Azure ☆ Straying Bird

Vertrauensbruch

„Das darfst du nicht!"

Dunkelheit. Meine Augen wollten sich nicht öffnen.

„Hast du gehört? Du darfst das nicht!"

Etwas packte meine Schultern, grub sich schmerzhaft in meine Haut, ehe jemand mich zu schütteln begann. Ich kann nicht atmen! Panik stieg in mir auf, während die helle, weibliche Stimme plötzlich schmerzerfüllt schluchzte.

„Du Eindringling!"

Mein Herz raste, Adrenalin überflutete mich, brachte meine Glieder zum Kribbeln. Aber nichts rührte sich.

„Ich werde dich besiegen... dich besiegen... und töten!"

Keuchend fuhr ich hoch. Noch immer hatte die Angst mein Herz fest umschlossen, während ich mich langsam umsah. Mein Zimmer. Die ersten Sonnenstrahlen suchten sich ihren Weg durch den leicht geöffneten Vorhang. Als ich langsam wieder zu mir fand, ließ ich mich zurück aufs Bett fallen. Ein Alptraum. Geschafft atmete ich aus. Doch diese Stelle an meiner Schulter... sie pochte noch immer leicht. Unsicher, zögerlich ließ ich meine Finger über die Haut wandern. Was ist das? Nun doch ein wenig alarmiert, befreite ich mich von der Bettdecke und tapste aus dem Bett, um mich im Spiegel des Kleiderschranks zu betrachten. Blaue Flecken, links und rechts. Schluckend erinnerte ich mich an diese unangenehme Szene... aus meinem Traum? Plötzlich kroch Unbehagen meinen Bauch hinauf. Das kann nicht sein! Kopfschüttelnd zog ich mir meine Kleidung von gestern über. Ich wollte raus aus diesem Zimmer. Mein Kopf ging alle Erinnerungen am Vorabend noch einmal durch. Sicherlich war ich einfach zu betrunken und erinnerte mich nicht mehr daran, wie diese Flecken entstanden. Dennoch fühlte ich mich unwohl, also verschwendete ich keine Sekunde länger und öffnete die Zimmertür.

Entgegen meiner Erwartung wurde ich jedoch von Vincent empfangen, welcher am Küchentisch hockte. Seinen Kopf vergrub er in den Händen. Doch da schreckte er schon hoch, seine müden Augen fanden mich. „Ava? Was ist los?"

Offensichtlich gab der Carrier sein Bestes, um das was ihn bis eben belastete, abzuschütteln. „Kann nicht mehr schlafen. Und bei dir?"

Auch wenn er es nicht zugeben wollte und sich verschloss, spürte ich ein schmerzhaftes Kribbeln durch die Verbindung.

„Hm. Ich auch nicht."

Nachdenklich nahm ich gegenüber platz. „Weswegen?" Sollte ich ansprechen, dass ich einen Teil seines Schmerzes fühlte?

„Zu viel getrunken. Mein Kopf hämmert."

Lügner. Nicht lockerlassend, stützte ich mein Kinn auf die Hand und fixierte ihn weiter. „Dafür wirktest du gestern aber nicht voll genug."

Allerdings ahmte mein Partner meine Geste nach, was mich dann doch, mit roten Wangen, wegsehen ließ. „Du erinnerst dich also an gestern Abend."

Als Vincent bemerkte, dass er mich erwischt hatte, begann er zu grinsen. „Darum geht es nicht! Hör auf, vom Thema abzulenken."

Seufzend lehnte ich mich zurück und verschränkte die Arme. Natürlich erinnere ich mich! Und direkt als ich das dachte, machte mein Herz einen aufgeregten, nervösen Satz. „Tut mir leid. Aber ich habe nicht gelogen, es ist alles okay."

Nun schenkte er mir doch ein ehrliches, beruhigendes Lächeln. Geschlagen ließ ich die Schultern hängen und seufzte. „Wenn du meinst. Aber sag ruhig, wenn etwas los ist."