Noah
Ich hatte nie vor, es ihm so zu sagen. Gewiss nicht. Ich hatte mir das Gespräch ruhig vorgestellt und vielleicht an einem schönen Ort. Außerdem noch weit in der Zukunft, wenn ich meine Symptome nicht mehr verstecken kann, doch sicher nicht so. Das Lied, sein Geschenk, war für mich das Schönste, was ich je bekommen habe. Doch als ich mitten drin bemerkt habe, was das alles zu bedeuten hat, fühlte ich mich nicht glücklich, nein. Ich fühlte mich schuldig, traurig, hasserfüllt und vor allem verloren. Es war immer mein größter Wunsch, dass er irgendwann meine Gefühle erwidern würde. Dass er mich so liebt, wie ich ihn liebe. So rein und ehrlich. Mir wurde klar, dass ich innerlich irgendwie damit abgeschlossen habe, dass meine Liebe für immer unerwidert bleibt und es war in Ordnung. Es machte die Tatsache zu gehen, bis zu einem gewissen Punkt leichter. Jordan würde nicht die Person verlieren, die er so sehr liebt, nein, er würde seinen besten Freund verlieren. Mag sein, dass es genauso schlimm ist, doch es ist auch irgendwie etwas anderes. Die Liebe ist eine andere, der Verlust ist ein anderer. Ich wollte nicht, dass er so sehr leidet. Am liebsten würde ich wollen, dass er gar nicht leidet. Ihn glücklich zu wissen, ist meine größte Priorität. Doch nun, sagte er mir indirekt, dass er mich liebt, länger schon, als ich es zu hoffen gewagt habe. Mein Traum wurde erfüllt und zerbricht zur selben Zeit. Nun habe ich endlich die Person, die ich liebe und dann wird sie mir auch schon entrissen. Was sind schon drei Monate? Nichts. Gar nichts. Ich kann ihn einfach nicht sagen lassen, dass er mich liebt, da er mir damit in der selben Sekunde, als er mir mein Herz erfüllt, es auch bricht. Er ist mein bester Freund, die Liebe meines verfluchten Lebens. Ich muss ihn beschützen, vor allem Unheil. Doch nun? Ich kann von ihm nicht verlangen seine Gefühle zu stoppen oder gar verschwinden zu lassen. Das einzige, was ich tun konnte, ist ihm endlich die Wahrheit zu sagen und ihm damit das Herz zu brechen. Ihm den Schmerz bereiten, den ich mir geschworen habe, ihm niemals anzutun.
Leblos liege ich auf meinem Bett, vielleicht Stunden oder auch Tage. Ich weiß es nicht mehr. Meine Bedürfnisse existieren nicht mehr. Nichts ist mehr relevant für mich, solange er nicht bei mir ist. Es ist meine Schuld. Ich hätte ehrlich zu ihm sein soll, von Anfang an. Wenigstens hätte ich ihn dann nicht verloren. Verloren... Habe ich ihn verloren? Es fühlt sich so an. Selbst innerlich ist da eine Leere, die dann entstanden ist, als er dieses Haus, voller Leid verlassen hat. Danach bin ich irgendwann im Bett aufgewacht. Ohne jegliche Ahnung, wie ich überhaupt hierhergekommen bin. Menschen waren hier, meine Familie. Doch ich bin wie paralysiert. Es besteht für mich kein Grund sich auch nur einen Millimeter zu bewegen, außer zu meinem Handy, um es nach neuen Nachrichten ab zu fragen. Nach dem zehnten Anruf und der fünfzigsten Nachricht, habe ich es aufgegeben, denn es ist offensichtlich, dass er nicht mit mir reden will. Erneut bahnen sich Tränen über meine Wange. Ich vermisse ihn so schrecklich und es tut mir alles so unfassbar doll leid. Tröstend drücke ich mich an den übergroßen Teddybären, den ich von Hayley zum Geburtstag bekommen habe. Ein lächerliches und doch passendes Geschenk von meiner Schwester. Meine Eltern müssen wohl gestern mit ihr geredet haben, denn sie kam dann heulend zu mir und lag stundenlang bei mir. Ich habe sie gelassen, auch, wenn ich nichts lieber wollte, als alleine zu sein. Wir haben nicht geredet, doch ich weiß, dass sie es weiß und irgendwie schmerzt es, dass jetzt alles so gekommen ist. Wie konnte ich nur so naiv sein? So unfassbar naiv... Vor ein paar Stunden habe ich sie ruhig gefragt, ob sie mich ein wenig alleine lassen kann. Ohne Widerrede hat sie zugestimmt, mir aber noch einen Tee gebracht. Nun