Kapitel 44

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So schnell wie möglich fahre ich durch die Innenstadt Washingtons, bis hin zum Anwesen. Schon von weitem erkenne ich Tante Gabbys Mietwagen, der wie alles was sie besitzt, ihren Wohlstand widerspiegelt. Eine ganze Familie könnte vom Geld für mehrere Monate leben. Über die komplette Fahrt hinweg mache ich mir Gedanken. Gedanken über Logan, sein Verhalten, den gestrigen Tag und Gabby. Wenn ich nicht sofort aufgeklärt werde, drehe ich durch.

Die stechende Sonne strahlt auf meinen Kopf ein, was im direkten Gegensatz zum kühlen Inneren des Wagens steht. Der Kies knirscht unter meinen Füßen. Dieses Geräusch verfolgt mich seit Achtzehn Jahren, in denen ich hier wohne. Ich verbinde damit zum einen gute wie auch schlechte Erinnerungen. Das Gefühl, dass gleich eine weitere negative dazu kommt, wird von Sekunde zu Sekunde immer stärker.

Dad ist wie fast jede Woche unterwegs. Mittlerweile weiß ich nichtmal mehr, in welchem Kontinent er sich aufhält. Er könnte ins Weltall fliegen und ich würde es erst bemerken, wenn er irgendwann nicht mehr zurück kommt. So war es schon immer und daran wird sich nichts ändern, egal wie oft ich dieses Thema auch anspreche.

Das Haus ist leer. Kein Geräusch und keine Stimmen dringen zu mir durch. Ich gehe in die oberen Stockwerke, wo sich die bereitgestellten Gästezimmer befinden, wo eines von meiner Tante bezogen wurde.

Meiner Meinung nach kommt sie in den letzten Wochen zu oft nach Washington, als dass es für alle Beteiligten gut ist. Die Frage ist nur warum.

Sobald ich vor der massiven Eichentür zum Stehen komme, klopfe ich an.

„Herein", ruft Gabby. Sie sitzt im Ohrensessel und hält ein Buch in der Hand.

„Du wolltest mich sprechen?"

Ein schelmisches Grinsen erscheint auf ihren Lippen und lässt sie noch jünger wirken. Früher fand ich es immer toll, dass sie nur wenige Jahre älter ist als ich, aber mittlerweile ist es einfach nur noch nervig. Sie Versuch auf Krampf jung zu sein, beinahe wie jemand in meinem Alter. Tja, mit Ende Zwanzig sollte man eigentlich etwas erwachsener sein.

„Ja, setz dich." Ich lasse mich auf dem Bett nieder. Kann sie nicht einfach mit der Sprache rausrücken?

„Was machst du überhaupt hier? Du bist doch sonst auch nicht so oft zu Besuch." Meine Abneigung verstecke ich nicht.

Sie schnaubt. „Ich bin auf der Durchreise. Jedenfalls möchte ich, dass du mir zuhörst."

Ich nicke. „Klar."

„Was ist das zwischen dir und Logan?" Beim klang seines Namens dreht sich mein Magen um.

„Wir sind..." Ja, was sind wir verdammt nochmal? „Es ist kompliziert."

Eine bedrückende Stille nimmt den Raum ein. Es macht ihr offensichtlich Spaß, mich so auf die Folter zu spannen. Dieses Biest.

„Jetzt sag doch einfach, Gabby!", flüstere ich wütend. Ich habe wenig geschlafen und bin schlecht gelaunt. Keine guten Voraussetzungen für ein Gespräch.

„Ich weiß, dass du nicht bei Ivy, sondern bei Logan warst."

Mein Zeigefinger, der bis eben noch aufgeregt auf meinem Oberschenkel getippt hat, hält inne. „Woher?"

Sie schmunzelt. „Ich bin nicht dumm. Da läuft was zwischen euch, aber du kennst Logan nicht. Nicht im geringsten."

Auch wenn ich Gabby nicht glaube, gibt es einen Teil in mir, der ihre Worte tatsächlich infrage stellt. „Dann klär mich auf." Langsam bin ich echt angepisst.

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