Ich bleibe

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Mir blieb keine Zeit mehr, diesen kleinen, modrigen Raum zu erkunden, an dessen Wänden die alte, verrottete Tapete hinunterblätterte.

Es riecht nach Rauch. Auch der Lichtkegel des Handys reflektierte unnatürlich, bemerkte ich mit aufsteigender Panik. Umgeworfene, zertrümmerte Bücherregale schienen vor einer Weile eine Luke verborgen zu haben, welche nun mit abgerissener Tür, offen lag. Da steigen Rauchschwaden auf!

Ich musste nichts sagen. Courtney bemerkte es von selbst und so machten wir schnelle, große Schritte über alte, zersplitterte Holzbretter hinweg, um ohne zu überlegen, erneut die Streben zu packen, welche noch weiter hinunterführten.

Der stechende Geruch des Feuers war kaum auszuhalten, als unerträgliche Hitze uns einhüllte. Das Brennen in meiner Kehle zwang mich zum Husten, noch bevor ich den Boden erreicht hatte. Vincent! Er war noch nicht Tod, ich konnte ihn spüren! Meine Augen tränten von dem Rauch, als ich herumfuhr und von einer heißen, zerstörerisch brüllenden Feuerswand empfangen wurde. Sie schien aus dem Raum rechts von uns zu kommen und zog eine wütende Schneise durch diesen alten, bröckelnden Korridor, in einen weiteren Raum, gerade zu.

„Nein..."

Courtneys leise, panischen Worte wurden fast von dem alles übertönendem Knistern verschluckt, welches uns umgab. Ihre großen, panischen Augen fixierten das tobende Monster vor uns, als sie endlich neben mir stand.

„Vincent ist da drin!"

Mein verzweifeltes Rufen schien sie nicht zu erreichen. Was jetzt? Was soll ich jetzt tun, verdammt? Unsicher näherte ich mich den tanzenden, heißen Flammen, fühlte mich wie gelähmt von meiner Angst. Das darf nicht wahr sein. Zitternd wich ich zurück, als das Grauen mich aufzufressen drohte. Zischend, knarzend und donnernd riss dieses flackernde Ungetüm gnadenlos alles mit sich.

Ich muss ihn da rausholen!

Entschlossen biss ich die Zähne aufeinander und konzentrierte mich. Wenn wir beide hier bewusstlos werden würde, wäre alles umsonst gewesen. Also durfte ich hier nicht vor Angst erstarren, egal wie schrecklich ich mich fühlte.

Trotz meiner brennenden Kehle, konzentrierte ich mich auf meinen Atem. Ich brauche Energie. Genug Energie, um dem Feuer standzuhalten.

Und dann legte ich alles in diesen einen, verzweifelten Stampfer. In sekundenschnelle stieß mein Eis vor, riss einen Spalt in das hasserfüllt zischende Feuer, ehe verstärkt Dampfschwaden hinauf stiegen.

Verbissen drängte ich jeden Zweifel zur Seite und begann zu rennen. Ich kann ihn spüren! An diesem dünnen Faden festhaltend, durchschritt ich die heiße Feuersbrunst.

Dort lag er. Mit dem Rücken auf dem Boden und geschlossenen Augen. „Vincent!"

Voller Panik begann ich, seinen Namen zu rufen, ehe ich ihn packte, meine Arme um seinen Oberkörper schlang, um ihn hinterher zu ziehen. Sein Kopf ruhte an meiner Schulter und für einen kurzen Moment spürte ich neue Kraft in mir aufkeimen, als seine Augen sich schwach öffneten.

Ich hol dich hier raus!

Keine Zeit verschwendend, zog ich ihn mit mir, doch da wurde mir der Ausgang verwehrt. Mein Eis hatte nachgegeben und wie ein unbändiges Monster, verschloss das Feuer die Lücke.

„Ava!"

Courtney schrie weinend meinen Namen, in ihrer Stimme lag unbeschreibliche Verzweiflung.

Mir wurde schwindlig, als immer weniger Luft zum Atmen übrig blieb. Ganz ruhig. In mir brüllte die Panik, dass ich hier sterben könnte. Zusammen mit meinem Partner und Courtney. Doch ich durfte ihr nicht nachgeben. Ohne Vincent loszulassen, schickte ich eine Eiswand durch das Feuer, doch sie verschwand so schnell, wie sie kam.

Azure ☆ Straying BirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt