75. Stehst du noch zu den Göttern?

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Kjell und Hildur saßen zusammen in der Halle. Sie hatten sich ebenfalls angefreundet und tauschten sich über ihre bereits gewonnenen Schlachten und Kämpfe aus.
Beide sahen auf, als sie Ubbe und mich erblickten. Kjell lächelte mich an, als er bemerkte, dass wir Arm in Arm hereingekommen waren.
Er erhob sich und ging auf meinen Bruder zu, "Ubbe Lothbrok?", fragte er freundlich.

Überrascht sah Ubbe zu mir und zog die Augenbrauen hoch.

"Willkommen Zuhause.", sagte Kjell und bot meinem Bruder einen Platz an ihrem Tisch an.
Dankend setzte er sich an die Spitze des Tisches und sah mich auffordernd an.

"Mein Bruder und ich möchten mit euch einen Schlachtplan machen.", ich setzte mich neben Kjell und sah ihn an.

"England vermutlich?", fragte Hildur, der den Kopf interessiert hob.

Ubbe nickte, "Wir werden wieder einmal dorthin zurückkehren. Doch Tjara und ich haben verschiedene Pläne, wir müssen uns einigen."

Kjell sah mich fragend an, anschließend musterte er Ubbe, "Ich weiß, dass du, Ubbe, Tjaras älterer Bruder bist. Doch Tjara ist Königin von Kattegat."

Bevor er weiter reden konnte unterbrach ich seine Ansprache, "Natürlich bin ich Königin von Kattegat, doch Ubbe ist mein Bruder, er soll mit uns in der Schlacht kämpfen. Und natürlich darf er auch seine Ideen und Pläne dazu beitragen.", ich setzte ein selbstzufriedenes Lächeln auf und sah meinen Bruder an.
Er schüttelte mit dem Kopf, "So war das nicht abgesprochen, kleine Schwester.", sagte er schnell und sah mich ernst an, "Du hast mehr von Ivar, als ich annahm."

"Müssen wir so etwas wirklich vor den beiden hier klären?", fragte ich Ubbe, "Das können wir auch später noch besprechen."

Ubbe schlug auf den Tisch, "Nein können wir nicht, Tjara!", rief er.

Entsetzt sahen Hildur und Kjell ihn an, "Verzeiht ihm, er ist verwirrt.", sagte ich ruhig.

"Ich bin nicht verwirrt, Tjara! Ich will nur, dass du deine Versprechen hältst."

Nun sahen die beiden mich fragend an. Ergebend hob ich meine Hände und sah Kjell an, "Er möchte eine Doppelherrschaft.", sagte ich spöttisch.

Nachdenklich musterte Hildur meinen Bruder und sah anschließend zu mir, "Ich weiß, mich geht die Herrschaft hier in Kattegat nichts an. Doch ich habe schon vieles gesehen, eine Doppelherrschaft ist in den meisten Regionen Midgards gescheitert.", sagte er sanft.

Ubbe ignorierte seine Worte und nahm meine Hand in seine. Brüderlich blickte er mich an. Ich sah in seinen Augen, dass er mir und Kattegat nichts Böses wollte, doch ich hatte ihn nur damit gelockt, damit er in Kattegat bleiben würde. Ich wollte nicht alleine sein.

"Bitte geht.", sagte ich zu Kjell und Hildur, die sich daraufhin erhoben und meine Halle verließen.

"Bruder.", sagte ich, während ich ausatmete, "Du bist ein starker Kämpfer, das wissen wir beide. Du warst immer der beste von uns und das weiß ich sehr zu schätzen."

Aufmerksam hörte Ubbe mir zu.

"Doch stehst du überhaupt noch zu unseren Göttern? Weißt du noch wofür wir eigentlich kämpfen?", zweifelnd sah ich ihn an.

Ubbe zögerte, bevor er antwortete, "Natürlich weiß ich das.", sagte er knapp und sah an mir vorbei.

"Du bist unseren Göttern also immer noch treu? Denn der Verrat an den Göttern ist ebenfalls ein Verrat an mir.", ich zog meine Hand aus seinen und verschränkte die Arme.

Ubbe nickte verstehend, "Ich weiß, dass ich-"

"Ich habe Hvitserk umgebracht, weil er die Götter und Ivar hintergehen wollte. Es fiel mir schwer, doch ich zögere nicht, wenn ich es ein zweites Mal tun muss, Bruder.", flüsterte ich und erhob mich nachdenklich, "Ich möchte Klarheit und dich nur an meiner Seite haben, wenn du den Glauben an die Götter nicht verloren hast, denn dafür kämpfen wir, Ubbe.", ich drehte mich zu ihm um.
Mein Bruder war inzwischen aufgestanden und verschränkte die Arme vor sich.

"Ich habe den Glauben an die Götter nicht verloren, ich habe ihn noch nie verloren.", flüsterte er und legte seine Hände brüderlich auf meine Schultern.

Verstehend lächelte ich ihn an, "Was ist mit Floki? Glaubst du er wird uns bei dem Plan für die Schlacht helfen?"

"Ich glaube Floki will nichts mit Herrschaft oder gar mit Schlachten zu tun haben, er hat sich in gewisser Weise verändert, Tjara. Dennoch solltest du dein Glück versuchen, wir wissen beide, dass er dich und Ivar immer wie seine eigenen Kinder sah.", Ubbe klang weise.

Zustimmend nickte ich, "Doch das Volk sollte zuerst erfahren, dass wir uns den Thron teilen werden. Heute Abend gibt es eine Versammlung in der Halle und später ein Fest.", sagte ich bestimmend, "Du wirst das Volk begrüßen, es hat dich damals schon geliebt und es wird heute gewiss nicht anders sein, Bruder.", lächelnd sah ich zu ihm.

Es wurde alles für ein Fest vorbereitet. Als es draußen schon dunkel war füllte sich die Halle mit den Bewohnern von Kattegat. Schnell bemerkte Ubbe, dass das Volk größer geworden ist. Schließlich trat er vor und hielt seine Ansprache.

"Bewohner von Kattegat.", begann er, "Viele Jahre ist es her, doch ich bin zu euch zurückgekehrt. Einige von euch erinnern sich ganz bestimmt noch an mich."

"Ubbe.", hörte man einige Menschen aus den Reihen rufen.

"Meine Schwester und ich haben euch etwas mitzuteilen.", er sah kurz zu mir und ich erhob mich und stellte mich neben ihn.

"Mein Bruder und ich, wir wollen uns den Thron Kattegats teilen. Er hat genau so ein Anrecht auf ihn, so wie ich es habe. Gewiss, viele dieser Herrschaften sind in die Brüche gegangen, doch mein Bruder und ich werden einen Weg finden, dass uns so etwas niemals passieren wird.", langsam sah ich zu meinem Bruder herüber.

Das Volk begann zu tuscheln, doch kurze Zeit später stimmten sie alle miteinander ein, "Heil dir Königin Tjara und Heil dir König Ubbe."

Erleichterung machte sich in mir breit, als das Volk unsere Entscheidung für guthieß.

Lachend legte ich den Arm um meinen Bruder, "König Ubbe.", flüsterte ich ihm zu.

Er ist mein BruderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt