Entflammtes Bündnis

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Dennoch stiegen wir wortlos in das Auto. Vincent wirkte irgendwie anders als vorher. Ich konnte nicht mit dem Finger darauf zeigen oder es benennen, aber etwas Lebhaftes war in ihm entfacht worden. Doch das schien nicht nur auf ihn zuzutreffen.

„Wenn du nicht darüber reden möchtest...", begann mein Partner, nun wieder auf die Straße fixiert. „Dann ist es in Ordnung. Aber kannst du dich daran erinnern, was in dem Kampf gegen deinen Eltern passiert ist?"

Er warf mir einen kurzen, durchdringenden Seitenblick zu. Vermutlich spürte Vincent das aufsteigende Unbehagen in mir, den Widerwillen, diese Bilder zuzulassen. Dennoch verneinte ich schließlich schwach: „Tut mir leid. Ich weiß es nicht. Mir war so, als wäre ich jemand besonderem begegnet, nachdem ich das Bewusstsein verloren habe."

Ein wenig perplex suchte Vincent nach Worten, ehe er den Kopf leicht neigte. „Was meinst du?"

Doch irgendwie kam ich mir immer dümmer vor, je weiter ich darüber nachdachte. Unsicher mit den Schultern zuckend, erwiderte ich: „Ich kann es dir echt nicht genau sagen. Irgendjemand hat mit mir gesprochen. Mich Aither genannt und behauptet, ich hätte eine Kraft freigesetzt, die versiegelt werden muss."

Kopfschüttelnd versuchte ich, durch diesen Nebel zu dringen, welcher meine Erinnerungen umgab. „Wahrscheinlich klingt das total wahnsinnig", fügte ich unsicher lachend hinzu, als das Unwohlsein Überhand nahm. „Tut es nicht. Ich habe dich nicht mehr gespürt, als wärst wirklich weg gewesen."

Vincents Augen ruhten für einen Moment auf mir, ehe mir seine erdrückenden Emotionen bewusst wurden. Verlustangst, Hilflosigkeit, Verzweiflung. Sein Griff um das Lenkrad verstärkte sich, doch er seufzte einmal und murmelte dann etwas leiser: „Diese besondere Kraft in dir. Ich kann sie nicht mehr fühlen."

Schluckend begann ich, an dem Stoff meines Shirts herumzuspielen. Seine Worte ließen neue Furcht aufkeimen. „Was meinst du?", „Das was ich am Anfang aus dir herauskitzeln wollte. Es ist weg. Und das ist wahrscheinlich auch besser so. Ich hätte niemals mit dieser Kraft herumspielen dürfen."

Auch, wenn ich mich auf einen Neuanfang mit ihm einließ, versetzte mein Partner mir einen schmerzhaften Stich, als er mich an sein ursprüngliches Motiv erinnerte. Trotzdem schüttelte ich die Beklommenheit ab und nickte schließlich zustimmend.


Das warme Wasser der Dusche tat unheimlich gut und beruhigte mich etwas, nachdem ich nur mit Mühe die Panik unterdrücken konnte, welche mich beim Betreten der Wohnung packte. Immer wieder hatte ich mir gesagt, dass es okay wäre. Dass der dunkle Schatten über unseren Köpfen verschwunden war. Natürlich konnte ich es nur hoffen, doch die gesamte Atmosphäre hier schien sich gewandelt zu haben.


Seufzend ließ ich mich auf das weiße Sofa fallen, nachdem ich meine Haare ein wenig trocken geföhnt hatte. Der Fernseher warf bunte, flackernde Lichter durch den Raum, ansonsten saß ich alleine im Dunkeln, in einem grauen T-Shirt und kurzen Shorts, eingewickelt in die kuschelige Sofadecke. Doch meine Gedanken wollten nicht aufhören, um das Geschehene zu kreisen. Es würde noch dauern, bis ich all das wirklich verarbeitet hatte. Bis mir nicht immer wieder schmerzlich bewusst wurde, dass ich keine Heimat mehr hatte, zu der ich zurückkehren konnte. Bis ich damit leben konnte, was ich getan hatte.

Erschöpft lehnte ich mich gegen das weiche Polster und zog die Beine an. Wo soll ich eigentlich schlafen? In dieses Gruselzimmer wollte ich nur ungern gehen. Doch da tat sich etwas hinter mir. Eine Tür öffnete sich und nach einem kurzen Augenblick, wehte ein angenehmer Geruch in den Raum. Vincent ist fertig!

Azure ☆ Straying BirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt