Kapitel 10

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Gegen 00:00 Uhr war ich immer noch nicht eingeschlafen. Jonathan schlief auf der anderen Seite des Zimmers tief und fest, doch ich brauchte vermutlich noch eine Weile um den Tag zu verarbeiten.

Erst mein Zugeständnis und dann wieder eine Umarmung. Ich kann mir einfach nicht erklären, warum ich die Umarmungen von Jonathan so genieße. Es ist ja nicht so, als ob ich noch nie umarmt worden wäre.

Auch wenn ich eher weniger der Umarmungsmensch bin, habe ich meine Eltern und auch Matteo schon öfters umarmt, doch dabei hatte ich nie das Gefühl, dass ich mich nie wieder von ihnen lösen möchte.

Doch bei Jonathan kann ich mehrere Minuten in der Umarmung bleiben und möchte, dass es nie mehr endet und dass er mich nicht mehr loslässt. Auch meine  Gedanken darüber, dass etwas was Jonathan macht niedlich oder süß ist, finde ich nicht normal. Doch irgendwie gehen sie mir nicht aus dem Kopf.

Mittlerweile war es schon halb eins und ich war endlich kurz davor einzuschlafen, da hörte ich, wie Jonathan sich in seinen Bett wild hin und her wirft. Komisch, eigentlich hat er in der letzten Woche immer relativ ruhig geschlafen. Seufzend drehte ich meinen Kopf Richtung Zimmer. Wenn das so weiter geht komme ich nie zum Schlafen.

Ich wollte mich schon wieder umdrehen, als Jonathan im Schlaf anfing zu reden: „Nein, nicht! Du musst es schaffen. Bitte. Warum kann es nicht jemand anderes sein? Warum du? Komm schon! Bitte." Langsam machte ich mir Sorgen um ihn. Das klang nicht so, als ob er einen schönen Traum hätte. Eher einen Albtraum. Sollte ich ihn vielleicht wecken?

Kurz seufzte ich. Dann schob ich meine Decke zur Seite und setzte mich auf. Ich durchquerte das Zimmer und machte kurz vor Jonathans Bett halt. Gab es da nicht eine Studie die sagt, dass man eine Person, während sie träumt, nicht wecken soll?

Ich war kurz davor wieder zurück in mein Bett zu gehen, als ich merkte wie Jonathan anfing zu zittern. Sofort liegt meine Hand auf seiner Schulter und ich fange vorsichtig an an ihr zu schütteln. „Jonathan? Jonathan wach auf."

Erst rührte er sich nicht, doch nach ein paar Sekunden schlug er die Augen auf? Verwirrt guckte er sich um. „Hey", flüsterte ich, „Du hattest einen Albtraum, deshalb habe ich dich geweckt." Er nickte. Jetzt wo er sich zu mir gedreht hatte, fiel ihm das Mondlicht ins Gesicht und ich konnte Tränenspuren auf seinen Wangen erkennen.

„Geht es dir gut oder war der Albtraum sehr schlimm?" „Nicht so gut, kannst du noch ein wenig hier bleiben?" Ich nickte und setzte mich auf die Bettkante. „Könntest du dich zu mir legen?", fragte Jonathan leise, „Also nur wenn es für dich ok ist."

Kurz überlegte ich. Sollte ich das wirklich tun? Ich hab eigentlich noch nie mit einer anderen Person ein Bett geteilt. Und ich kenne Jonathan auch noch nicht so lange. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir uns schon ewig kennen. So nah wie wir uns jetzt schon sind, war ich nie mit einem meiner fake Freunde. 

Auch wenn ich gerade probierte Gegenargumente zu finden, wusste ich eigentlich schon, dass ich mich zu ihm legen werde. Denn der Teil in mir, der sich zu ihm legen möchte, ist um einiges größer, als der gegnerische Part und da ich viel zu müde war, um mir noch weitere Gedanken zu machen, entschloss ich mich einfach mich hinzulegen.

„Rückst dann ein Stück auf, oder soll ich mich an die Wand legen?„ Sofort reagierte Jonathan, indem er in Richtung Wand rückt. Dann liege ich also außen. Ich wollte mich gerade hinlegen, als mir noch etwas ein viel: „Wollen wir unter derselben Decke schlafen?" Er zuckt nur mit seinen Schultern: „Also mich stört es nicht." Kurz haderte ich noch mit mir, dann legte ich mich tatsächlich zu ihm unter die Decke.

Etwas steif lag ich auf dem Rücken und starrte Löcher in die Decke. Jonathan war glaube ich schon eingeschlafen, doch ich hatte jetzt noch weniger das Gefühl schlafen zu können, als vorhin.

Neben mir drehte Jonathan sich zu mir. Das ist irgendwie seltsam. Vor einem halben Jahr wäre mir nicht mal im Traum eingefallen, dass ich einmal auf ein Internat gehen würde. Schon gar nicht auf ein Ballettinternat. Und mit einem anderen Jungen ein Bett zu teilen, war für mich nicht in Frage gekommen. Auch nicht mit Matteo.

Doch dann lerne ich Jonathan kennen, der mich nach einer Woche umarmt und mich stört es nicht. Dabei habe ich am Anfang der Woche noch darüber nachgedacht, wie ich ihn am besten loswerden könnte.

Als ich nach einiger Zeit tatsächlich fast eingeschlafen war, legte sich eine Hand über meinen Bauch. Jonathan hatte sich im Schlaf an mich herangekuschelt und lag halb auf mir, mit seinem Kopf auf meiner Brust. Innerlich seufzte ich. Jetzt konnte ich es mir eh abschminken noch ein bisschen Schlaf zu bekommen.

*

Letztendlich musste ich doch eingeschlafen sein, doch leider viel zu spät, denn als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich das Gefühl die ganze Nacht durchgemacht zu haben. Ein Glück war heute Sonntag. Ich wollte gerade aufstehen, als ich merkte, dass Jonathan immer noch auf mir schlief. Es sah schon süß aus, wie er da liegt, die Haare leicht verwuschelt und die Augen geschlossen. Ein Lächeln huscht mir über das Gesicht, ob sein Haare so weich sind wie sie aussehen?

Moment mal. Wieso musste ich immer daran denken, wie süß er ist. Das ist doch vollkommener Schwachsinn. Warum macht das mein Gehirn? Das liegt bestimmt daran, dass ich noch keine Freundin hatte. Ja so muss das sein. Zumindest redete ich mir das ein. Doch ein winziger kleiner Teil will mir weiß machen, dass ich Jonathan tatsächlich süß finde. Doch diesen Teil ignoriere ich gekonnt.

Ich meine, ich hatte nichts gegen homosexuelle, bisexuelle oder wen es da sonst noch immer gibt, aber ich bin mir ganz sicher hetero zu sein. Ich meine, warum hatte ich sonst mit Matteo über die vielen Schauspielerinnen geschwärmt? Weil du dachtest, dass du das tun müsstest. Was wollte diese Stimme von mir? Kann die sich nicht mal verpissen?

Genervt von mir selbst, hatte ich gar nicht bemerkt, dass ich mich in meinen Gedanken ein wenig bewegt hatte. Doch nun hatte ich Jonathan aufgeweckt. Verschlafen guckte dieser mich an. „Guten Morgen." „Na, gut geschlafen", fragte ich mit leicht sarkastischem Unterton.

Erst guckt er mich verwirrt an, dann bemerkte er, dass er auf meiner Brust geschlafen hatte und sofort errötete er. „Oh, sorry" Er rollte sich von mir runter und versteckte sein Gesicht in seinen Händen. „Alles gut", brummte ich nur, obwohl ich ihn vor 10 Minuten noch dafür anmotzen wollte. Was war bloß los mit mir? Warum hatte ich jetzt das Gefühl, dass mir etwas fehlte? Und wieso war mir plötzlich so kalt?

Ich musste dringend Matteo anrufen, vielleicht hatte er ja einen Rat. Außerdem hatte ich mich schon seit ein paar Tagen nicht mehr bei ihm gemeldet.

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Hey,

hier wieder ein Kapitel von mir. Ich hoffe es gefällt euch.

Was glaubt ihr, hat die innere Stimme von Lucas recht? XD

Bis nächsten Sonntag 

eure Lesekatze 

PS: Das Kapitel ist der lieben @xxlisarryxx gewidmet, dafür, dass sie mir jeden Tag den Lockdown mit einem Kapitel ihrer Geschichte verbessert. Guckt gerne mal bei ihr vorbei. :)

Auch wenn der Weg nicht immer leicht istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt