Kapitel 48

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Heute Abend ist es so weit. Wir steigen bei Oscar ein. Logan hat den Kampf größtenteils gut überstanden, sodass er laut Kessi heute mit dabei ist. Er hat mich einige Male versucht anzurufen, aber ich habe es nicht über mich gebracht, abzunehmen. Solange ich weiß, dass es ihm gut geht, weiß ich alles Wichtige.

Ich bin immer noch total sauer auf Logan, am liebsten würde ich ihm in die Eier treten. Was er getan hat, hat mich sehr getroffen. Ich brauche einfach etwas Zeit um selber für mich rauszufinden, ob ich ihm eine zweite Chance geben soll oder nicht. Mein Herz hat seine Entscheidung bereits getroffen. Nur mein Kopf hängt etwas hinterher.

Kurz nach Mitternacht höre ich Phils Auto auf die Auffahrt fahren. Sofort springe ich auf und hechte die Treppe hinunter. Beinahe kollabiere ich mit Harper.

Diese zuckt erschrocken zusammen und gibt einen spitzen Schrei von sich. „Was in Gottes Namen machen Sie hier! Es ist schon spät." Sie mustert mich mit vorwurfsvollen Augen von Kopf bis Fuß. Die Frage ist doch eher, was sie um diese Uhrzeit noch hier macht. Meiner Meinung nach arbeitet sie viel zu viel. „Und dann in diesen Klamotten!"
Ich bin komplett in schwarz gekleidet. Es hat einige Minuten gekostet, bis ich überhaupt ein einfarbiges Teil gefunden habe. Wenn ich ehrlich bin, ist schwarz total untypisch für mich, weshalb ich ihre Reaktion vollkommen nachvollziehen kann.

„Ich muss nochmal los", sage ich etwas zu hastig.

„Bitte sagen Sie mir nicht, dass sie in Schwierigkeiten stecken."
Es ist herzzerreißend, wie sehr sie sich um mich sorgt, wenigstens eine Person in diesem Haus.

„Nein, wirklich nicht, aber ich treffe mich mit Freunden, wir... gehen in einen Club."

Harper mustert mich zweifelnd. „In diesen hässlichen Klamotten?

Ich liebe ihre direkte Art. „Ja, es ist eine Mottoparty."

Mittlerweile müssen schon einige Minuten vergangen sein, in denen Logan und die Anderen auf mich warten.

„Sowas gab es zu meiner Zeit noch nicht, aber dann viel Spaß bei der... Mottoparty." Sie wirkt nicht, als würde sie mir glauben, aber das ist mir im Moment völlig egal.

„Danke, bitte sage meinen Eltern nichts, falls die beiden im Haus sind."

Harper zwinkert mir hinterhältig zu. „Natürlich nicht."

So schnell wie möglich schleiche ich auf lautlosen Füßen durchs Haus. Es ist wie so oft gespenstisch still. Sobald ich ins freie trete, pfeift eine frische Brise durch meine Haare. Für einen kurzen Augenblick schließe ich meine Augen und atme tief ein. Die Luft riecht nach Stadt, aber es ist trotzdem ein Hauch von Kiefernwald dazwischen. Sofort ist mein Körper neu aufgetankt, als hätte ich eine Ladung Energie eingenommen.

Das laute Geräusch einer Hupe holt mich aus den Gedanken. Ich zucke erschrocken zusammen. Ich realisiere noch garnicht richtig, was wir gleich machen werden. Ich gehe normalerweise Problemen aus dem Weg und laufe nicht direkt auf sie zu. Heute Nacht breche ich bei einem der einflussreichsten Personen des Untergrunds Washingtons ein. Wie zum Teufel konnte es so weit kommen?

„Kommst du?", ruft Kessi, versucht dabei aber so wenig Lärm wie möglich zu verursachen.

„Komme!" Mein Puls schlägt reflexartig in die Höhe. Seit Freitag habe ich Logan nicht mehr gesehen oder gesprochen. Das kann spannend werden.

Am Auto angekommen, rutsche ich auf die Rückbank. Natürlich müssen Kessi und Phil vorne sitzen, sodass Logan direkt neben mir verweilt. Super. „Hey, seid ich schon aufgeregt?"

„Ich? Niemals." Phil tut immer einen auf harten Mann, hat aber einen weichen Kern. Man sieht ihm an, wie sehr auch bei ihm die Pumpe geht.

„Natürlich", necke ich und zwinkere Phil zu.

Kessi dreht sich zu mir um. „Er redet seit Tagen von nichts anderem mehr. Also glaube ihm kein einziges Wort, ich wundere mich nicht, wenn er sich gleich in die Hose pisst."

Ich lache auf und versuche dabei nicht nach rechts zu blicken. Zu Logan. „Alles andere wäre auch nicht normal."

Auf der ganzen Fahrt spüre ich seine Anwesenheit neben mir wie ein Tornado. Er scheint Hitze auszustrahlen, anders kann ich mir mein plötzliches Schwitzen nicht erklären. Gleichzeitig will ich am liebsten aus dem Fenster springen. Es tut auf komische Weise weh, so nahe neben Logan zu sitzen und dabei zu wissen, dass er Meilen weit von mir entfernt ist. Die Blicke, die er mir ununterbrochen zuwirft, spüre ich deutlicher als alles andere. Seine Augen scheinen sich wie Laserstrahlen in meine Haut zu graben.

„So, da sind wir." Kessi zieht die Worte theatralisch in die Länge. Was haben wir uns bei dieser hirnrissigen Idee nur gedacht.

„Wollen wir den Plan nochmal durchgehen?" Es ist das erste Mal, seitdem sich das Auto in Bewegung gesetzt hat, dass Logan etwas sagt. Wie ich seine Stimme vermisst habe!

„Klar", sagt Phil, stellt den Motor aus und dreht sich zu uns um. „Oscar ist bis ein Uhr nicht da. In der Zeit brechen wir in den Keller ein, verstecken das Abhörgerät und die kleine Kamera, und danach verschwinden wir so schnell wie möglich. Wenn alles gut geht, sind wir in Zehn Minuten wieder draußen. Fragen?"

Stille, keiner sagt etwas. Die Anspannung ist im gesamten Auto spürbar.

Phil nickt uns zu. „Dann lasst uns rein gehen."

Frische Luft weht mir durchs Haar. Kessi und Phil laufen schon vor, während Logan mich am Arm zurückhält und intensive in die Augen schaut. Im selben Moment vergesse ich zu Atmen. Trotzdem sammele ich mich schnell wieder.

„Lass mich los" flüstere ich drohend, und entziehe ihm meinen Arm.

„Können wir bitte kurz reden? Sonst drehe ich da drinnen noch durch, Scar." Seine Stimme hört sich total fertig an.

„Jetzt? Ein beschisseneres Timing hättest du dir echt nicht aussuchen können."

„Bitte", fleht Logan. Fast hätte ich nachgegeben. Fast.

„Gib mit Zeit, das ist alles was ich will. Und jetzt lass uns diesen Abend hinter uns bringen."

Logan nickt mir unzufrieden zu und blickt auf den Boden, als könnte er mich nicht anschauen. „Wie du willst. Aber pass heute Nacht auf dich auf. Wenn dir was passiert, kann ich mir das niemals verzeihen."

Sein Geständnis macht mich irgendwie sprachlos. „Wieso solltest du dich schuldig fühlen? Du hast doch nichts getan."

Logan lächelt mich verbittert an. „Doch, wenn wir uns nicht kennengelernt hätten, dann wärst du heute auch nicht hier. Aber so selbstlos wie ich bin, würde ich nichts ändern, was in der Vergangenheit passiert ist, wenn wir uns dann nicht kennen gelernt hätten."

Ohne auf eine Antwort zu warten, wendet er sich von mir ab und Folgt den Anderen. Etwas verblüfft bleibe wie ich angefroren stehen. Er macht es mir echt schwer, sauer auf diesen Idioten zu sein.

Damit ich die anderen nicht aus den Augen verliere, folge ich ihnen ins Innere des Hauses. Wie sonst auch stinkt es nach Gras und Zigaretten. Den Duft erkenne ich überall wieder. Es erinnert mich an Oscar, weshalb ich am liebsten auf der Stelle kotzen würde.

Mit leisen Schritten schleichen wir uns durch den engen Flur. Auch wenn es mittlerweile spät ist, könnte jeden Moment jemand um die Ecke laufen und unsere Gruppe auf frische Tat erwischen. Mein Herz schlägt so laut, dass man es wahrscheinlich bis in die Privaträume hören kann.

„Los, hier runter." Wahrscheinlich ist es reine Einbildung, aber ich meine ein leichtes Zittern zu hören, das durch Kessi's Stimme geht.

Mit geschickten Handgriffen öffnet sich die Tür und macht freie Sicht auf eine steile Treppe, die in einen tiefen Keller führt. Ich komme mir wie im Film vor.

„Dann mal los, wird schon alles gut gehen." Dabei weiß ich nicht, ob ich die anderen mit meinen Worten überzeugen möchte, oder mich selbst.

Out Of The BlueWo Geschichten leben. Entdecke jetzt