Draußen rüttelte ein schneidender Wind gegen die Gemäuer von Hogwarts. Selbst in den Kerkern brannten die Fackeln unruhig in ihren Halterungen. Auf ein Klopfen hin öffnete Severus Snape die Tür und blickte herab auf den Jungen, der keiner war. Grüne Augen funkelten im dämmrigen Licht als Salazar Slytherin zu ihm hoch blickte. „Bist du bereit, Severus?"
Der Tränkemeister nickte. Er wusste nicht, was ihn erwartete. Doch er vertraute dem Gründer seines Hauses. Und wenn er dazu beitragen konnte, den dunklen Lord zu Fall zu bringen, dann würde er das tun.
Auf seine Worte wandte sich Lord Slytherin um. Seine Schülerrobe bauschte sich in der Bewegung. „Komm mit mir", raunte er.
Er führte Snape tiefer hinab in die Kerker. Sie erreichten ein Gewölbe, das mit dem Staub von Jahrhunderten bedeckt war. Silberne Schlangen verknoteten sich an der Decke zu einem kunstvollen Muster. Lord Slytherin gab ein Zischen von sich. In der Mitte des Raumes öffnete sich eine Falltür, die weiter hinab ins Dunkle führte. Grüne Lichter glühten auf, erhellten eine glänzende Treppe aus dunklen Obsidian. Etliche Windungen folgten sie ihr herab, bevor sie eine weitere Tür durchschritten und betraten eine gewaltige Halle. Grünes Licht fiel auf steinerne Schlangen und Staturen, doch vermochte es nicht, die gewaltige Kuppel über ihren Köpfen zu erhellen.
„Wo sind wir hier?", fragte Snape.
„Das hier", sagte Lord Slytherin und breitete die Arme aus, „ist die Kammer des Schreckens."
„Also ist es keine Legende", murmelte Severus.
Milde amüsiert winkte ihn Lord Slytherin tiefer in den Raum hinein. „Weißt du woher die Kammer ihren Namen hat? In Zeiten von Angst und Schrecken sollte es einen Ort in Hogwarts geben, an den sich die gesamte Schule zurückziehen kann. Hier schläft der Basilisk, dessen Aufgabe es ist, die Schüler vor Feinden zu verteidigen und von hier führen zahlreiche Notausgänge hinein in den verbotenen Wald." Er fing Snapes Blick auf. „Im Falle eines Angriffs ist die Kammer der letzte Rückzugsort dieser Schule.
Snape nickte, während er die neuen Informationen verarbeitete. „Dann war diese Kammer nie ein Geheimnis, nehme ich an?"
Sein Mentor schmunzelte. „Den letzten und wichtigsten Verteidigungspunkt der Schule vor Godric geheim halten? Ich bin nicht lebensmüde. Der Entwurf der Verteidigungsanlage stammt von ihm. Ich selbst war nur für die Inneneinrichtung zuständig. Die anderen waren der Meinung, ich sei darin unübertroffen, meinen Mitmenschen namenlosen Schrecken einzuhauchen."
Snape neigte den Kopf. Seine Mundwinkel zuckten. „Eine nicht zu unterschätzende Eigenschaft,"
„Du musst es wissen", stimmte ihm der Schlangenlord amüsiert zu.
Er zeigte auf einen Ritualkreis, der sich schimmernd vor ihnen aus dem Zwielicht löste. Silbrige Runen umringten den Außenkreis, der in einem blutigen Rot glänzte. „Das Blut ist mein eigenes. Es wird mir den Weg zurück in meinen Körper erleichtern, wenn das Ritual vollendet ist. Die Runen sind Zeichen der Bewegung, des Geistes und des richtigen Weges. Die meisten allerdings schützen vor verdorbener Magie." Grimmig lächelte er Snape zu. „Das Ganze wird wie folgt ablaufen: Wenn wir es uns im Kreis gemütlich gemacht haben, werde ich mich auf dein Mal konzentrieren. Das dunkle Mal ist eine Verbindung zu Voldemort. Ich werde mich auf diese Verbindung konzentrieren und ihr bis zum anderen Ende folgen. Das heißt, dass mein Geist meinen Körper verlässt. In dieser Zeit werde ich nicht ansprechbar sein und höchstwahrscheinlich einigermaßen leblos erscheinen." Er blickte Snape in die Augen. „Das ist eine Folge des Rituals und nicht weiter beunruhigend. Sollte ich bis zum Morgengrauen allerdings nicht zurückgekehrt sein, kannst du davon ausgehen, dass das auch nicht mehr geschehen wird. Dann kannst und sollst du den Kreis verlassen."
Snape hob die Augenbrauen. „Wie gefährlich ist ein solches Ritual? Ich habe nicht vor, Sie vor der Zeit zu beerdigen, Lord Slytherin."
„Jedes Ritual, das eine Trennung von Körper und Geist voraussetzt, birgt ein gewisses Risiko", antwortete der Schlangenlord. „Insbesondere, da ich hier einer Verbindung aus verdorbener Magie folge, die sich höchstwahrscheinlich zur Wehr setzen wird." Er lächelte beruhigend. „Doch bin ich niemand, der sein Leben leichtfertig aufs Spiel setzt. Ich genieße mein neues Leben und habe vor, es zu behalten. Dementsprechend kannst du mich beruhigt in ein paar Stunden zurück erwarten." Der wiedergeborene Zauberer ließ einige Kräuter in eine bereitstehende Raucherschalen fallen. Sofort breitete sich ein würziger Duft aus, der den Geruch von Staub und Moder vertrieb. „Was dich betrifft, Severus, ist mit keinen Komplikationen zu rechnen. Das dunkle Mal könnte etwas kribbeln, sobald es von meinem Geist berührt wird. Da die Verbindung zwar vorhanden, aber inaktiv ist, bleibst du von jedweden Nebeneffekten meiner kleinen Reise verschont, das versichere ich dir."
„Nun gut", sagte Snape und bezwang seine Nervosität. Rituale wie das, an dem er nun teilnehmen würde, waren im Gedächtnis der Zaubererwelt kaum noch vorhanden. Er wusste von vereinzelten reinblütigen Familien, die sich eine handvoll dieser Rituale bewahrt hatten, das Meiste jedoch, war dem Vergessen anheim gefallen. Ritualmagie, die oft Blut oder Tieropfer erforderte, gehörte ohnehin zu Zweigen der Magie, die länger verboten waren, als er denken konnte. Zu groß war die Gefahr, an Körper, Geist und Seele im Falle eines Scheiterns. Ob diese Gefahren schon immer bestanden hatten, oder aber durch Lücken in der Überlieferung verursacht worden waren, blieb zu mutmaßen. Fest stand jedoch, dass er es sich um nichts in der Welt nehmen lassen würde, einer originalen Praktizierung eines solchen Rituals beizuwohnen.
Salazar Slytherin blickte ihm mit einem Lächeln an, dass keinen Zweifel daran ließ, welcher Mann hinter der Maske des Jungen steckte. „Sollen wir dann?"
Snapes Mundwinkel zuckten. „Befürchten Sie das ich einen Rückzieher mache?"
„Womöglich", kam die belustigte Antwort.
„Das wundert mich nicht. Wo Sie sich solche Mühe gegeben haben, meine Zweifel bezüglich des Rituals zu zerstreuen", gab Snape sarkastisch zurück.
Slytherins Lächeln erlosch. „Dies hier kein Spaß, Severus. Ich möchte, dass du weißt, womit du es zu tun hast."
„Das ist mehr als deutlich geworden", antwortete der Tränkemeister und deutete auf den Kreis. „Nach Ihnen, Lord Slytherin."
„Mit größtem Vergnügen."
Der Mann und der Junge ließen sich im Innern des Kreises nieder. Slytherin streckte eine Hand aus und berührte das dunkle Mal auf Severus Unterarm. „Es wird eine lange Nacht für dich werden, Severus", stellte er fest.
„Wenigstens folge ich keiner Spur von verdorbener Magie", gab Severus Snape trocken zurück.
Lord Slytherin antwortete nicht. Seine Konzentration lag nun ganz auf dem dunklen Mal. Ein Kribbeln durchfuhr Severus Unterarm, als sich die fremde Magie hinein senkte. Es war nicht unangenehm. Eher wie die Frische von Pfefferminz, die sich für einen Moment auf seinen Arm legte. Dann war auch das vorbei. Lord Slytherin sackte zur Seite. Severus fing den Jungen auf, bevor er fiel und betete ihn sanft auf den Boden. Nach kurzem Überlegen zog er seinen Umhang aus und stopfte ihn als behelfsmäßiges Kissen unter den Kopf seines Mentors. Dann lehnte er sich zurück und wartete. Lily, dachte er. Hast du erwartet, oder auch nur zu träumen gewagt, wer oder was dein Kind sein wird? Er schmunzelte. Ich mit Sicherheit nicht.
Erst später wurde ihm bewusst, dass dem Gedankengang keine Spur der alten Bitterkeit anhaftete.
Salazar konzentrierte sich ganz auf die Muster verdorbener Magie unter seiner Handfläche. Die körperlichen Eindrücke verschwanden, bis da nur noch Geist und Magie waren, die an dem Mal entlangglitten. Der Zauber, der darauf lag, war vielfältig. Nicht nur war es Lord Voldemort möglich, mit dem dunklen Mal seine Todesser zu rufen, auch vermochte er sie dadurch zu bestrafen, oder sogar zu töten, ohne selbst vor Ort sein zu müssen. Es war perfide, bösartige Magie, die die Magie des Dieners mit der des Herren verband. Salazar folgte der Magie, bis sie Severus verließ, achtete auf den dünnen Faden, der den Tränkemeister mit Voldemort verband.
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Harry Potter und die Rückkehr des Schlangenlords
FanfictionABGESCHLOSSEN In dem Moment, als der Todesfluch die Stirn von Harry Potter traf und eine Narbe in die Stirn des Kleinkindes ritzte, geschah noch etwas anderes. In jenem Moment, als die Grenze zwischen Leben und Tod verwischte und die Zeit keinen Nam...