KAPITEL 50

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Song Empfehlung:
Time After Time von Sam Smith

Jordan

Ob ich nervös bin? Fuck ja. Ein weiteres Mal streiche ich über meinen schwarzen Smoking. „Drück einfach die Klingel du Idiot.", brumme ich vor mich hin, doch da wird sie auch schon aufgerissen. Noah's Dad. Fuck. Er war nicht so begeistert, dass uns Noah's Mom beim Sex erwischt hat. Er schaut mich seitdem extrem sträng und vor allem abschätzend an. Ich weiß, dass er mich mag, doch ich schlafe mit seinem Sohn. Anscheinend fand er die Vorstellung nicht so toll, dass ich meinen Schwanz in seinen Hintern stecke. Nun, jedenfalls ist sein Händedruck mittlerweile knochenbrechend. Das ich ihm versichert habe, dass ich Noah liebe, war ihm anscheinend egal. Mich verwundert es trotzdem absolut, dass keiner was dagegen hat, dass wir eigentlich zwei Kerle sind. Selbst Hayley hat gequietscht und gelacht, als sie es rausgefunden hat. Verdammt war das unangenehm. Sie hat kein Geheimnis draus gemacht, dass sie es anscheinend schon einige Zeit wusste. „Jordan.", grummelt sein Dad und tritt zur Seite um mich rein zu lassen. „Du sollst hier warten, er kommt gleich.", meint er und deutet auf den Flur. Ich nicke und bewege mich, unruhig vor Nervosität, hin und her. Anders als gedacht, bleibt sein Dad stehen und mustert mich mit verschränkten Armen. Na toll. „Gehts dir gut?", frage ich ihn, auch wenn das Du mittlerweile mehr als unangenehm ist, trotzdem hat mich dieser Mann aufwachsen sehen und er war manchmal eine Art Vater für mich. Doch jetzt... Es ist einfach verdammt komisch. „Wie man's nimmt.", antwortet er. Ja, das ging wohl daneben. Fuck, ich sollte einfach still sein. Ungeduldig schaue ich auf meine Armbanduhr. Als sich oben etwas tut, hoffe, nein bete ich, dass Noah herunterkommt. Doch Hayley stolziert glücklich die Treppe herunter und lässt damit meine Hoffnung verpuffen. Sie ist auch auf den Ball eingeladen wurden. Irgendein Typ aus unserer Jahrgangsstufe. Sie sehen sich aber erst beim Ball. Ein hübsches pastellviolettes Kleid umschmeichelt ihren Körper. Hayley ist ein wirklich ausgesprochen hübsches Mädchen, doch mittlerweile reizt mich nichts mehr an einem Frauenkörper. Ich mache ihr trotzdem ein höfliches Kompliment, was sie dankend annimmt, ihr Vater mir daraufhin jedoch nur noch mehr einen vernichtenden Blick zuwirft. Unangenehm kratze ich mich am Kopf. Als dann endlich, und oh mein Gott bin ich erleichtert, Noah herunterkommt. Er trägt einen dunkelgrünen Anzug, mit einem schwarzen Einstecktuch, sowie ich ein dunkelgrünes habe. Ich muss einfach grinsen. Er sieht toll aus. Seine Arme schlingen sich breit grinsend um mich, was ich ihm gleichtue. Tief sauge ich seinen intensiven Geruch ein, setze sanft einen Kuss unterhalb seines Ohr's und flüstere dann: „Du siehst toll aus, Liebling." „Danke. Schwarz?", fragt er nach meiner Anzugfarbe. „Natürlich.", lache ich und fahre sanft über seine Schulter zu seinem Nacken. Eigentlich wollte ich ihn küssen, da ich unsere Umgebung schon wieder komplett vergessen habe, werde aber von einem Räuspern unterbrochen. Noah's Dad sieht mich warnend, mit einer hochgezogenen Augenbraue an. Sofort löse ich mich wieder von ihm. „Sei nicht