Mein Kopf dröhnt und mir ist total übel, Mist. Ich war noch bis früh morgens bei Kessi, die nicht weniger beschwipst war wie ich, was hauptsächlich an all den Shots beim Billard lag. In diesem Spiel war ich schon immer eine Niete und werde es auch niemals können. Nach dem Zwischenfall mit Logen sind wir wieder in die Wohnung gegangen, wo sich die Menschenmasse bereits bis auf die Hälfte verkleinert hat.
Das hat die Stimmung aber nicht zerstört, im Gegenteil, wir konnten uns viel besser bewegen und man musste nicht mehr so stark über den ganzen Lärm hinaus schreien.
Logan ist noch Zehn Minuten draußen geblieben. Ich konnte mich nicht zurückhalten und habe aus dem Fenster geguckt. Er saß auf dem Kantstein, auf dem wir uns wenige Minuten zuvor noch wie auf Entzug geküsst haben. Er sah verzweifelt aus, genau wie ich mich gefühlt habe.
Wir hätten uns nicht küssen dürfen, denn anders könnte ich mir noch zureden, dass er bestimmt wie ein Fisch küsst, aber nun weiß ich es besser und das gute Zureden ist überflüssig.
Mit einem Seufzen schäle ich mich aus der Bettdecke und wage einen Blick in den Spiegel, der über meiner Kommode hängt. Gestern bin ich, nachdem Logan mich nach Hause gefahren hat, sofort ins Bett gefallen. Dementsprechend haben sich neben den Augenringen auch schwarze Mascarareste unter meinen Augen angesammelt. Meine Haare stehen zu allen Seiten ab und den alkoholische Geschmack vom Wodka schmecke ich noch immer.
Ivy hat in ein paar Tagen ein Vorstellungsgespräch bei einer Modefirma in der Stadt. Ich fahre nachher zu Ivy, um ihr beim lernen zu helfen. Sie macht sich deswegen schon seit Tagen verrückt und redet von nichts anderem. Sie träumt seit Jahren davon, in der Modebrache tätig zu werden. Als dann tatsächlich eine Zusage von Modedesigner Sergio Hudson eingetroffen ist, hat sie laut Aufgekreischt, und allen Menschen im Umkreis von einem Kilometer einen Tinitus verpasst.
Im selben Moment stürmt Harper in mein Zimmer. „Lange Nacht gehabt?", fragt sie mit einem wissenden Grinsen im Gesicht und schleicht sich geradewegs ins Badezimmer.
„Kann man so sagen. Sind Mom und Dad zu Hause?"
„Nein, eine Aushilfe kümmert sich gerade um Spencer. Sie möchte gleich mit dir frühstücken." Dieses Ritual führen meine kleine Schwester und ich schon seit unserer Kindheit durch. Hauptsächlich weil es manchmal Wochen gab, in denen wir uns fast nicht gesehen haben uns sie sich vernachlässigt gefühlt hat. Als Wiedergutmachung habe ich versprochen, jeden Sonntag mit ihr zu frühstücken, bis ich irgendwann aufs College gehe. Bisher haben wir es noch keinen Sonntag ausfallen lassen, geschweige denn vergessen.
„Ich weiß, gib mir Fünf Minuten und ich bin fertig", erwiderte ich und gehe zum Schminktisch und versuche meine Kletten zu entfernen, dich diese Biester sind hartnäckiger als gedacht.
Harper eilt sofort zu mir. „ Ich helfe dir und wir machen aus den fünf Minuten Drei."
Kurze Zeit später sitze ich mit Spencer am Küchentisch. Diese erzählt mir aufgeregt von einem Jungen, der ihr letztens die Hausaufgaben gegeben hat. Es ist süß, wie sie für einen Klassenkameraden schwärmt. Gleichzeitig wird mir bewusst, dass meine Schwester langsam zu einem Teenager wird, trotzdem wird sie immer meine kleine, süße Schwester bleiben.
Sobald wir mit dem Essen fertig sind, erledige ich meine aufgeschobenen Hausaufgaben und fahre zu Ivy. Spencer habe ich auf dem Weg bei einer Freundin vorbeigebracht, bei der ich sie in drei Stunden wieder abholen komme. Manchmal fühle ich mich wie eine Zweite Mutter für Spencer. Da Mom und Dad so wenig Zeit übrig haben, musste ich schon früh anfangen, mich um meine Schwester zu kümmern.
Ich gehe auf das Imposante Gebäude zu und betrete das Haus durch den Hintereingang, der direkt in die Küche führt. Eigentlich wird dieser hauptsächlich vom Personal benutzt aber ich schleiche mich schon seit Jahren durch diese Tür rein und raus.
Ivys Zimmer liegt im Zweiten Stock, mit direkten Blick auf einen atemberaubenden See, der direkt neben dem Haus liegt. Man vergisst sofort, dass man sich eigentlich zentral in Washington befindet.
Ich klopfe an, und strecke automatisch meinen Kopf durch die Tür, ohne auf eine Erwiderung zu warten.
„Hey, komm rein", sagt Ivy mit einem Lächeln im Gesicht. Sie sitzt in ihrem Ohrensessel und hat ihre Nase in einem Buch vergraben. Direkt daneben befindet sich ein prall gefüllter Wandschrank. Ich wette, dass man dort jedes Buch finden kann, das mit einer Liebesgeschichte zu tun hat. „Wie war die Party?"
Ich habe sie natürlich vorher gefragt, ob sie mich begleiten möchte, aber Mitchell hat sie gestern Abend ausgeführt und zum Essen eingeladen.
„Es war echt toll. Naja, mein Kopf ist da glaube ich eher anderer Meinung."
Ivy zwinkert mir zu. „Hast du etwa zu viel getrunken?"
„So in der Art. Aber reden wir nicht länger über mich. Wie war euer Date?", frage ich und setze mich auf ihr Wasserbett. Was würde ich für dieses Ding bloß alles tuen!
Ivys Wangen werden rot. „Es war wunderschön. Zuerst waren wir im Planetarium und danach hat er mich beim Italiener eingeladen, wo wir unsere allererstes Date hatten."
Die nächsten Minuten schwärmt sie vom gestrigen Abend. Ich gönne es ihr vom ganzen Herzen, aber ich bin zugegeben auch ein kleines bisschen eifersüchtig. Bisher ist mir das Glück für eine ernsthafte Beziehung verblieben.
Nachdem wir ihre Bewerbungsunterlagen durchgegangen sind, entscheiden wir uns dazu, eine neue Folge „Family Guy" zu starten und Löffeln dabei eine ganze Verpackung Eis. In Moms Augen ist das bestimmt eine Sünde. Aber eben eine leckere.
Während die dritte Folge startet, spüre ich wie mein Handy vibriert.
Logan: Halte dir mal den Mittwoch frei. Da musst du doch nicht arbeiten, oder?
Mein Herz setzt für einen Schlag aus. Sofort steigt mir die Szene von gestern Abend in den Kopf und mir wird warm.
Ich: Darf ich fragen warum?
Logan: Natürlich. Wir gehen ins Museum.
Ich: Ist das dein Ernst?
Logan: Warum nicht?
Ich: Was willst du im Museum?
Logan: Ich habe im Internet gelesen, dass vor kurzem ein Neues geöffnet hat. Dort gibt es sogar einen Raum, der sich um Rosa Parks dreht. So können wir mehr für unseren Vortrag erfahren.
Das ist mir neu. Aber ehrlich gesagt ist es eine echt gute Idee.
Ich: Hört sich gut an. Mittwoch müsste bei mir passen. Wo ist das Museum?
Logan: In Georgetown.
Ich: Das passt perfekt, dann zeige ich dir im Anschluss wo es das beste Eis in ganz Washington gibt.
Irgendwie will ich mehr über Logan erfahren und Zeit mit ihm verbringen. Ich habe einfach so viele offene Fragen, die ich unbedingt wissen möchte.
Logan: Hört sich gut an, ich lade dich ein :)
Mein Herz setzt wieder aus. Er hat nichtmal genug Geld für seine Familie und will mich einladen!
Ich: Brauchst du nicht
Logan: Ich will aber. Punkt.
Das offline Symbol leuchtet mir entgegen. Perplex starre ich auf mein Handy. So kann man eine Diskussion auch beende. Das muss ich mir unbedingt merken.
„Hey, du verpasst den ganzen Film, wenn du nur auf dein Handy guckst", reißt mich Ivy aus den Gedanken und katapultiert mich wieder ins Hier und Jetzt.
„Sorry." Schnell lege ich mein Handy beiseite. Trotzdem gucke ich jede Minute auf dem Sperrbildschirm nach, ob er mir doch noch eine Nachricht geschrieben hat.
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Out Of The Blue
Teen FictionWenn es eine Sache gibt, die ich abgrundtief hasse, dann ist es verlieren. Ich verliere nie und werde es auch jetzt nicht tun. Ich spüre die unzähligen Augenpaare, die starr auf mich gerichtet sind, während mein Puls von Sekunde zu Sekunde immer sc...