Lange dachte ich über diesen Traum nach, bis ich zu dem Entschluss kam, dass es wahr sein musste. Ivar und Hvitserk hatten sich wieder gefunden, also war es umso mehr meine Pflicht dies auch zu tun.
Erneut packte ich einige Sachen zusammen und öffnete leise die Tür zur Hütte.
Einige Wachen liefen mit Fackeln umher und sorgten für Ruhe und Ordnung.Leise schlich ich mich zu meinem Pferd, welches auf der anderen Seite von Kattegat stand.
Auf dem Weg dorthin beschloss ich, wenigstens Björn zu berichten, dass ich unbedingt gehen muss und dass es der Wille der Götter sei.
Vor der Halle hörte ich noch Stimmen. Leise trat ich ein und die Stimmen verstummten, als ich erblickt wurde."Tjara!", Björn schlug freudig mit beiden Händen auf den Tisch und stand von der langen Tafel auf, "Setz dich zu uns, trink mit uns!", leicht taumelnd kam er zu mir herüber und legte seinen Arm um mich.
"Björn, ich...-", begann ich, doch dieser unterbrach mich, indem er mir einen Becher Met in die Hand drückte.
Ich lehnte ihn ab und drückte seinen Arm von meiner Schulter."Björn. Ich werde Kattegat verlassen. Noch diese Nacht."
Entsetzt sah er mich an und legte den Kopf schief.
"Es ist der Wille der Götter, dass ich diesen Ort verlasse.", fügte ich noch schnell hinzu.
Nachdenklich nickte Björn und hob die Hände unschuldig, "Ich werde dich nicht aufhalten, Tjara Lothbrok. Doch ich hätte mich sehr gefreut, wenn du in Kattegat geblieben wärst.", er klopfte mir kurz auf die Schulter und verließ mich wieder.
Überrascht, wie leicht das ging, verließ ich die Halle, machte mein Pferd bereit und ritt zum Tor von Kattegat.
Dort wurden sofort die großen Türen für mich geöffnet.
Nachdem ich ein Stück getrabt war sah ich noch einmal zurück und galoppierte schließlich los.Ich wusste nicht, wohin ich ritt, denn die Götter würden mir schon den Weg zeigen.
Als die Sonne langsam aufging kam ich auf eine Lichtung im Wald. Ich stieg vom Pferd herab und richtete meinen Pelz wieder ordentlich.
Ich sah mich um, doch weit und breit waren nur Bäume zu sehen und der Schnee wurde immer dichter.Kurze Zeit später saß ich wieder auf und galoppierte weiter in eine unwissende Richtung, bis es dämmerte.
Ich suchte mir Schutz, an einer Art Höhle, die ein kleiner Felsen mir bot.
Dort band ich mein Pferd an einen Baum und machte ein Feuer, nachdem ich Holz zusammengesucht hatte.Es war eisig kalt, doch mein Pelz schenkte mir gerade so viel Wärme, dass ich nicht frieren musste.
Nach einer Weile am Feuer schlief ich ein.Früh am Morgen wurde ich durch das Knacken der Äste geweckt. Es schien, als würde jemand in der Nähe sein.
Ich nahm meine Axt an mich und sah vorsichtig aus der kleinen Höhle hinaus, doch da war nichts.
Mit fest umklammerter Axt schlich ich herum, doch ohne jemanden zu finden.
Erleichtert atmete ich aus und drehte mich um, um zurück in die Höhle zu gehen.
Ich rannte in etwas hinein, was genau hinter mir war, es fiel zu Boden.Ohne zu zögern hielt ich der Kaputzengestalt, die dort auf dem Boden lag, meine Axt entgegen, "Wer bist du?", zischte ich.
Als die Gestalt leblos am Boden liegen blieb und nicht auf meine Fragen reagierte, zog ich ihr vorsichtig die Kapuze vom Kopf."Hvitserk!", schrie ich laut, "Aber du und Ivar, ich habe es gesehen, du warst bei ihm und er bei dir und jetzt bist du hier aber wo ist er?", außer Atem beendete ich meinen zusammengewürfelten Satz.
Mein Bruder sah schwach aus. Mit meiner ganzen Kraft zog ich ihn auf die Beine und versuchte ihn in meinen Unterschlupf zu bringen. "Was machst du hier, Tjara?", fragte er währenddessen, so leise, dass ich es gerade noch hören konnte.
Ich legte ihn auf den Platz, an dem ich gerade noch geschlafen hatte und hüllte ihn in eine Decke.
Das Feuer glühte nur noch und ich legte eilig Holz nach."Ich hatte im Traum gesehen, dass Ivar dich gefunden hat...ich wollte euch finden, doch mein Traum war dieses Mal ein schlichter Traum.", flüsterte ich enttäuscht und reichte ihm etwas zu essen, was er wie ein Wilder aufaß.
"Du hast Kattegat verlassen?", fragte er zitternd.
Ich nickte kurz, "Mein Platz ist und bleibt bei Ivar, egal wo er sich aufhält."
Hvitserk lehnte seinen Kopf gegen den Stein der Höhle und schlief völlig erschöpft ein.
Ich richtete seine Decke ordentlich und ging hinaus zu meinem Pferd, welches im Boden des Waldes scharrte. Ich griff in eine Tasche und gab ihm ein wenig zum fressen.Bis zum späten Vormittag saß ich vor der Höhle und starrte in den Wald. "Bitte ihr Götter, schenkt meinem Bruder Kraft, damit wir aufbrechen können.", redete ich vor mich hin.
Plötzlich hörte ich ein murmeln aus der Höhle, "Wie weit sind wir von Kattegat weg?", murmelte Hvitserk müde.
Ich hockte mich vor die Höhle und sah hinein, "Ich weiß es nicht, aber ich schätze etwa einen Tagesritt."
Mein Bruder, der sich aufgesetzt hatte, sah nun nicht mehr mich an, sondern sah panisch-überrascht an mir vorbei, "Tjara!", schrie er warnend.
Während ich mich umdrehte zog ich mein Schwert.
Weit vor mir stand ein merkwürdig aussehender Krieger und starrte mich an."Wer bist du?", schrie ich, als plötzlich immer mehr Krieger um uns herum auftauchten, "Wir sind umzingelt, Hvitserk.", flüsterte ich in die Höhle. Ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte.
Mein Bruder, der inzwischen wieder besser aussah, kam aus der Höhle gekrochen und sah sich verzweifelt um.Die Krieger begannen in einer merkwürdigen Sprache zu reden.
Schließlich kam der Krieger, den Hvitserk als erster bemerkt hatte auf mich zu. Er schrie mich an und deutete immer wieder mit seinem Schwert auf mein Schwert und auf den Waldboden.Langsam ging ich in die Hocke und legte mein Schwert hin, doch das reichte ihm nicht. Er kam näher und tippte mit der Spitze des Schwertes gegen meine Axt, die ich schließlich auch zu meinem Schwert auf den Boden legte.
"Was haben die vor?", fragte ich meinen Bruder, der unmittelbar hinter mir stand, "Wollen sie uns umbringen?", flüsterte ich ihm schwer atmend zu.
DU LIEST GERADE
Er ist mein Bruder
FanfictionDer legendäre Ragnar Lothbrok ist ihr Vater, doch wer ist eigentlich dieser Mann, der sie und ihre Brüder verließ, als sie noch ein kleines Kind war? Trotz der Herausforderungen, sich alleine gegen ihre Brüder durchzusetzen, ist sie herangewachsen...