Gefundene Kraft

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Wir unterhielten uns nicht länger und gingen dann wieder in die Realität über. Ein bisschen Zeit blieb uns noch, bevor ich mich auf dem Weg zu Lilly machte. An einen Kampf war nicht mehr zu denken, da ich durch die Trainingseinheiten zu viel Kraft aufgebraucht hatte. „Lass uns noch was essen.", schlug ich vor, als er sich ein Glas Wasser eingoss. „Okay. Aber etwas Schnelles." Nachdenklich lehnte ich mich an den Tresen. „Bratkartoffeln? Irgendwas warmes." Er nickte.

Natürlich wollte er sie machen. Vielleicht hatte er Angst, ich würde seine Küche beschädigen. Aber ich war zu müde um mit ihm zu diskutieren, also setzte ich mich mit einem schweren Seufzer an den Esstisch und beobachtete ihn. Vielleicht war er einfach ein Kontrollfreak. „Bereust du es eigentlich, meine Einladung angenommen zu haben?" Überrascht über seine Frage, zögerte ich. „Nein, ich glaube noch nicht. Wieso?" Er hatte mir den Rücken zugedreht und seine Augen auf den Herd gerichtet, weswegen es mir schwerfiel ihn einzuschätzen. „Noch nicht, sagt sie." Er lachte. „Weil du dich gestern so verhalten hast." Ich schluckte nervös. Am liebsten hätte ich das Thema direkt wieder gewechselt. „Kann mich nicht erinnern.", log ich murmelnd. „Und ob du das kannst." Las er meine Gedanken? „Ich war betrunken, da sagt man halt manchmal komische Sachen." Er machte einen amüsierten Laut, bevor er sich halb umdrehte, um mich anzusehen. „Schade. Ich fand das fast schon ein bisschen niedlich." Verlegen wich ich seinem Blick aus. Natürlich sagte er es nur zum Spaß, das war mir klar. Aber allein, wenn ich mich erinnerte, wie merkwürdig ich mich verhalten hatte... 

„Lass uns nicht weiter darüber reden." Wieder verzog sich sein Mund zu einem Lächeln, ehe er sich erneut seiner Arbeit zuwandte.

„Wann bist du ungefähr wieder da?", fragte Vincent, während er mir meine Jacke reichte. „Danke. Ich weiß nicht, mal gucken. Ich versuche nicht zu spät zu kommen, damit wir noch genug Zeit haben um weiter zu trainieren." Er nickte. „Alles klar. Dann bis morgen."

Ich war mir hin und wieder zwar nicht ganz sicher, dass ich noch auf dem richtigen Weg war, aber nach einer Weile fand ich die mir bekannte Brücke wieder und atmete erleichtert auf. Doch warum auch immer konnte ich dieses dumpfe Gefühl in meinem Bauch nicht abschütteln. Irritiert hielt ich inne und sah mich unauffällig um. Es verfolgte mich, seit dem ich losging. Aber es war niemand Verdächtiges zu sehen, stellte ich nervös fest. Also setzte ich schulterzuckend meinen Weg fort.

Als ich am Apartmentkomplex ankam und die Treppen hochstieg, war ich wirklich froh, dass Lilly direkt nach dem Klingeln antwortete. „Hallo?", „Ich bins, Ava!" Es klackte und die Tür öffnete sich. „Hey! Komm rein!" Lächelnd winkte sie mich in die Wohnung.

„Hast du schon gegessen?", fragte sie neugierig, während sie vorging, ins Wohnzimmer. „Ja, sorry." Mit einem entschuldigendem Lächeln kratzte ich mich am Kopf. „Ist nicht schlimm. Wie auch schon." Die Hybridin grinste. „Okay, was... machen wir?", fragte ich nun, mit aufkommender Nervosität. Ich war es nicht wirklich gewohnt bei anderen zu übernachten. Oder generell mit Leuten die nicht Scarlett waren, Zeit zu verbringen. „Hm. Wir könnten Filme schauen, Playstation spielen, oder?.." Sie legte nachdenklich den Kopf schief. „Kira hat neulich was Interessantes nach Hause gebracht, aber keine Lust es auszuprobieren.", „Was denn?" Lilly nickte in die Richtung der Küche. „Komm mit!" Ich folgte ihrer Anweisung und beobachtete sie dabei, wie sie eine bunte Schachtel aus einem der oberen Schränkte, holte. „Gummibärchen zum Selbermachen! Leider hasst Kira alles, was mit Backen oder Kochen zu tun hat." Ich kicherte. „Warum bringt sie dann so was mit?", „Ich schätze sie weiß, dass ich mich gerne damit beschäftige." Schmunzelnd legte sie die Schachtel auf den Küchentisch. „Hast du Lust?" Warum nicht? Ich hatte zwar ebenfalls kein Händchen dafür, aber viel schiefgehen konnte doch sicherlich nicht. „Gerne." Also packten wir die Schachtel aus. Es kamen mehrere Formen, eine Anleitung und ein Stück oranges Plastik zum Vorschein. „Was ist das?" Irritiert hob Lilly es auf. „Warte..." Ich nahm es ihr aus der Hand und betrachtete es. „Das soll ein Nudelholz zum Zusammenbasteln sein." Stellte ich schließlich fest. Sie lachte kurz. „Was soll ich denn damit?" Ich erwiderte ihr Lachen. „Ich glaube, das ist für Kinder gedacht." Neugierig nahm sie die Anleitung und begann zu lesen. „Für Kinder ab 8."

Azure ☆ Straying BirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt