Kapitel 56

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„Ich habe einfach Angst davor was passiert, wenn du nicht mehr da bist."

Verwundert sah Jonathan mich an: „Wie kommst du darauf, dass ich irgendwann nicht mehr da sein könnte?" Ich zuckte als Antwort nur mit den Schultern. „Naja, sieh mich an, ich bin einfach nur eine Belastung für dich. Ich bereite dir Sorgen und durch mich gerätst du in Situationen, in die niemand kommen sollte.

Dazu kommt, dass ich total abhängig von dir bin. Ich meine, guck mich an, ohne dich bin ich nichts. Ich wäre jetzt tot, wenn du mich nicht gefunden hättest.

Außerdem würde ich ohne deine Mutter vermutlich auf der Straße, oder im Gefängnis sitzen. Ist es da nicht verständlich, dass ich nicht nachvollziehen kann, wieso du bei mir bleibst und nicht einfach jeden Augenblick die Schnauze voll hast und verständlicher Weise abhaust?"

Als ich zu Ende gesprochen hatte, war Jonathan sprachlos. Das Entsetzten war förmlich zu spüren, jedoch sah er auch ein wenig verletzt aus. Nur wieso?

„Denkst du echt, ich würde dich nach allem was wir durchgemacht haben einfach so verlassen? Verdammt Lucas, ich liebe dich! Und Menschen die man liebt, lässt man nicht einfach so fallen. Sie sind auch auf keinen Fall eine Belastung. Du bist keine Belastung! Das probiere ich dir schon seit längerem zu sagen. Wann siehst du das nur endlich ein?", erwiderte er in Rage.

Verdammt, er klang richtig verletzt, das wollte ich nicht. Aber wie konnte er mich bitte nicht als Belastung sehen? Das war doch quasi unmöglich, ich meine er liebt mich, aber reicht das? Was ist, wenn er irgendwann trotzdem keine Lust mehr auf mich hat, oder seine Meinung ändert?

Was ist, wenn er aufhört mich so zu lieben, wie er es jetzt tut? Wir sind noch jung, da kann ich mir meinerseits noch so sicher sein, wie Jonathan empfindet kann ich nicht beeinflussen.

„Vielleicht siehst du das gerade so, aber was ist in ein paar Monaten. Woher willst du wissen, wie du dann über mich denkst? Ich will ja in deine Liebe vertrauen, aber wir sind noch jung, es kann uns noch alles möglich geschehen, was wir nicht beeinflussen können und nicht jede erste Liebe hält für immer. Eher die wenigsten halten bis zum Ende, wie sollen wir uns sicher sein, dass wir so eine haben?", verzweifelt schaute ich Jonathan an.

Konnte er nicht sehen, was ich sehe, oder wollte er es nicht sehen. Er war zwar schon immer optimistisch, aber so unbedacht kann er doch gar nicht sein, oder?

„Natürlich können wir das nicht wissen. Das kann niemand. Was denkst du, warum es Scheidungen gibt? Wenn man es realistisch sieht, dann stimmt wohl, was du gesagt hast. Aber wir können auch auf unser Herz hören und meins sagt mir, dass ich ein gutes Gefühl bei uns habe", sagte er und lächelte mich vorsichtig an.

„Das sagt mir meins auch", erwiderte ich ehrlich, ein wenig erleichtert, dass er es genauso empfand wie ich. Jedoch nicht vollständig beruhigt, denn es hieß noch lange nicht, dass es sich nicht ändern kann.

Doch ich wollte meine restliche Zeit mit Jonathan nicht mit Diskutieren verbringen. Kurz erwiderte ich sein Lächeln, bevor ich meinen Kopf vorsichtig aus seinen Händen befreite und mich wieder an seine Brust kuschelte.

*

Es sind nun schon zwei Wochen vergangen, seitdem ich ins Krankenhaus eingeliefert worden bin. Da ich in den letzten Tagen, laut Matthi, immer mehr Fortschritte mache und im Internat für eine ständige Beaufsichtigung gesorgt ist, hat Dr. Schmidt entschlossen, dass ich aus dem Krankenhaus entlassen werden darf, unter der Bedingung, dass ich mindestens drei Mal die Woche Therapiestunden nehme, sowie einmal pro Woche zu Untersuchungen erscheine.

Deshalb stand ich jetzt mit meiner gepackten Tasche, in der sich ein paar wenige Klamotten, mein Ladekabel und mein Handy befanden, neben meinem Bett und wartete auf Jonathan und Kathi, welche mich abholen wollten.