so.", meint Noah's Mutter und schlägt ihrem Mann, liebevoll tadelnd auf die Brust. „Na los, rückt zusammen, ich mache ein Bild.", grinst sie und wir stellen uns auf, mit Noah in der Mitte. Ich mag es nicht unbedingt, wenn man Bilder von mir macht, weswegen ich ganz froh bin, als es auch wieder vorbei ist. „Habt Spaß.", meint seine Mom, winkt uns noch glücklich aber mit Tränen in den Augen zu. „Um 23 Uhr seid ihr wieder hier.", meint sein Dad sträng, der neben ihr steht. Hektisch nicke ich, als ich Noah und dann Hayley die Tür aufhalte. Als ich im Auto sitze, atme ich erleichtert aus. „So schlimm?", fragt mich Noah, lacht jedoch. „Ja. Ja. Lach nur. Du musst die strafenden Blicke deines Vaters nicht ertragen.", grummle ich. Selbst Hayley fängt an zu lachen, was mir nicht gefällt. Ich kann den beiden, aber auch nicht lange böse sein. Noah's Nähe suchend, lege ich meine Hand auf seinen Oberschenkel und genieße seine Wärme, besonders, als er seine Hand über meine legt. Die Fahrt ist lustig, wegen den Witzen von Hayley und der guten Musik. Es ist entspannend, ausgelassen und ich fühle mich glücklich. Ja, auch irgendwie angekommen. Es dauert nicht lange, bis wir an der Schule eintreffen. Hayley springt beinahe aus dem Auto, um ihre Begleitung zu suchen und ich bleibe mit Noah noch etwas sitzen. Für uns ist dieser Moment wichtig, entscheidend, aber auch irgendwie nicht. Es kommt einem Outing gleich, da jetzt mit ihm rein zu gehen. Nicht als Freunde. Als Liebende. „Sind wir dafür beiert?", fragt er und hat den Blick aus der Frontscheibe gerichtet. Ich drücke seine Hand. „Ich bin glücklich, solange du bei mir bist.", murmle ich und führe seine Hand zu meinen Lippen. Er lächelt. Es ist so ein Lächeln der Sorte, was einem die Kraft gibt, gegen eine ganze Armee ankämpfen zu können. Tief durchatmend steigen wir aus und ich nehme seine Hand. Führe ihn sicher zum Eingang. Die Sonne ist am untergehen und scheint uns eine sanfte Röte zu schenken. Bereit für alles, schreite ich mit ihm durch den Eingang der Sporthalle. Doch gerade als wir in die Menschenmasse treten wollen, löst Noah plötzlich seine Hand von meiner und greift meinen Arm, so wie früher. So wie Freunde. Fragend sehe ich ihn an, wollte wissen was los ist, öffne schon den Mund, werde aber von meinen Freunden unterbrochen. „Hey Mann! Wo warst du die ganze Woche?", wollen meine Teamkameraden wissen, die absolut keine Notiz von Noah nehmen. „Ich war krank.", schwindle ich. „Ja ne, ist klar Mann.", lachen sie und klopfen mir auf die Schulter. Ich verstehe Noah's Reaktion nicht. Ist er sich doch nicht mehr sicher? Hat er Angst? Wieso sollte er? Ich habe mich für ihn entschieden, in allen möglichen Aspekten. „Bist du hier mit deiner neuen Flamme?", wollen sie wissen und ziehen uns zur Bowle. „Was für eine neue Flamme?", frage ich verwirrt. Sie können unmöglich von Noah wissen, außerdem würde das auch keinen Sinn ergeben. „Na von der die ganze Schule redet. Mit der du auf der Party rum gemacht hast und Betty euch erwischt hat?" Ich bemerke beinahe augenblicklich, wie Noah sich verkrampft und niedergeschlagen auf den Boden sieht. Wusste er davon? Hat er das etwa geglaubt? Wieso hat er das nie erwähnt? Tausend Fragen schwirren mir im Kopf