erfüllt mein Zimmer der Duft von Pfefferminz und es erinnert mich nur noch mehr an Jordan. Schützend schlage ich die Decke über meinen Kopf und presse diesen in das samtig weiche Fell des Teddys. Ich schäme mich so dafür, dass ich förmlich in Selbstmitleid ertrinke, doch was sollte ich jetzt schon tun? Schmerzerfüllt fasse ich an meine Brust und drücke auf meine psychische Wunde in meinem Herzen.Stunden später entscheide ich mich dazu, mein Bett zu verlassen und runter in die Küche zu gehen. Schon als ich die Tür geöffnet habe, steigt mir sofort der Duft nach Pfannkuchen in die Nase. Es gibt nichts schöneres, als nach einem schlechten Tag den Duft von Pfannkuchen zu riechen. Irgendwie gibt mir der herzhafte Teig immer sofort bessere Gefühle, weshalb ich auch mit mehr Motivation nach unten laufe. „Liebling?", höre ich meine Mom sagen, ehe ihre zarte Hand über meine Wange streicht. „Wie geht es dir?" Eine wirklich schwere Frage und ich wüsste so viele verscheide Arten, wie ich sagen könnte, dass es mir nicht gut geht und nicht eine einzige, dass es mir gut geht. Deshalb folge ich dem Duft, bis ich einen Teller unter meinen Händen fühle und mir sofort der Dampf heißer Pfannkuchen entgegen weht. Genießerisch schließe ich die Augen und lecke mir über die Lippen. „Mhm...", mache ich und grinse, ohne auf die Frage meiner Mutter einzugehen. „Pfannkuchen?", frage ich sie das offensichtliche und sie scheint zu verstehen. „Genau. Setz dich schon mal ins Wohnzimmer, dann bringe ich sie euch.", meint meine Mom und mit einem Nicken gehe ich ins Wohnzimmer, wo ich sofort das starke Rasierwasser meines Vaters wahrnehme und ich vermute auch meine Schwester auf der Couch. Geschmeidig lege ich mich mitten in die Mitte und lausche den Geräuschen, die aus unserem Fernseher dringen. Mein Dad schlingt einen Arm um meine Schulter und drückt mich näher an seine Brust. Erschöpft, obwohl ich heute nichts anderes getan habe als rumzuliegen, kuschle ich mich an meinen Dad und genieße die Wärme unseres Wohnzimmers. Sachte spüre ich, wie meine Schwester ihren Kopf auf meine Beine bettet. Sie scheinen einen dramatischen Liebesfilm zu schauen, den mit Sicherheit meine Mom und meine Schwester rausgesucht haben. „So... mio caro. Ich habe euch noch Kakao gemacht.", kommt es von meiner Mutter, ehe ich höre, wie sie mit einem dumpfen Geräusch das Tablett auf dem Tisch abstellt. „Danke Mom.", kommt es von mir. Ich beuge mich vor zu den Pfannkuchen und rolle einen zusammen. Seufzend beiße ich ab und lasse die Künste meiner Mom auf meiner Zunge zergehen. Meine Mutter lässt sich neben meinen Vater nieder und zusammen genießen wir die heißen Getränke und die wirklich ausgesprochen leckeren Pfannkuchen, während wir uns dieses Drama ansehen, besser gesagt, in meinem Fall, anhören.
Ein bisschen später, lege ich meinen Kopf, wie Hayley bei mir, auf den Schoß meins Dad's und spüre nur wenige Minuten danach die Hand von meiner Mom durch mein Haar streichen. Es ist schön, genau hier, mit ihnen, meiner Familie und doch kann ich dieses bedrückende Gefühl, dass mir der wichtigste Teil meiner Familie fehlt, nicht verschwinden lassen. Ich vermisse ihn so verdammt sehr und hoffe einfach, dass er meine Entscheidungen verstehen wird und mich in den Arm nimmt. Nach nichts mehr sehne ich mich gerade in diesem Moment, als Jordan zu umarmen und seinen Duft, seinen ganz speziellen Duft, tief in meine Nase zu ziehen und mich einfach geliebt zu fühlen. Denn es war schon immer seine Liebe, die ich am meisten auf der Welt brauche.
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talking to the stars
Romance~talking to the stars ~ Noah ist nicht der typische Teenager. Er hasst Menschen und verabscheut dumme Aussagen. Außerdem ist er ein Einzelgänger. Wäre da nicht sein bester Freund Jordan. Er ist gut aussehend, beliebt, der Star der Schule. Er ist a...