Ich war erleichtert, endlich hier raus zu sein, denn im Internat hatte ich durch den Unterricht und das Training deutlich mehr Ablenkung als hier. Also wiederum weniger Zeit, um mir zu viele Gedanken zu machen, was in letzter Zeit ja einer meiner Lieblingsbeschäftigung zu sein schien.

Ein Klopfen durchbrach die Stille um mich herum. „Herein", sagte ich und schaute erwartungsvoll zur Tür, durch die Jonathan und Kathi lächelnd eintraten.

„Hey Lucas", meinte Jonathan und trat auf mich zu, um mich in seine Arme zu schließen und mir einen kurzen Kuss auf die Wange zu drücken. Dann ließ er mich los und Kathi trat an seiner Stelle und umarmte mich auch noch mal kurz.

„Hey", antwortete ich, nachdem beide wieder vor mir standen und mich ein wenig abwartend ansahen. „Wie geht es dir?", fragte Kathi und schaute mich interessiert an.

„Ganz okay, denke ich", antwortete ich und meinte es tatsächlich auch ein wenig so. Die letzten Tage mit Matthi hatten mir echt geholfen meine Gedanken ein wenig zu sortieren und mir meine Gefühle von der Seele zu reden.

Mir ging es zwar die meiste Zeit noch immer so, als ob ich gegen einen unendlichen Strudel der Dunkelheit ankämpfte, aber ich fühlte mich nicht mehr so überfordert und allein, wie noch vor zwei Wochen.

Matteos Worte hatten mich getriggert und alles Negative nur unendlich weiter in mir hochgetrieben, aber solange ich nicht zu viel über ihn, oder meine Eltern nachdachte, ging es mir deutlich besser.

Doch das 'deutlich besser' musste natürlich relativ betrachtet werden, denn das deutlich besser in meinem Fall, ist vermutlich nicht gut, bei vielen anderen. Aber ich probierte es nicht so zu sehen.

Stattdessen wollte ich mich nun auf das was vor mir liegt konzentrieren. Das wird zwar unglaublich schwer werden, aber es überhaupt anfangen zu probieren kann laut Matthi eine Menge bewirken.

Hoffentlich stimmt das auch so, denn das freudige Funkeln in Jonathans Augen, immer wenn er sich mit Matthi über meine Fortschritte unterhält, ist das Einzige, was mich überhaupt motiviert an mir zu arbeiten.

Und jetzt mit ihm an meiner Seite Hand in Hand aus dem Krankenhaus gelaufen zu sein, hatte Erleichterung in mir ausgelöst. Der immer gleiche Alltag in dem sterilen Gebäude hatte mir nicht sonderlich geholfen ein wenig Ablenkung zu finden. Doch das sollte sich im Internat hoffentlich ändern.

Als der Wagen hielt vor dem Internat nach einer kurzen Fahrt hielt, schaute ich zu Jonathan, welcher neben mir saß und drückte kurz seine Hand, um ihm zu zeigen, wie dankbar ich war, dass er immer noch hier war, um sie zu halten.

Anscheinend schien er zu verstehen, was ich meinte, denn er wandte sich mir lächelnd zu und drückte mir einen Kuss auf die Wange, bevor er die Tür öffnete und das Auto auf seiner Seite verließ.

Ich folgte seinem Beispiel und holte meine Reisetasche aus dem Kofferraum heraus, um dann zusammen mit ihm auf das Gebäude zu zugehen. Nach ein paar Metern gesellt sich auch Kathi zu uns und gemeinsam betraten wir die Eingangshalle des Gebäudes.

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Heyy, 

schönen vierten Advent, ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen :)

Wie ihr vielleicht merkt, kommt die Geschichte so langsam zu einem Ende... Ich plane noch ein paar Kapiteln + Epilog, sowie ein paar Bonuskapiteln. Ich finde die Idee irgendwie schön, noch ein paar Ausschnitte von 'später' zu zeigen und die dabei nicht alle in den Epilog reinzustopfen :D.

Naja wie dem auch sei, nächste Woche ist einfach schon Weihnachten, wtf?! XD Ich hab es noch gar nicht so richtig realisiert vor allem nicht, dass ich jetzt quasi schon Ferien habe... (Meine Schule hat veranlasst, dass die oberen Jahrgänge ins Homeschooling gehen). 

Wie sieht es bei euch so mit Geschenken aus, habt ihr schon alles da, oder fehlt noch etwas? Ich habe glaube ich jetzt langsam alles da... Nur noch Weihnachtskarten fehlen, aber das schaffe ich wohl noch diese Woche :D

Bis nächste Woche, 

eure Lesekatze <3

Auch wenn der Weg nicht immer leicht istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt