Azure ☆ Straying Bird

Ein letztes Durchatmen

Avas zweites Outfit (stand 10. 10. 21)~

„Mach dir keinen Kopf, Ava. Wir bekommen das hin, mit oder ohne Synchrony-Leiste."

Seufzend senkte ich den Kopf und musterte gedankenverloren die in Papier gehüllte, weiße Lilie in meiner Hand. Vincent Augen starrten konzentriert Richtung Straße, auf dem Weg zu meiner ehemaligen Heimat. Ich war ihm unheimlich dankbar dafür, dass er mir die Chance gab, noch einmal Abschied zu nehmen. Denn trotz dieser ganzen, nervenaufreibenden Kämpfe, erfüllte mich hin und wieder ein Gefühl der Trauer. Vielleicht konnte ich auf diese Art endlich alles ruhen lassen und meinen eigenen Frieden finden. Jetzt, wo wir uns endlich entspannen konnten, da die Ränge sich nicht mehr änderten.

„Wie voll war sie denn bisher?"

Unsicher sah ich zu ihm auf. Anfangs hatten wir uns gefreut, als im Kampf plötzlich eine weitere Leiste erschien, neben der Berserker-Anzeige. Doch es war uns trotz des ganzen Trainings nicht gelungen, sie zu füllen. „Hm, knapp über die Hälfte würde ich sagen. Aber den Synchrony-Status erreichen nur wenige, also haben wir schon echt gute Fortschritte gemacht."

Seufzend ließ ich meinen Blick aus dem Fenster wandern. Folgte der vorbeifliegenden Landschaft, während wir grade ein kleines Dorf hinter uns gelassen hatten. Das wäre perfekt gewesen, um das Turnier zu gewinnen. Allerdings hatten wir noch immer keine Ahnung, worum es dort eigentlich ging. Obwohl wir uns registrieren konnten und das Turnier nur einen Tag entfernt war, veröffentlichte Celeste keine Informationen. „Und wir sollten die restliche Zeit nutzen, um ein bisschen runterzufahren."

Mein Partner hatte natürlich recht. Doch das schien für mich leichter gesagt, als getan. Grade, weil ich immer wieder in nervösem Angstschweiß ausbrach, sobald Ablenkung fehlte. „Stimmt wohl...", erwiderte ich schließlich geschlagen. Entgegen meiner Erwartungen, huschte ein kleines, verschmitztes Lächeln über Vincents Gesicht, als er mir einen kurzen Seitenblick zuwarf. Wie kann er nur so ruhig bleiben?

„Schreibt sie dir eigentlich noch?"

Sein Themenwechsel erstaunte mich allerdings etwas, weswegen ich irritiert aufsah. „Wen meinst du? Taiga?"

Er nickte stumm und ich spürte die Ernsthaftigkeit zurückkehren. „Nein. Hab sie überall blockiert.", „Sehr gut. Ich habe sie im System auch stumm geschaltet. Wobei auch gar keine Nachrichten mehr gekommen sind, seit...", seit meine Eltern gestorben sind. Ich wusste, was er sagen wollte, obwohl Vincent sich räuspernd stoppte. „Kein Wunder. Sie hat wahrscheinlich jetzt was ganz anderes im Kopf."

Und ich wusste, dass dieses Andere, ich selbst war. Der Gedanke schickte immer mal wieder heimliche, kleine Angstschauer über meinen Rücken, obwohl sie sich bisher kein einziges Mal persönlich zeigte.

„Warte, du musst hier abbiegen!", rief ich plötzlich, als wir die Einfahrt zur Seitenstraße verpassten. Fast schon ein wenig zu grob, trat mein Partner auf die Bremse. „Hey, vorsichtig!", „Ist doch keiner hinter uns", antwortete er schelmisch grinsend, während Vincent den Wagen mitten auf der Straße wendete. „Die ganzen gaffenden Leute sehen uns aber.", auch wenn sie sich wahrscheinlich nicht an mich erinnern. Bis auf die wenigen Ausnahmen, welche Hybriden oder Carrier darstellten, natürlich. „Welche gaffenden Leute? Bei diesen hohen Zäunen und Büschen sieht uns keiner."

Eigentlich war das ein gutes Argument. Aufgrund der reicheren Gegend, schützte jeder sein großes Anwesen mit irgendeiner Barriere vor der Straße. Meistens waren es hohe, sattgrüne Büsche und helle, verschnörkelte Tore. „Irgendwann kaufen wir uns auch eine Villa. Und jemanden, der für uns saubermacht", witzelte ich gespielt verträumt. „Also wenn du weiter so machst, können wir uns noch eine Sommerresidenz dazukaufen."