Teil 6

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SAMU

Ich angele hektisch nach dem erstbesten Handtuch, was ich zu fassen kriege, wische mir zuerst das Blut von den Beinen und beuge mich dann viel zu schnell runter, um die Blutstropfen vom Boden zu wischen. Das war ein Fehler. Erstens wird mir schwindelig, sodass ich fast umfalle, zweitens schießt ein stechender Schmerz durch meinen Hintern, als er durch das Herunterhocken an entsprechender Stelle gedehnt wird. Ich kralle mich am Waschbeckenrand fest, um nicht einfach mit einem dumpfen Knall auf die Fliesen zu fallen und atme hektisch. „Ganz ruhig Samu, langsam atmen, Tränen runterschlucken. Ruhe bewahren", sage ich zu mir selbst wie ein Mantra, damit ich nicht durchdrehe und panisch werde.

Nach einer Weile hat sich mein Puls ein wenig beruhigt und ich krabbele auf allen vieren zur Dusche, öffne die Tür und klettere hinein. Im Sitzen gelingt es mir, den Duschkopf aus der Halterung zu nehmen, weil die Putzfrau ihn Gottseidank so weit heruntergestellt hat. Dann drehe ich das Wasser auf und halte mir im Sitzen die Duschbrause über den Kopf. Mehr Blut verschwindet zusammen mit dem Wasser im Ausfluss und ich frage mich, was ich tun soll, wenn es einfach nicht aufhören will zu bluten. Ist das normal? Passiert das allen mal, die auf diese Weise Sex haben? Ich bin verzweifelt und kann mit niemandem darüber reden. Niemand weiß von der Sache mit Rick und mir, niemand und das soll auch so bleiben. Ich schäme mich in Grund und Boden, nicht für das, was passiert ist, sondern aus welchen Gründen es passiert ist. Weil ich nicht die Kraft habe, mich von ihm zu lösen, weil ich emotional abhängig bin von ihm und nicht stark genug, es zu beenden. Denn ich weiß, dass dieses „was – auch – immer – es – ist", zwischen Rick und mir spätestens mit Ende unserer Abschiedstour sein eigenes Ende finden wird. Auf der einen Seite wünsche ich mir, es wäre schon so weit, auf der anderen Seite habe ich Angst davor, Angst, die Sehnsucht nicht aushalten zu können, wieder in alte Gewohnheiten zu verfallen. Alte Gewohnheiten heißen in meinem Fall Tabletten und Alkohol, um den Kopf auszuschalten. In einen chemischen Schlaf zu fallen, damit ich nichts mehr denken und nichts mehr fühlen muss.

Das Wasser läuft weiter über meinen Körper, das Blut, was im Rinnsal in Richtung Abfluss läuft, scheint ein wenig weniger zu werden, doch trotzdem brennt und schmerzt es dort immer noch wie wahnsinnig. Vorsichtig, mit langsamen Bewegungen stehe ich auf, stelle die Dusche ab und klettere raus. Ich trockne mich notdürftig ab, schlinge mir ein Handtuch um die Hüften und sehe, dass Rick schon im Bett liegt und schläft. Er hat notdürftig eine große Decke über dem Laken ausgebreitet, damit wir nicht auf dem verschmutzten Laken schlafen müssen. Der Mond scheint ins Zimmer und Riku sieht so friedlich und liebevoll aus, wie er daliegt und schläft. Traurig klettere ich neben ihn ins Bett auf meine Seite und lege mich so weit wie möglich von ihm entfernt hin, ziehe mir zitternd die Decke bis unters Kinn und falle irgendwann in einen unruhigen Schlaf. 

...'cos of painless love I've never heard....Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt