Ein Ausblick und ein Blick zurück

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An diesem Abend klopfte es an Snapes Büro. Der düstere Tränkemeister öffnete und trat einen Schritt zurück, um den Schulleiter herein zu lassen.
Severus Snape war kein Mann großer Worte und er kam sofort zum Wesentlichen. "Und? Was ist Ihre Meinung?"
Dumbledore blickte ihn ernst an "Harry Potter macht den Anschein eines durch und durch liebenswerten, intelligenten und wohlerzogenen Jungen."
Snape hatte gelernt, genau hinzuhören, wenn es um seinen Vorgesetzten ging. „Den Anschein?", fragte er.
Noch immer ungewohnt ernst, zog der Schulleiter den Brief hervor, den die Dursleys ihm gegeben hatten. "Der Junge ist eine kleine Schlange, Severus."
Der Doppelagent las den Brief, legte die Stirn in ungläubige Falten und las erneut. Zuletzt strichen seine blassen Finger über das perfekte Siegel von Hogwarts. "Das hat der Junge geschrieben? Wer hat ihm geholfen?"
"Niemand, fürchte ich", flüsterte Dumbledore ahnungsvoll. "Ich muss kaum erwähnen, dass er mit diesem Schreiben die Wünsche und Schwächen seiner Verwandten messerscharf gegen sie richtete."
Schweigend starrte der Spion auf das Meisterwerk einer Fälschung aus der Hand eines Zehnjährigen.
„Wie hat er die magische Signatur des Siegels gefälscht? Nur jemand, der über die Berechtigung verfügt, ist in der Lage, das Siegel korrekt auszuführen."
Dumbledore schüttelte sinnend den Kopf. „Ich habe nicht die geringste Ahnung." Er setzte sich an Severus Tisch und beschwor eine Teetasse herauf. Fragend blickte er den Tränkemeister an. „Möchtest du auch?"
Snape ignorierte ihn. Leise lächelnd fuhr Dumbledore mit seinem Bericht fort. „Bei Ollivander konnte er jeden Zauberstab verwenden. Jeder einzelne von ihnen leuchtete auf, als der Junge ihn berührte. Er kann seine Magie anpassen, Severus. So, wie es die Zauberer aus alten Zeiten getan haben sollen."
Der Tränkemeister fuhr von dem Stuhl hoch, auf dem er sich niedergelassen hatte.
"Das ist unmöglich!"
Langsam schüttelte Dumbledore den Kopf. "Das ist es ganz und gar nicht. Garrick war genauso fasziniert wie ich."
„Das kann ich mir vorstellen", kommentierte Snape trocken.
Ein Funkeln trat in Dumbledores helle Augen. „Er wusste bereits von seinen Kräften, Severus. Und er gebrauchte sie bereits. Ich denke, du kannst dich auf Zuwachs für dein Haus einstellen."
Mit raschelndem Umhang begann der Tränkemeister in seinem Büro auf und abzugehen. "Das geht nicht, Albus! In Slytherin kann ich ihn nicht schützen, ohne meine Position zu gefährden. Bei all den Söhnen und Töchtern von Todessern ist der Junge hier nicht sicher!"
Langsam wiegte Dumbledore den Kopf. Er hat seine Verwandten in annehmbare Menschen verwandelt, weißt du? Ich denke, er wird sich ganz gut zu helfen wissen."
Snape gab ein kaltes Lachen von sich. "Petunia Dursley? Nicht in diesem Leben!"
"Du hättest sie sehen sollen", sagte Dumbledore leise, aber voller Achtung. "Der Junge hat die Fähigkeit, Menschen zu verändern. Die armen Jungen und Mädchen in seinem Haus werden kaum wissen, wie ihnen geschieht."
Snape blieb stehen und der Blick seiner dunklen Augen fand den Dumbledores. "Und was unterscheidet ihn dann von dem Mann, dem ich das Mal auf meinem Arm zu verdanken habe?"
Dumbledores Lächeln verblasste. Er brauchte ungewöhnlich lange für eine Antwort. "Ich habe keine Spuren von Grausamkeit oder Hass an Harry bemerkt, Severus."
Der Professor für Zaubertränke wrang die Hände. "Haben Sie diese Spuren gesehen, als Sie Tom Riddle damals aus dem Waisenhaus geholt haben?"
Blaue Augen trafen auf schwarze. „Ja, das habe ich", antwortete Dumbledore bestimmt.
Etwas verhärtete sich in Snapes Gesicht und seine Muskeln spannten sich an. In seinen Augen spiegelten sich die Schatten seiner Vergangenheit. „Und Sie sind sich sicher?", fragte er scharf. „Sie können ohne zu zögern für den Jungen bürgen? Trotz all der Dinge, die Sie beobachtet haben?"
Ein Ausdruck von Trauer schlich sich auf Dumbledores Gesicht. „Es gibt auch Menschen, bei denen ich blind war", flüsterte er schließlich. „Und es ist nicht so, als wenn ich mir Harrys Fähigkeiten erklären könnte."
Genugtuung zuckte um Snapes Lippen. „Das heißt, Sie geben mir recht", stellte er fest. „Der Junge sollte beobachtet werden."
Langsam holte der alte Schulleiter Luft und das Lächeln kehrte auf seine Züge zurück. „Wenn du ihn beobachten möchtest, so tu dir keinen Zwang an." Er schmunzelte. „Ich muss zugeben, ich selbst wäre allzu neugierig, ein paar seiner Geheimnisse zu enthüllen."
Severus schnaubte. „Sie sehen immer das Gute in allen Menschen, Albus!"
Dumbledores blaue Augen funkelten. "Und ich freue mich über jedes Mal, wenn sich bestätigt, dass ich recht hatte."

XXX

Im Ligusterweg Nummer 4 saß ein scheinbar elfjähriger Junge an seinem Schreibtisch und las. Seine Augen flogen über die Zeilen, während er abwesend die neben ihm dösende Schlange streichelte. Längst war das letzte Tageslicht der Nacht gewichen, doch Salazar vermochte es nicht, sich von seiner Lektüre zu lösen.
Langsam verstand er in Grundzügen, wie in der heutigen magischen Welt Magie gewirkt wurde. Die Hexen und Zauberer hatten sich nicht nur auf einen Fokus geeinigt und diesen in der Herstellung perfektioniert, sondern sie hatten jeden Spruch und jede Geste vereinheitlicht und durchkomponiert. Was sie dadurch gewonnen hatten, war eine Magie, die berechenbar geworden war. Salazar war es gewohnt, Rituale mit Runen durch zu kalkulieren und diese auf seine Bedürfnisse anzupassen. Dadurch, dass heutzutage jeder einzelne Zauber vereinheitlicht worden war, ließen sie sich alle verwenden, wie die Runen in seiner Zeit. Nur dass die Möglichkeiten hundertfach komplexer geworden waren, als es ein einziges Runenalphabet ermöglicht hätte. Mit einem Mal verstand er, wie es möglich war, komplexe, sich bewegende Bilder zu erzeugen, oder sogar Süßigkeiten zu verzaubern, sodass sie von Eigenleben erfüllt schienen. Vereinheitlicht wie sie waren, ließen sich heutige Zauber aufeinander anpassen, wie es niemals zuvor denkbar gewesen war. Die Folge war, die Option, komplexeste Zauber neben- und übereinander zu wirken und so etwas gänzlich Neues zu schaffen. Er war beeindruckt. Die schiere Bandbreite an Möglichkeiten ließ ihn schwindeln.
Was den heutigen Zauberern dabei verloren gegangen war, war jedoch das Grundverständnis für reine, ungebündelte Magie. Wer eine Gleichung hatte, mit der er rechnen konnte, musste nicht mehr das System verstehen, auf dem sie gründete. Und so war das Verständnis für Magie, so wie er es kannte, verloren gegangen.
Er schmunzelte, als er das Buch beiseite legte und nach einem neuen griff. Es schien, als würde er tatsächlich diesen neuen Umgang mit der Magie genau so lernen müssen, wie jeder andere Erstklässler. Er warf Smaragd einen sinnenden Blick zu. Die Schlange hatte die Augen geschlossen und war ein Bild der Entspannung. Noch immer hatte er nicht verstanden, wie es möglich war, dass sie ihre jetzige Form nach all den Jahren noch beibehalten konnte. Würde er eines Tages wieder neben einem Stofftier aufwachen? Der Gedanke schmerzte. Er wünschte, er könnte es sagen. Dann wäre er wenigstens darauf vorbereitet. Das gehörte zu den vielen Dingen, die er noch zu lernen hatte.

Das nächste Buch, das er in die Hand nahm, war ein schwerer, in rotes Leinen gebundener Wälzer. Der Titel schimmerte ihm in verheißungsvoller Goldprägung entgegen: „Die Geschichte von Hogwarts" Sacht strich er über den Einband. Ja, er wusste, dass Hogwarts noch stand. Dumbledore hatte ihm einiges darüber erzählt, wie die Schule heutzutage funktionierte. Aber eine Geschichte des Schlosses, ihres Schlosses, in Händen zu halten, war etwas gänzlich anderes. Es dürstete ihm danach zu verstehen, wie es der Schule, ihrem Lebenswerk, im Wandel der Zeiten ergangen war. Mit pochendem Herzen blätterte er durch die ersten Seiten.

Wenig später begannen seine Hände zu zittern und seine Augen füllten sich mit Tränen des Zorns. Die Lampe über ihm begann zu knistern und erlosch schließlich ganz. Smaragd blickte auf und warf ihm einen besorgten Blick zu.
Ruckartig erhob sich Salazar und warf das Buch mit voller Wucht gegen die Wand. Was hatten sie aus seinem Namen gemacht? Er, der Dunkle unter den Gründern? Der Muggelhasser? Sein Haus, ein Haus von gewissenlosen Schwarzmagiern?! Er konnte von Glück sagen, dass die Kobolde ihre eigene Geschichte durch die Zeit weitergegeben hatten. Um Haaresbreite hätte er sich mit seinem Geständnis jeden Weg in Gringotts verbaut!
Es war klar, dass er niemandem verraten durfte, wer er eigentlich war. Er könnte schneller in Askaban landen, als ihm lieb war. Grollend hob der wiedergeborene Zauberer sein mitgenommenes Buch vom Boden auf. Wie von selbst fanden seine Augen wieder die lügenhaften und doch so wahren Zeilen. Durch die ausgefallene Lampe war es zu dunkel, um genaueres zu erkennen, doch die Buchstaben hatten sich wie Zähne aus Feuer tief in ihn hinein gebrannt.

„Nach einem heftigen Streit über die Fragen nach der Vorherrschaft der Reinblüter und ob Muggelgeborene in Hogwarts unterrichtet werden sollen, verließ Salazar Slytherin die Schule. Dies leitete das Ende der goldenen Ära von Hogwarts ein."

Immer wieder las Salazar die Sätze, bis sie begannen, vor seinen Augen zu flimmern. "Nichts haben sie behalten", flüsterte er an Smaragd gewandt. "Nichts außer das."
"Ich weiß nicht, worum es geht", antwortete die Schlange leise. "Aber egal was passiert ist, das hast du nicht verdient."
Dankbar streichelte Salazar über die glatten Schuppen des Tieres. Er ließ sich ins Bett fallen und Smaragd ringelte sich tröstend auf seiner Brust zusammen. Lange starrte er bewegungslos an die Decke seines Zimmers. Dann holte er seinen Zauberstab aus Stechpalme hervor und betrachtete ihn prüfend im einfallenden Mondlicht. „Hast du es gewusst?", raunte er in die Stille. „Hast du geahnt, mit welchen Widerständen ich zu kämpfen haben würde?"
Ein einzelner roter Funken löste sich und wirbelte durch die Dunkelheit.

XXX

Er musste eingeschlafen sein, denn als er die Augen aufschlug, war die Welt ringsum in weißen Nebel getaucht. Er kannte diese Welt. In einem Moment seiner frühen Kindheit hatte er in diese Welt wie in einem Spiegel geblickt und darin sich selbst gesehen. Er wusste, dass sich aus dem Nebel Orte formen konnten, dass er sich den Gedanken jener anpasste, die ihn passierten. Dass es ein Zwischenort war, von dem man weitergehen konnte.

Oder wie in seinem Fall zurückkehren.

Er wusste nicht, wie man diesen Ort heute nannte.
Für sich kannte er nur einen Namen

Die Anderswelt.

Zwei schlanke Gestalten schritten Seite an Seite auf ihn zu. Ihre Umrisse waren schmerzhaft vertraut. Selbst von Weitem hätte er sie überall wiedererkannt. Er eilte ihnen entgegen.
Endlich gab der Nebel die vertrauten Gesichter frei. Zwei Frauen, beide von altersloser Schönheit. Die eine mit schwarzen, glänzenden Haar und umgeben von einem Geheimnis, das nie ganz zu greifen war. Sie war groß und schlank. Eine Robe aus blauem Samt umfloss ihre Gestalt und blaue Augen wirkten, als enthielten sie sämtliches Wissen dieser Welt. Die Frau an ihrer Seite war klein und zierlich. Rotblondes Haar war zu einem praktischen Zopf zurückgebunden und ein warmes Lächeln lag auf den braungebrannten Zügen. Sie trug ein einfaches Kleid in braun, orange und grün und der Blick ihrer grünen Augen war voll Sanftheit und Wärme.
„Salazar!", rief sie und rannte auf ihn zu.
Es war ganz wie früher. Ihr Kopf lehnte an seiner Brust und ihr vertrauter Duft nach Kräutern und Blumen umfing ihn. In einem Moment der Überraschung bemerkte er, dass er seinen alten Körper, seine alte Größe wieder hatte. Sanft legte er die Arme um Helga und erwiderte die freundschaftliche Umarmung. Die Gründerin Hufflepuffs hatte sich nicht verändert. Wie schon früher warf sie alle Regeln und gesellschaftliche Normen über Bord, um das zu tun, was sie für richtig hielt. Im Laufe der Zeit hatte er sich daran gewöhnt und diese Eigenart zu schätzen gelernt.
Rowena hingegen, hatte ihre adelige Herkunft niemals abgelegt.
Die Gründerin von Ravenclaw neigte den Kopf und grüßte ihn mit funkelnden Augen. „Es ist eine Weile her, Salazar."
Wie sehr hatte er diese beiden Frauen vermisst, wie sehr sich nach ihrer Gesellschaft verzehrt.
Unwillkürlich suchte er weiter, hielt Ausschau nach dem dritten vertrauten Gesicht, das in dieser Runde fehlte.
„Godric ist nicht hier", sagte Helga bedauernd und löste sich von ihm.
„Nicht hier?", fragte er und suchte in ihren warmen, grünen Augen nach einer Antwort.
„Es war nicht sein Schicksal dich in deinen Träumen aufzusuchen", antwortete Rowena und die Weisheit der Seherin, die sie war, leuchtete aus ihren Augen.
„Aber euer Schicksal ist es?", fragte Salazar.
Helga biss sich auf die Lippe. „Kurz nachdem du ... fort warst, hatte Rowena eine Vision. Sie sah, dass du zurückkehren würdest, um gegen einen Zauberer ohne Namen zu kämpfen." Sie lächelte traurig. „Meine Seele konnte schon zu Lebzeiten dorthin wandeln, wohin andere nie gelangen. Im Tod blieb mir diese Fähigkeit erhalten. Deswegen sind Rowena und ich hier." Er wusste, wovon sie sprach. Helga hatte schon früher bewiesen, dass sie auch Menschen zurückholen konnte, die die Schwelle des Todes bereits überschritten hatten. Nicht umsonst war sie als Heilerin eine Berühmtheit gewesen.
"Ihr seid also hier, um mich zu warnen?", fragte Salazar.
„Rowena ist hier, um dich zu warnen. Ich bin hier, um dich zu sehen", antwortete Helga lächelnd.
Rowenas Augen nahmen einen abwesenden Ausdruck an. „Der Zauberer ohne Namen kann nur durch dich, doch auf zwei Arten besiegt werden. Ein Weg führt durch den Traum, der andere durch die Nacht. Ein Pfad bringt Versöhnung, der andere Vernichtung."
Salazar merkte sich die Zeilen genau. „Was glaubt ihr, was die Worte bedeuten?", fragte er schließlich.
„Wir denken nicht, dass Voldemort jemals besiegt wurde", antwortete Helga. „Er ist irgendwo dort draußen und versucht erneut, an die Macht zu kommen. Sollte ihm sein Vorhaben gelingen, dann möge Dagda uns beistehen. Wenn du dich ihm schon jetzt in den Weg stellst, können viele Tode verhindert werden."
„Es ist dein Schicksal gegen ihn zu kämpfen", ergänzte Rowena. „Doch scheinbar gibt es mehrere Wege, wie dieser Kampf aussehen kann. Und was das Ergebnis dieser Auseinandersetzung sein wird, bestimmst du ganz allein."
„Na, herrlich", sagte Salazar trocken. „Ihr wollt mir also sagen, dass die Zukunft der Zaubererwelt in meiner Hand liegt?"
„So in etwa", murmelte Helga unwillig und wirkte, als wollte sie Salazar trotz ihrer geringen Größe hinter sich zerren und vor allen Gefahren dieser Welt beschützen.
Rowena lächelte. „Ist die Welt bei dir nicht in guten Händen?"
Salazar schnaubte. „Die Welt retten? Ihr wisst schon, dass ich damit beschäftigt bin, sie erst einmal zu verstehen? Nach allem, was ich weiß, ist die heutige Regierung eine Katastrophe! Magische Wesen haben keinerlei Rechte! Mich selbst hat man zu einer Galionsfigur dieser kuriosen Reinblüter-Ideologie gemacht! Wie soll ich da noch einen bösartigen Zauberer besiegen?"
Rowena schmunzelte. „Als wenn dich deine anderen Vorhaben lange beschäftigt halten würden."
„Genau", stimmte ihr Helga mit einem neckischen Grinsen zu. „Der Ränkeschmied, der dich in die Tasche steckt, muss erst noch geboren werden."
Salazar starrte sie an. „Bei euch als Freunden braucht man wahrlich keine Feinde mehr."
Rowenas Augen blitzten. „Du hast selbst gewählt."
Salazar brummte etwas Unverständliches.
Helga fasste seine Hände und ihr Blick wurde sanft. „Wir sind alle bei dir, Salazar. Du bist nie allein. Vergiss das nicht. Auch wenn wir nicht neben dir stehen, um dir das zu sagen. Wir würden es niemals von dir verlangen, wenn es nicht von größer Wichtigkeit wäre. Auch und vor allem für die Menschen, die du eines Tages lieben wirst." Plötzlich glitzerten Tränen in ihren Augen. „Dein eigenes Glück ist davon abhängig, Salazar ... und wenn es einen Weg gibt, dass du diesmal nicht ..." Sie wandte den Blick ab und wischte sich über die Augen.
Rowena blickte ihn ernst an. "Die Welt mag vergessen haben, wer du wirklich bist, aber sie wird sich erinnern. Und das sage ich nicht als Seherin, sondern als Freundin, die die Ehre hat, dich kennen zu dürfen."
Seine Stimme klang rau, als er antwortete. „Ich danke euch beiden."
Beide Frauen nickten.
„Es ist an der Zeit", sagte Rowena. Ihr Widerwille ihn allein zu lassen, war selbst durch ihre beherrschte Haltung spürbar.
Helga zog ihn noch einmal in die Arme. „Ich wünsche dir alles Glück der Welt, Salazar. Wenn du in die Anderswelt kommst, ohne dein Glück gefunden zu haben, verprügele ich dich höchstpersönlich mit meiner Bratpfanne!"
"Allerdings nicht, bevor ich dich bewegungsunfähig geflucht habe", fügte Rowena mit einem feinen Lächeln hinzu.
„Das kann ich natürlich nicht zulassen", erwiderte der wiedergeborene Zauberer sanft.
Die zwei Hexen und der Zauberer tauschten Blicke, in denen all die Wärme und Freundschaft lag, die sie füreinander empfanden. Noch während Salazar die beiden Freundinnen anblickte, legte sich Nebel um ihre Gestalten und bald schon verschwanden sie vor seinen Augen.

Als Salazar in seinem kindlichen Körper erwachte, schwammen Tränen in seinen Augen.

XXX

Eine Tür öffnete sich leise und er hörte Petunias Stimme. „Darf ich hereinkommen, Harry?"
Hastig wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht. „Natürlich, Petunia."
Seine Tante tat ein paar unsichere Schritte auf ihn zu und setzte sich schließlich neben ihn auf das Bett. „Du wirkst aufgelöst. Ist alles in Ordnung mit dir?"
Er bemühte sich um ein Lächeln. „Ich habe nur schlecht geschlafen." Erwartungsvoll blickte er seine Tante an. „Kann ich etwas für dich tun?"
Seufzend schüttelte Petunia den Kopf. Einen Moment schien sie mit sich zu ringen, dann fanden ihre hellen Augen die von Salazar. „Ich möchte mich bedanken", sagte sie leise.
„Bedanken?", fragte der wiedergeborene Zauberer sanft. „Wofür?"
Petunias Blick schweifte zur Zimmerdecke. „Ich habe deine Mutter immer beneidet", sagte sie leise. „Sie war schön, klug, talentiert, beliebt und zu allem Überfluss konnte sie auch noch zaubern. Und ich ... ich fühlte mich weniger wert ... ausgeschlossen ... weißt du?" Sie blickte Salazar nicht an. „Aber in den letzten Jahren kam mir der Gedanke, dass es ihr vielleicht ähnlich ging. Sie, die einzige die anders war, die das Jahr auf einem Internat verbrachte und nur in den Ferien Zuhause war, während ihre Familie weiterhin gemeinsam lebte. Sie entfremdetet sich von uns, es ging gar nicht anders. Vielleicht fühlte sie sich deswegen auch ausgeschlossen?"
„Warum meinst du das?", fragte Salazar sanft.
„Sie brachte uns Geschenke mit, wenn sie von ihrer Schule zurückkehrte. Mum und Dad waren immer begeistert. Einmal schenkte sie mir eine Begonie ... die nicht verblühte." Sie biss sich auf die Lippen. „Ich habe sie weggeworfen. Als Lily es bemerkte ..." sie schüttelte den Kopf. Nun blickte sie Salazar doch an und er sah, wie viel Überwindung sie dieses Gespräch kostete.
„Seitdem du klein warst, hast du versucht, dazuzugehören. Das hat mich an sie erinnert. Und wir haben es dir nicht gerade leicht gemacht ..." Unbehaglich verlagerte sie ihr Gewicht auf dem Bett. „Es war schön, dass du uns mit in der Winkelgasse haben wolltest, dass du wolltest, dass wir verstehen ..."
Sie räusperte sich. „Ich wollte nur sagen, dass ich hoffe, dass du auf dieser Schule glücklich wirst. Und ... dass wir dein Zimmer hier für dich frei halten. "
Salazar griff nach ihrer Hand. „Danke, Tante Petunia", sagte er ehrlich.
Sie nickte erleichtert und barg seine Hand in der ihren.
„Bist du gleich fertig?", brummte Vernon von der Tür her. „Du bist nicht die einzige, die dem Burschen was zu sagen hat."
Er trat auf Salazar zu und tätschelte ihm unbeholfen die Schulter. „Auch wenn du nicht bei Grunnings anfängst, denke, ich, dass was aus dir werden wird, Junge. Selbst unter diesen ... magischen ... Leuten. Du hast einfach so etwas an dir."
„Warum sagt ihr nicht einfach, dass ihr ihn vermissen werdet!" Beim Klang von Dudleys Stimme zuckten Vernon und Petunia ertappt zusammen. Der blonde Junge ließ sich neben Harry auf das Bett plumpsen und blickte ihn besitzergreifend an. „Ich zumindest werde dich vermissen, Harry. Also wehe du schreibst nicht! Ich will alles wissen, was in dieser Zauberschule passiert! Und du musst mir Schokofrösche schicken! In jedem Brief!"
Salazar lachte. „Wird gemacht, Dudley.
Verlegen nickte Vernon in Richtung von Salazars Koffer. „Dann bringen wir den mal nach unten, was? Nicht, dass du zu spät kommst. Der erste Eindruck ist immer der wichtigste!"
Dudley sprang auf. „Ich will Harry auch verabschieden! Ich komme mit!"
Petunia erhob sich hastig. „Ich packe eben noch den Kuchen ein, den ich gebacken habe. Ihr seid sicher einige Stunden unterwegs?"
Auf ihrem fragenden Blick hin nickte Salazar. Mit einem warmen Gefühl schaute er auf die Menschen, die sich um ihn herum versammelt hatte. Es war nicht perfekt, aber es gab nur ein Wort um sie zu beschreiben.

Familie

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Ende von Teil 1. Im nächsten Kapitel geht es Hogwärts ...
Vielen Dank an alle, die diese Geschichte bisher begleitet haben.

Harry Potter und die Rückkehr des SchlangenlordsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt