KAPITEL 10

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Noah

Die Wochen vergehen und jede Minute wird der Schmerz schlimmer. Auch, wenn er sagte, es steht nicht zwischen uns, merke ich, wie er sich von mir zurückzieht. In der Schule macht er meistens mit Betty rum und am Nachmittag hat er kaum noch Zeit. Es verletzt mich und schmerzt, mehr als alles andere. Und er merkt es nicht einmal. Also im Grunde hat sich nicht viel mehr verändert. Nur, das er tatsächlich versucht nicht vor meiner Nase mit Betty rum zu machen. Dies rechne ich ihm wirklich hoch an. Das es natürlich nicht immer klappt, lassen wir mal außen vor. „Reich mir mal die Zange.", murmelt mein Vater und ich taste auf dem Tisch nach dem was er will. Als ich sie finde, reiche ich sie ihm und höre, wie er damit irgendwas festzieht. Gerade sind wir im Garten und ich helfe ein bisschen meinem Dad. Soweit ich das kann. „Und wie läuft die Schule, mein Sohn?" Laut seufze ich auf und kratze mich am Kopf. „Gut."
„So schlecht?", lacht er und kommt zu mir. Stöhnend lässt er sich neben mich fallen und ich reiche ihm seine Trinkflasche. „Danke.", brummt er. „Was ist los? Probleme mit Jordan?", verwirrt sehe ich auf. „Dein alter Herr merkt sowas.", beantwortet er meine stumme Frage. „Naja, es ist irgendwie ein bisschen komisch...", murmle ich, da ich ihm die ganze Wahrheit eh nicht sagen kann. „Ach, das bekommt ihr beide schon hin, immerhin seid ihr ja unzertrennlich." „Hm.", brumme ich. Wenn er wüsste...

Nach ein paar Stunden gehe ich wieder nach oben in mein Zimmer und vertreibe mir die Zeit mit Musik hören und lesen. Die Zeit vergeht schneller als gedacht und irgendwann ist es dann auch schon Nacht. Meine Eltern schlafen tief und fest. Meine Schwester übernachtet heute bei ihrer besten Freundin, was mich aber nicht besonders interessiert. Seufzend stehe ich auf und mache mich bettfertig. Es fehlt mir, den Abend nicht mit Jordan zu verbringen. Heute haben wir gar nicht geschrieben und irgendwas sagte mir, dass es besser wäre ihn nicht zu fragen, ob er heute Zeit hat. Als ich das Bad verlasse, gehe ich langsam runter in die Küche, um mir ein Glas Milch zu machen. Es ist notwendig, dass alles immer seinen festen Platzt hat. Ich nehme ein paar tiefe Schlucke, ehe ich es mir erneut vollschütte, als ich ein Poltern vor unserer Haustür vernehme. Erschrocken zuckt mein Kopf Richtung Haustür. Vielleicht kommt ja Hayley schon früher nach Hause? Trotzdem, eher unwahrscheinlich. Vorsichtig gehe ich in den Flur und zähle die Schritte bis zu Haustür. „Sei vorsichtig!", höre ich jemanden flüstern. Ist das... ist das Betty? Total verwirrt gehe ich das Risiko ein und öffne dir Tür. „Er hat aufgemacht!", kichert jemand der sich stark nach Jordan anhört und das nicht mehr wirklich nüchtern. „Entschuldige Noah, dass wir dich so spät noch stören, aber...", sie stockt. Der wiederwertige Geruch nach Blut steigt mir in die Nase. Besorgt mache ich einen Schritt nach vorne und taste nach Jordan. Als ich ihn zu greifen bekomme, fahre ich weiter nach oben und taste vorsichtig sein Gesicht ab. Es ist geschwollen. „Was ist passiert?", frage ich Betty kühl, da ich eine Vermutung habe. „I-Ich weiß es nicht. Er hat mich aus einer Bar angerufen und ich habe ihn dort abgeholt. Ich würde ihn ja nach Hause bringen, aber dagegen wehrt er sich und zu mir geht auch nicht. Meine Eltern würden ausrasten, wenn sie ihn so sehen.", erklärt sie mir und ich nicke verstehend. „Warum hast du mich zu ihm gebracht.", herrscht er sie an und verpasst mir damit einen Tritt, direkt ins Herz. „Es tut mir leid, er ist total neben sich.", entschuldigt sie sich für ihn. Auch, wenn ich sie nicht besonders leiden kann, ist es nett von ihr, dies zu sagen. „Er hat nur oberflächliche Wunden, nichts schlimmes. Das Gröbste habe ich bereits gesäubert und verwundet. Er sollte jetzt einfach nur noch schlafen.", murmelt sie. „...Danke, Betty.", sage ich dann doch tatsächlich. Denn ich hätte dazu wahrscheinlich meine Eltern wecken müssen, da ich davon keine Ahnung habe. „Hey Baby...", flüstert sie, sehr wahrscheinlich zu Jordan. „... Ich gehe jetzt, okay. Du bist hier in guten Händen, ich schreibe dir morgen. Ich liebe dich.", und dann erklingt ein schmatzen, was mich trotz alle dem anwidert. „Lass mich nicht hier.", brummt er. „Bitte."
Es bricht mir das Herz. Wie kann er sowas nur sagen? Natürlich, er ist betrunken, doch... er ist doch eigentlich auch mein bester Freund. „Jordan!", mahnt sie ihn und legt seinen Arm um meine Schulter. „Bis dann.", verabschiedet sie uns und schließt hinter uns die Tür. Unschlüssig stehe ich mit dem stark schwankenden Jordan im Flur. „Na komm, wir gehen hoch." Er grummelt nur irgendwas vor sich hin. Ächzend schleppe ich ihn nach oben, bedacht, nicht irgendwie hinzufallen. Tatsächlich, wie durch ein Wunder, schaffen wir es nach oben. Erleichtert schließe ich meine Zimmertür hinter mir und lehne mich gegen diese. „Wir sollten schlafen.", sage ich leise und bewege mich Richtung Bett.
„Ich *hicks* schlafe auf der Cou-Couch.", sagt er. „Jordan." „Ja?" „Ich besitze keine Couch." „Oh." „Ja." „Dann nehme ich *hicks* den Boden." Seufzend streiche ich mir übers Gesicht. „Ich werde schon nicht über dich herfallen.", brumme ich und lege mich an die Wand ins Bett. „Hm."
Ich höre, wie Klamotten auf den Boden fallen und unweigerlich schlägt mein Herz schneller. Fuck. Nein. Konzentriere dich. Meine Bedecke wird angehoben und ich spüre eine extrem warme Quelle neben mir. „Alexa, Licht aus.", krächze ich beinahe. Sofort ist es stock dunkel. Nur mein lauter Herzschlag ist für mich ganz klar wahrnehmbar.
„Lutschst du jetzt Schwänze?"
Ich habe mit wirklich vielem gerechnet. Ja, wirklich. Doch das...
„Was?!" „Naja, du stehst doch auf Schwänze, nicht?", fragt er mich und klingt dabei erschreckend nüchtern. „Jordan... du bist betrunken." „Ja.", sagt er und dann ist es wieder eine Zeit lang ruhig. „Also ziehst du dir Schwulenpornos rein?" Laut und definitiv genervt stöhne ich auf. „Ist das dein Ernst?"
„Ja.", antwortet er gleichgültig.
„Ja, Jordan. Ich stehe auf Männer und damit augenscheinlich auch auf Sch-Schwänze." „Wieso?" „Was, wieso?"
„Wie kann man darauf stehen? Ich mein, stehst du darauf, wenn man dir Dinge... in den Arsch schiebt? Ich mein, dass ist doch eigentlich nur ‚one way', nicht?"
Es kränkt mich, verletzt mich, beleidigt mich, ich weiß einfach nicht, wie ich die Gefühle, die meinen Körper überschwemmen, zum Ausdruck bringen soll. „Was soll das werden, Jordan?", frage ich leise und erschöpft. „Ich will es doch nur verstehen können! Du bist mein bester Freund. Der Gedanke, dass du es mit einem Kerl treibst, widert mich an." Das war erschreckend ehrlich. Wow. „Es widert dich an? Es widert dich an?! Es widert dich fucking an, ja?!"
Außer mir, setze ich mich aufrecht hin und raufe mir die Haare. „Mich widert es an, mich dich mit Betty vorstellen zu müssen. Euch dabei zuhören zu müssen, wie ihr euch küsst und es widert mich verdammt nochmal an, dass du mir immer von deinen Bettgeschichten erzählst! Klar!", brülle ich und dann ist es still.
„Törnt es dich an, mich dir nackt vorzustellen?", fragt er rau und düster. Gänsehaut breitet sich über meinen Körper aus. Unweigerlich zuckt es in meiner Leistengegend. „Nein." Plötzlich ist da eine Hand auf meiner, die mich an seine nackte Brust führt. Hart schlucke ich. „Macht dich das geil? Meine flache Brust? Meine Stimme und mein Schwanz?", seine Hand führt meine zwischen seine Beine. Erschrocken zucke ich zurück und entreiße mich ihm. „Nein!", sage ich schnell, zu schnell. Und dann, ohne, dass ich es hätte kommen sehen können und ohne, dass ich jemals damit gerechnet habe, liegt seine Hand auf meinem harten Penis, der noch immer von meiner Shorts bedeckt ist. „Du bist ja wirklich hart!", lacht er, ehe er sich in die Kissen zurück schmeißt. Geschockt sehe ich ins nichts und lausche meinem Herzen, das versucht ist aus meiner Brust zu springen. Wie kann er nur... Wieso tut er mir das an?
Tränen bahnen sich über meine Wange. Stumm. Es ist schon schlimm genug etwas nicht haben zu können, mir dann damit aber immer wieder vor der Nase rumzuwedeln, bringt mich ganz einfach um. Und dafür, Jordan, hasse ich dich.

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