64. Lass es brennen

175 11 0
                                    

Am nächsten Tag fuhren wir mit den Schiffen weiter ins Landesinnere.
Erneut schlugen wir ein Lager auf.
Als unsere Männer noch beim Aufbauen waren, berieten König Harald, Ivar, Hvitserk und ich uns über die weiteren Vorgehensweisen.

"Wir haben es bis hierhergeschafft, ohne auf einen Sachsen zu treffen. Doch von nun an müssen wir an ihren Dörfern und Städten vorbei.", König Harald sah jeden einzelnen von uns an und hoffte auf eine Idee.

"Sie wissen sowieso schon, dass wir hier sind, also sollten wir aufhören zu versuchen nicht gesehen zu werden.", sagte ich entschlossen und sah Ivar an, "Wir sollten Angst und Schrecken in ihren Dörfern verbreiten.", flüsterte ich.

Ivar nickte zustimmend, "Wir beide und Hvitserk werden morgen auf Beutezug gehen. Wir brauchen Pferde und Informationen über König Alfreds Streitmacht."

"Ich hoffe ihr findet auch etwas zum Essen.", sagte König Harald.

Hvitserk stand auf und legte Ivar eine Hand auf die Schulter, "Du brauchst nicht mit uns kommen, du bist zu wichtig. Die Sachsen könnten dich gefangen nehmen."

Ivar trank einen kräftigen Schluck und sah mich an, "Wir reiten morgen früh."

Ich nickte.
Hvitserk gab sich geschlagen und verschwand mit König Harald aus dem Zelt.

Ivar wendete seinen Blick nicht von mir ab, bis er schließlich begann zu reden, "Ich mag diesen Jungen nicht.", er schüttelte langsam den Kopf und leerte schließlich seinen Becher, "Er ist schwach, er wird in der Schlacht sterben, ich weiß es.", er lächelte gemein.

"Nels? Wieso denkst du das?", ich erhob mich und holte den Krug mit Bier.

"Er ist schwach.", sagte er erneut, als würde er denken, dass ich ihn nicht verstanden hatte.

Stumm schüttete ich uns Bier nach und sah ihn an. Ich hatte nichts mehr zu diesem Thema zu sagen.

Am nächsten Morgen ritten wir mit einigen Männern durch die angrenzende Gegend.
Auf einmal stoppte Ivar und sah sich um, "Hvitserk, Tjara, ihr reitet in diese Richtung. Ich nehme die andere.", er deutete in verschiedene Richtungen und sah uns schließlich an.

Ich musterte ihn kurz und folgte seinen Anweisungen.
"Er will zeigen, dass er es auch ohne uns schafft.", flüsterte ich Hvitserk zu.

"Natürlich will er das und er schafft es auch ohne uns, er ist schließlich König.", mein Bruder sah mich lachend an und wir ritten weiter voran, doch wir begegneten sehr lange Zeit keinen Sachsen, wir fanden nicht einmal ein Dorf oder eine Stadt.

"Wir müssen die anderen finden.", sagte ich schließlich laut und ritt voran.
Ich hatte ein ungutes Gefühl und mein Gefühl sagte mir immer die Wahrheit.

"Was ist los, Tjara?", fragte mich Hvitserk, der mich schließlich eingeholt hatte.

Ich schüttelte den Kopf und deutete, dass wir weiter reiten müssen.
Nach einiger Zeit hörten wir Kampfschreie, ich stoppte mein Pferd und hielt kurz inne.
Hvitserk und ich tauschten kurz Blicke aus und ritten schließlich im Galopp den Schreien entgegen.
Als wir auf dem Feld ankamen, sprang ich, während mein Pferd noch rannte, ab und sah mich nach Ivar um, Hvitserk ritt weiter und erstach so viele Sachsen wie er konnte.

Die wenigen noch lebenden Sachsen zogen sich schreiend zurück.

"Du lebst ja noch.", hörte ich Hvitserk reden und drehte mich in seine Richtung. Vor ihm stand Ivar, "Wie du siehst ja. Was hat so lange gedauert?!", fragte Ivar verständnislos.

Lachend drückte Hvitserk unseren Bruder kurz und verschwand unter den Kriegern.

Erleichtert ging ich zu Ivar hinüber und drückte ihn ebenfalls an mich, "Danke, Bruder.", flüsterte ich, bevor ich ihn losließ.
Ich wusste nicht wofür ich mich bedankte, doch ich hatte das Gefühl, dass es einfach an der Zeit war ihm zu danken.

"Was ist dein weiterer Plan?", flüsterte ich ihm ins Ohr und ließ ihn schließlich los.

Ivar sah mich skeptisch an und blickte umher, "Du nimmst dir Krieger mit. Du wirst mit ihnen die Gegend absuchen, bis du ein Dorf findest und ihr werdet die Bewohner abschlachten.", er atmete wütend aus und sah sich nach Hvitserk um.
Nickend sah ich ihn an.

Schnell wählte ich einige Krieger aus, die mit mir ziehen sollten und schwang mich auf mein Pferd.
Bevor ich los ritt drehte ich mich noch einmal um und sah zu Ivar, der mir schon fast stolz in die Augen blickte.

Ich ritt voran und an die 30 Krieger folgten mir.
Wir waren schon lange Zeit unterwegs, als wir in einen kleinen Wald kamen. Wir durchqueren ihn, doch dann blieb ich wie angewurzelt stehen und steig vom Pferd hinunter.
Am Ende des Waldes sah ich Rauch aus kleinen Hütten kommen.
"Töten, plündern, zerstören.", flüsterte ich meinen Leuten zu, damit sie ja nicht vergaßen warum wir hier waren.
Wir schlichen uns an den Waldesrand, das Dorf bestand aus ungefähr sechs Hütten.
Ich drehte mich um und gab meinen Kriegern Zeichen mir zu folgen.
Wir gingen in das Dorf hinein, als wenn wir keine böse Absicht hätten. Plötzlich hörte ich einen dumpfen Aufprall und blickte zur Seite. Dort stand eine Mutter mit ihren Kindern, die offensichtlich vor Schreck ihren Wassereimer fallen ließ.
Ruhig ging ich auf sie zu und musterte sie. Ängstlich nahm sie ihre Kinder hinter sich und sah mich schwer atmend an. Schließlich zog ich mein Messer und schnitt ihr die Kehle auf.
Die Frau fiel zu Boden und die Kinder rannten weinend und schreiend weg.
Ich nickte den Kriegern zu und wir verteilten uns laut schreiend im Dorf, es schienen keine Krieger unter den Christen zu sein.

Zielstrebig ging ich auf eine der Hütten zu und trat die Tür auf.
Zu meinem Überraschen kam ein Junge mit einem großen Holzstab auf mich zu gerannt und griff mich an. Er müsste ungefähr 13 oder 14 Jahre alt gewesen sein.
Eine gewisse Zeit lang wich ich belustigt seinen Versuchen mich zu erschlagen aus, bis ich schließlich meine Axt packte und sie in seinen Kopf rammte.
Schnell durchwühlte ich das ganze Haus und kam schließlich mit einigen Schätzen und einem Stück Fleisch in der Hand wieder aus der Hütte.
Die meisten Hütten brannten schon, als ich hervortrat und eine Kriegerin meines Volkes vor mir hielt.
Ihr Blick fiel auf den toten Jungen, der in der Tür der Hütte lag.
Eiskalt sah ich sie an und ging auf sie zu, "Lass es brennen.", flüsterte ich schadenfroh, klopfte ihr auf die Schulter und ging an ihr vorbei in Richtung des Waldes.

Er ist mein BruderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt