sich an, als würden Welten zwischen dieser Zeit und heute liegen.

Draußen angelangt lichtete sich die Menge deutlich und ließ mir endlich Platz zum Atmen. Tief holte ich einmal Luft, bevor ich die Lücke zwischen mir und Matteo schloss, die sich dank des Gedränges aufgetan hatte.

Dieser war gerade bei einem silbernen Mercedes stehen geblieben, welches ich nach genauerem hingucken als Auto seiner Eltern identifizieren konnte. Da Matteo seinen Führerschein noch nicht haben kann, musste ihn natürlich jemand fahren, doch irgendwie war ich nicht ganz darauf vorbereitet gewesen auch seine Eltern zu treffen.

Denn auch wenn diese sich immer höflich mir gegenüber verhalten haben, wusste ich, dass sie mich nie mehr als geduldet haben. Die Beziehung zwischen meinen Eltern und ihnen war dank ihrer konkurrierenden Firmen ziemlich angespannt gewesen und das hatte nicht sonderlich zu einer guten Beziehung beigetragen. Dazu kam noch, dass ich eigentlich immer der Vorzeigesohn schlechthin gewesen bin, bis zum Überfall, was Matteo mit seinen ständig wechselnden Affären nicht gerade von sich behaupten konnte.

Mit deshalb leicht zittrigen Fingern hob ich meine Tasche an, um sie in den Kofferraum zulegen, welchen Matteo gerade geöffnet hatte. Dann machte ich mich auf den Weg zur Seite des Wagens und öffnete die Tür, um mich auf die Rückbank zu setzten.

„Guten Tag", meinte ich schlicht, um jegliche Arten eines Konfliktes zu vermeiden. „Hallo Lucas", erwiderte Matteos Mutter meinen Gruß, wobei die Missbilligung in ihre Stimme schwer zu überhören war. Von seinem Vater bekam ich nur ein kleines Nicken in meine Richtung, bevor der Wagen sich in Bewegung setzte.

Es war ein seltsames Gefühl wieder in dieser Position zu sein. Die Kälte von Matteos Eltern vor mir und neben mir er selbst, der mich früher aufmunternd angeguckt hat. Doch nun war es still im Wagen und jeder vermied es auch nur irgendjemanden in die Augen zu schauen. So als ob ein Blick ausreichen würde, damit man auf der Stelle tot umfällt.

Naja, mir soll es recht sein. Somit konnte ich mich innerlich auf jede Art von Gespräch wappnen, dass auf mich zukommen könnte. Ich wusste schließlich nicht, wie Matteo zu mir steht.

Wer weiß, ob er nicht auch homophob ist und bei irgendeiner Frage herauskommt, dass ich mit Jonathan zusammen bin. Leugnen möchte ich es definitiv nicht. Sollte er mich nach irgendeiner Freundin fragen, werde ich ihm wohl sagen, dass ich einen Freund habe, doch seine Reaktion darauf kann natürlich im alle Richtungen ausfallen.

Wenn er mich rausschmeißt, dann habe ich ein ziemlich großes Problem, denn mein Zug geht erst morgen früh und ein Hotel kann ich mir kaum leisten mit dem restlichen Geld, dass ich noch auf meinem Konto habe, wenn ich noch zumindest bis Februar im Internat bleiben möchte.

Denn ansonsten habe ich danach eigentlich gar nichts, etwas was mir große Sorgen bereitet. Aber ändern kann ich es auch nicht. Das wird wohl meine Zukunft sein, denn ich darf mir vom Internat aus gesehen keinen Job suchen, was zeitlich gesehen ja schon unmöglich ist. Und einen Jugendlichen, der gerade mal sechzehn geworden ist und keinen Wohnsitz hat, nimmt sowieso keiner.

Als der Wagen hält, steigen wir schweigend aus. Immer noch in Gedanken nahm ich die Tasche aus dem Kofferraum heraus und machte mich hinter Matteo auf den Weg zum imposanten Gebäude vor uns.

In der vertrauten Eingangshalle angelangt legte ich sie auf den Boden, um meine Jacke und Schuhe auszuziehen, schnappte sie mir wieder und ging zusammen mit Matteo in sein Zimmer. Danach herrschte erstmal schweigen zwischen uns.

Keiner wusste genau, was mit der Situation anzufangen ist, weshalb ich unbehaglich auf meine Füße schauend, neben dem Türrahmen stehen geblieben war.

„Wie geht es dir so?", probierte ich eine Unterhaltung zu starten und zwang mich dazu aufzuschauen. „Ganz gut und dir?", antwortete Matteo und klang erleichtert darüber, dass ich den ersten Schritt gemacht hatte.

„Den Umständen entsprechend", erwiderte ich auf seine Frage. Ich wollte nicht lügen, denn wenn man nach den Umständen ging, dann konnte man erkennen, dass es mir nicht gut geht, doch das wollte ich ihm nicht unbedingt auf die Nase binden. Dafür hatten wir uns in den letzten Monaten zu stark entfremdet.

Nickend nahm er meine Antwort an, woraufhin wieder schweigen zwischen uns herrschte. „Hast du mittlerweile Freunde im Internat gefunden?", neugierig sah er mich an. Diesmal war ich es, der nickte: „Ja, ich bin in einer sehr netten Freundesgruppe durch meinen Zimmernachbarn gelandet."

Irgendwie wusste ich nicht so recht, ob ich ihm meine Beziehung zu Jonathan offenlegen sollte oder nicht, ihn jedoch als Zimmernachbarn zu beschreiben, versetzte mir einen Stich zwischen die Rippen und machte mir mal wieder klar, dass ich nicht gut genug für ihn bin.

„Das klingt doch gut, ist der denn immer noch so nervig?", fies grinsend sah er mich an. Anscheinend hatte er Lust zu lästern, doch darauf wollte ich mich nicht einlassen, also schüttelte ich meinen Kopf.

„Nein, er ist einer der besten Menschen, die ich kenne", wenigstens das war nicht gelogen, wenn es auch nur ein Teil der Wahrheit ist. „Ohne ihn wüsste ich nicht, wo ich jetzt wäre", meinte ich, ohne groß drüber nachzudenken und schaute zur Bekräftigung in seine Augen.

Er musterte mich mit einem abschätzenden Blick, ließ sich jedoch nicht anmerken, was er von meiner Antwort hielt. „Klingt irgendwie, als würdest du auf ihn stehen", sagte er lachend und schaute mich dabei aber neugierig an.

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Hey,

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und seid genauso gespannt wie ich auf die Reaktion von Lucas :D Hoffentlich geht das nicht schief...Wer weiß? XD 

Bei mir fängt jetzt erstmal wieder die Arbeiten Phase an... Ich habe so gar keine Lust, aber naja, was soll ich machen XD. Aber mal im Ernst, findet ihr es nicht auch total demotivierend, dass andere jetzt schon wieder Ferien haben und man selbst noch nicht... Das ist irgendwie nicht fair, auch wenn sie schon länger zur Schule gegangen sind XD

Bis nächste Woche,

eure Lesekatze :)

Auch wenn der Weg nicht immer leicht istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt