Out Of The Blue

Kapitel 42

Ich habe den Film Die Schöne und das Biest vor vielen Jahren mit meiner damaligen Freundin Mona im Kino geguckt. Sie ist nach Oklahoma gezogen und seitdem haben wir keinen Kontakt mehr. Wir waren zwar nie beste Freundinnen, gut verstanden haben wir uns aber dennoch. Früher habe ich für ihren älteren Bruder Sean geschwärmt, was ich Mona natürlich verschwiegen habe. Er war 20 und ich 15, also reine Träumereien.

Seit meiner Kindheit liebe ich Disney. Ich wollte immer eine der Charaktere sein und habe mich in die schönsten Kleider geschmissen. Mein größter Traum ist daher, eines Tages ins Disneyland zu fahren, was ich bisher noch nicht geschafft habe, weil meine Eltern jedes Mal wenn ich dieses Thema angesprochen habe, argumentierten, dass ich zu alt sei. Man ist niemals zu alt für Disneyland!

Logan und ich haben uns gegen die Bettlehne gesetzt, während sich Hannah und Spencer am vorderen Ender breit gemacht haben.
Vom Film bekomme ich aber kaum etwas mit. Ich sitze so dicht an Logan's Körper, dass ich jeden seine Atemzüge spüre, als wäre es mein eigener. Und anstatt auf Distanz zu gehen, rutsche ich noch näher in seine Richtung. Mein Puls rast. Ich wette um mein gesamtes Erspartes, dass auch Logan meine Aufregung fühlen kann. Die Frage ist, warum ich überhaupt aufgeregt bin?

Aus dem Nichts spüre ich eine federleichte Berührung am kleinen Finger. Es ist dieselbe Berührung wie am Strand, nur dass wir gerade sitzen anstatt im warmen Sand zu liegen. Angestrengt versuche ich nicht nach rechts zu schauen. Ich muss mich echt anstrengen.

Logan's Finger wandern immer weiter meinen Körper hinauf, bis unsere verschlungenen Hände auf meinem Bauch liegen. Der dünne Stoff vom Top ist nach oben gerutscht, den Logan mit geübten Handgriffen noch weiter nach oben schiebt und unsere Hände auf meinen Bauch legt. Dabei zieht er mit seinem Daumen Kreise um meinen Bauchnabel. Holy Shit!

Augenblicklich breitet sich eine Gänsehaut aus, die meinen gesamten Körper beansprucht. Logan scheint meine Reaktion nicht zu entgehen und schmunzelt leicht. Nicht eingebildet oder arrogant, nein, es ist... pures Glück und Freude.

Damit die Situation nicht noch peinlicher wird, verstecke ich meine andere zittrige Hand unter der Decke.
Hannah und Spencer konzentrieren sich angestrengt auf den Film, der wer weiß wann zu Ende ist. Bitte noch nicht in naheliegender Zeit.

Meine eigenen Gedanken erschrecken mich. Ich hatte noch nie so ein großes Verlangen danach, von jemandem berührt zu werden.

Wenn Spencer und Hannah nicht hier wären, dann hätte ich mich wahrscheinlich schon auf Logan gestürmt, auch wenn sowas total untypisch für mich ist. Außerdem bin ich noch Jungfrau. Seit Jahren schwöre ich mir auf den richtigen Mann und Moment zu warten, aber egal ob Logan der Richtige ist oder nicht, ich habe mich in ihn verliebt und diese Erkenntnis macht mir schreckliche Angst. Das ist einer der Gründe, weshalb ich mich heute Abend nicht zurückhalten würde, denn ich will ihn. Leider sind zwei Kinder bei uns.

Gegen Ende des Abends haben wir noch eine Runde Activity gespielt, wobei die kleinen mich und Logan haushoch besiegt haben. Um 11 Uhr packt Logan das Spiel zusammen. Ich stehe mit eingeschlafenen und tauben Beinen auf und trete bei jedem Schritt in Chips oder Salzstangen, die auf dem ganzen Teppich verteilt sind.

"Können wir noch einen Film gucken?", fragt Hannah, und klammert sich dabei um den Arm ihres Bruders, der die Augen verdreht. Diese Geste ist so typisch für Logan und irgendwie niedlich, dass ich mir mein Grinsen nicht verkneifen kann.

„Ihr geht jetzt ins Bett und könnt dort meiner Meinung nach noch eine CD hören, aber den Rest müssen wir auf morgen verschieben. Wenn Mom erfährt wie lange ihr wach geblieben seit, bringt sie mich um, außerdem müssen Scar und ich noch rüber in Mrs. Anson's Wohnung."

Drei Augenpaare ruhen auf mir. „Was wollen wir da?"

Logan schmunzelt. „Blumen gießen, was sonst?"

Ich hätte mit jeder Antwort gerechnet aber nicht mit dieser. „Blumen gießen?"

„Ja, die alte Frau ist im Urlaub und ich soll mich um ihre Pflanzen kümmern."

Hannah zieht eine ihrer kleinen Augenbrauen hoch und verschränkt provokant die Arme vor der Brust. „Du warst noch nicht einmal drüben, Logan. Mom hat das immer gemacht. Seit Fünf Wochen!"

Logan straft Hannah mit finsteren Blicken. „Siehst du Mom hier irgendwo? Nein. Also gehen wir jetzt rüber und ihr macht euch Bettfertig. Wenn wir zurück sind, liegt ihr unter der Decke, verstanden?"

Nun muss auch Spencer schmunzeln. Wahrscheinlich denkt sie an dasselbe wie ich. Diese Geschwisterliebe kennen wir zu gut, ein schmaler Grat zwischen hassen und lieben.

„Na gut, aber morgen gucken wir noch einen Film." Hannah wirkt zum Glück nicht zu sehr verletzt.

„Klar, und jetzt los."

Die Kinder verschwinden und lassen mich alleine mit Logan zurück. Meine Aufregung steigt mal wieder ins Unermessliche.

„Dann mal los." Er streckt mir seine Hand entgegen, die ich nach kurzem Zögern ergreife und folge ihm ins stille Treppenhaus. Meine Hand steht dabei unter Strom. Es ist gespenstisch ruhig um diese Uhrzeit. Anscheinend wohnen hier nicht viele Jugendliche, die am Wochenende nachts von einer Party betrunken nach Hause kommen, wie es bei Mona früher immer der Fall war. Sie hat nur wenige Minuten von hier entfernt gewohnt.

Logan und ich gehen Hand in Hand zwei Stockwerke nach oben und bleiben vor einer mit Blumen geschmückten Tür stehen. Die Wohnung sieht im inneren genauso bunt wie auch chaotisch aus. Im Gang stehen mehrere Blumensträuße und die Wand ist mit augenkrebserregender Deko geschmückt. Typisch Rentner eben.

Logan hat nicht gelogen, die Frau besitzt mehr Pflanzen als ich Kleidungsstücke, was man erstmal schaffen muss.

Doch anstatt nach der Gießkanne zu greifen, zieht Logan mich am Habdgelenk dicht an seine Körper. Diese plötzliche Bewegung kommt so überraschend, dass ich laut nach Luft schnappe. Zwischen uns befindet sich nur noch wenig Distanz. Ohne lange nachzudenken, überbrücken wir gleichzeitig die letzten Zentimeter und unsere Lippen treffen aufeinander. Mit ihnen explodiert ein Feuerwerk in meinem Magen.