rum. Doch ich muss mich nun beruhigen, Noah sollte wissen, wie es wirklich passiert ist. „Ich habe nicht einmal eine Ahnung wer das war. Ich war in der Küche und habe etwas aufgeräumt, als ein sturzbetrunkenes Mädchen zu mir kam und irgendwas von Gefühlen geredet hat. Ich hatte sie nicht einmal richtig verstanden, doch gerade, als ich sie abwimmeln wollte, presste sie ihre Lippen auf meine. Betty kam genau in diesem Augenblick. Ich löste mich sofort von ihr. Sie hat sich danach auch mehrmals übergeben. Ganz sicher hatte das absolut nichts zu bedeuten und ich war eher angewidert. Das mit Betty war ein beschissener Zufall.", erkläre ich ziemlich laut, so dass es noch mehr Leute hören, da ich es hasse, wenn man falsche oder generell Gerüchte über mich verbreitet. Ich sehe kurz zu Noah und seine verspannten Schultern haben sich etwas gelockert, trotzdem sehe ich seine Verärgerung und etwas... Eifersucht. Noah ist eifersüchtig. Das lässt mich kurz schmunzeln, während meine Freunde schon wieder weiter reden, wie lächerlich das Mädchen war. „Hey Noah.", ruft eine mir zu bekannte Stimme. Verstimmt sehe ich auf und entdecke Blue, der immer noch ein prächtiges Veilchen trägt. Es steht ihm ausgesprochen gut, denke ich böse grinsend. Als er meinen vernichtenden Blick sieht, hält er inne, doch Noah löst sich von mir und will seiner Stimme entgegen laufen. Ich halte ihn am Ellenbogen zurück. „Darf ich kurz zu ihm?", fragt er mich um Erlaubnis. Es überrascht mich, denn Noah braucht meine Erlaubnis nicht und das weiß er, doch es erfüllt mich das er trotzdem fragt. Er weiß, dass Blue und ich wohl nicht mehr die besten Freunde werden, aber er scheint ihn trotzdem zu mögen. Sehr zu meinem Missfallen. Doch ich sollte ihm nicht verbieten, mit den Leuten etwas zu machen, bei denen er sich wohl fühlt. „Okay.", entkommt es mir widerstrebend und lasse seinen Ellenbogen aus meiner Hand gleiten. Um nicht wieder nach ihm zu greifen, versenke ich meine Hände in meinen Hosentaschen. Mein Blick liegt weiter bei Noah, der sich nun mit Blue angeregt unterhält, aber hält, sehr offensichtlich mir zu liebe, einen gebührenden Abstand von ihm. „Hörst du uns überhaupt zu, Alter?" Leicht genervt, sehe ich zu meinen Freunden. Ich weiß nicht wieso, doch mir erscheint es so, als wäre ich in dieser Woche um einiges gealtert. Als wäre ich an meinen Fehlern und auch meiner Liebe zu Noah gewachsen. Als wäre ich... erwachsen geworden. Meine Freunde erscheinen mir wie Kinder. Was ich nicht im bösen Sinne meine, doch meine Prioritäten liegen einfach anders, ich denke anders, ich fühle anders und ich weiß, dass es okay ist. Denn es ist Zeit für mich, den Jungen, der es allen immer nur recht machen wollte und immer das tat, was sein Vater für das Beste hielt, hinter mich zu lassen. Ich fühle mich bereit, Verantwortung für meine Entscheidungen zu übernehmen und ich fühle mich definitiv bereit, Dinge aufzugeben, um Noah zu haben. Vieles erscheint mir rückblickend so falsch. Dinge, die ich getan habe oder Entscheidungen, die ich getroffen habe. Doch die wohl absolut beste Entscheidung war es, Noah zu lieben. Niemals im Leben werde ich mich vollkommener fühlen, als in seiner Nähe.

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