Ein verlorener Sohn

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Nach dem Festessen gab Dumbledore eine verstörende Warnung über einen verbotenen Wald von sich und eine noch verstörendere über einen verbotenen Korridor.
Sofort sprang Salazars Hand nach oben.
Dumbledore betrachtete ihn aufmerksam über die Gläser seiner Halbmondbrille. "Ja, Harry?"
"Warum ist der Wald verboten? Und warum der Korridor?"
Überraschte Stille folgte auf Salazars Worte. Es schien nicht üblich in Hogwarts, dass man dem Schulleiter Fragen stellte. Alle Schüler hingen an Dumbledores Lippen. Fast schien es, als würde sich der Schulleiter freuen, dass endlich mal jemand fragte. "Was über die Zeiten immer wieder in Vergessenheit geraten ist, ist dass Hogwarts für die Gründer nicht nur eine Schule sein sollte. Das Schloss sollte ein Refugium für all jene sein, die in Not geraten und deren Absichten rein sind. Im Verbotenen Wald leben Kreaturen, die andernorts keinen Platz mehr haben. Der Wald ist ihre Wohnstätte und darf aus Respekt nur nach ihrer Erlaubnis betreten werden. Genauso verhält es sich mit dem dritten Stock. Auch dieses Verbot gibt es aufgrund eines Hilferufes, den ich auf diese Weise zu erfüllen hoffe."
Salazar neigte in ehrlicher Achtung den Kopf vor dem Schulleiter. Wenn Dumbledore nicht log, dann hatte sich wahrhaftig etwas von ihren Träumen erhalten.
Nach der kurzen Rede waren die Schüler in die Freiheit entlassen. Salazar winkte Hermine und Neville durch den Raum zu und freute sich, als die beiden die Geste erwiderten. Dann folgte er mit den anderen Erstklässlern den Vertrauensschülern von Slytherin hinab in die Kerker.
Auch hier hatte sich nichts Wesentliches verändert. Grünliches Licht fiel durch die dimmbaren Kugeln, die er einstmals selbst verzaubert hatte und der Ausblick auf den Grund des Sees war noch immer eine Bereicherung für den in Grün und Silber angelegten Raum. Die Möbel hatte man erneuert, aber die Stimmung war dieselbe geblieben. Er verabschiedete sich mit einer Verbeugung von Daphne, die die Ehrerbietung mit der Würde einer Dame zur Kenntnis nahm und betrat mit den Jungen den Schlafsaal der Erstklässler. Der Raum hatte sich automatisch der Größe seiner neuen Bewohner angepasst und auch die Anspannung in der Luft bereits umgesetzt, sodass die sechs Betten im Verhältnis drei zu drei an den am weitesten voneinander entfernten Enden des Raums standen. Getrennt wurden sie zudem durch eine kleine Sitzecke, ein Bücherregal und einen Wandkamin. Salazar hatte wenig Hoffnung, dass Hogwarts Vorkehrungen die Lage entspannen würden. Malfoy wählte, flankiert von Crabbe und Goyle, die Betten, auf der linken Seite, die sich weit im Raumesinnern befanden und ließen für Zabini, Nott und Salazar selbst die vorderen Betten auf der rechten Seite. Salazar machte sich bettfertig und wartete darauf, dass seine Zimmergenossen eingeschlafen waren. Sein junger Körper schrie nach Schlaf, doch dieses Mal musste Salazar dieses Bedürfnis ignorieren. Er würde keine Ruhe finden, wenn er nicht erfuhr, was aus seinem Sohn geworden war. Der wiedergeborene Zauberer legte einen Desillusionierungszauber über sich und schlüpfte aus dem Zimmer. Suchend ließ er seine Magie durch das Schloss gleiten, forschend nach der so vertrauten Signatur Sanguils. Er fand ihn im Gemeinschaftsraum der Slytherin. Der Geist seines Sohnes schimmerte grünlich im einfallenden Licht, der Blick der durchscheinenden Augen war auf das Wasser des Sees vor dem Fenster gerichtet. Müde von der langen Reise und von den Ausschweifungen des Fests waren alle Schüler bereits zu Bett gegangen. Salazar war allein mit dem Geist von Slytherin.
Als er eintrat, drehte sich der Blutige Baron zu Salazar herum. Salazar ahnte, warum er hier war. Auch in der Zeit, in der ihm seine Söhne als Lehrer in Slytherin geholfen hatten, hatten sie zugesehen, dass immer einer von ihnen, in den ersten Tagen eines neuen Schuljahres, regelmäßig im Gemeinschaftsraum zugegen war. Es gab viele Kinder, die unter dem plötzlichen Umgebungswechsel litten und Heimweh verspürten. So war er nicht verwundert, als Sanguil freundlich das Wort an ihn richtete. "Guten Abend, Mr. Potter. Sie können nicht schlafen?"
Salazar ließ seinen Sohn nicht aus den Augen. "Nein, ich kann nicht schlafen. Nicht bevor ich erfahren habe, was aus dir geworden ist."
Der Baron schüttelte den Kopf. "Das muss Sie nicht bekümmern, Mr. Potter. Mein Tod liegt viele, viele Jahre zurück. Ich habe mich damit abgefunden."
"Und ich? Wie könnte ich mich jemals damit abfinden?!" Tränen standen in Salazars Augen.
Sanguil schwebte näher zu ihm heran. "Beruhigen Sie sich", sprach er mit einem milden Lächeln. "Es ist gut."
"Gut?!", fuhr Salazar auf. "Nichts ist gut! Was ist passiert, Sanguil?"
"Sie kennen meinen Namen?", fragte der Blutige Baron verblüfft. "Woher?"
Salazar überbrückte den Abstand zwischen ihnen. Es war seltsam, so viel kleiner als sein Sohn zu sein. Es war furchtbar, ihn nicht berühren zu können. "Ich habe ihn dir gegeben, mein Sohn."
Der Geist beugte sich zu ihm herab. Farblose Augen, die einmal Grün geleuchtet hatten wie die seinen, blickten ihn forschend an. "Wie meinen Sie das?"
Salazar hob eine Hand, verharrte weniger Millimeter vor der Wange seines Sohnes. Wie oft hatte er Sanguil auf diese Weise begrüßt oder verabschiedet? Er konnte es nicht sagen. "Sanguil", flüsterte er, legte seine Liebe und seinen Schmerz in das eine Wort.
Die Augen des Geistes weiteten sich. "Vater?"
Salazar nickte und schenkte ihm ein trauriges Lächeln. "Mein Sohn."
Voller Inbrunst ging Sanguil in die Knie und küsste die Hand seines Vaters. Salazar trug nicht mehr den Ring des Hauses Slytherin und selbst im Knien war Sanguil nur geringfügig kleiner als er selbst. Dennoch schwoll sein Herz über bei der Geste von Zuneigung und Respekt.
"Wie ist das möglich?", fragte Sanguil mit zitternder Stimme.
Zu gerne hätte Salazar seinen Sohn wie einst an der Hand hochgezogen, damit sie sich gegenüberstanden. Doch er wusste, dass eine Berührung nur verdeutlichen würde, wie weit sie voneinander entfernt waren. "Steh auf, mein Sohn", sagte er zärtlich.
Als Sanguil der Bitte nachkam, sah Salazar Tränen der Freude in seinen Augen schimmern.
"Ich begann mich zu erinnern, als ich von Voldemorts Todesfluch getroffen wurde", erklärte er. "Und du hast all die Zeit auf unser Haus acht gegeben?"
"Es ist mein Zuhause", antwortete Sanguil. "Und ich war es dir schuldig."
Panik durchflutete Salazar. "Du willst mir sagen, du hast in diesem Nichtleben ausgeharrt, weil du glaubtest, es mir schuldig zu sein?!"
Sanguil hörte das Entsetzen in der Stimme seines Vaters und schüttelte den Kopf. "Nein, ich ... ich habe große Schande auf mich und das Haus Slytherin geladen. Ich bin hier um es wieder gut zu machen."
Salazar schüttelte in jähem Unverständnis den Kopf. "Was soll geschehen sein, dass mein Sohn seinen Seelenfrieden opfert?"
Sanguil wandte ihm den Rücken zu. In einem Anfall von Selbstverachtung schlang er die nebelhaften Arme um sich. "Ich ... ich habe Helena getötet."
Salazar erstarrte. Helena? Sein Patenkind? Seine geliebte Nichte, auch wenn sie nie blutsverwandt gewesen waren? Kälte kroch in seine Glieder. "Was ist geschehen?", brachte er hervor.
Jäh fuhr Sanguil herum und Salazar bemerkte, dass die Emotionen noch immer heftig in seinem Sohn tobten. Nur seine Beherrschung war besser geworden. "Sie floh mit Rowenas Diadem. Ich verfolgte sie. Auch auf Rowenas Bitte hin." Der Blutige Baron wirbelte herum, begann wild im Gemeinschaftsraum auf und ab zuschweben. "Ich fand ihre Spur in Albanien. Sie wollte sich einer Forschungsmission anschließen. Ich hatte Verständnis für sie. Du weißt, sie hat davon geträumt, Hogwarts zu verlassen. Doch dass sie sich weigerte, dem Willen ihrer sterbenden Mutter zu folgen und sich an ihrem Krankenbett mit ihr auszusöhnen, das konnte ich ihr nicht verzeihen. Wir gerieten in Streit. Ich packte sie, sie wehrte sich. Sie konnte sich befreien, verlor dadurch aber das Gleichgewicht." Er starrte ins Leere, sein Gesicht ein Ausdruck von Schmerz. "Sie stürzte. Sie ... schlug sich den Kopf auf. Ich konnte ihr nicht helfen. Sie starb in meinen Armen."
Sanguil schwieg, seine durchscheinende Gestalt war voll Reue und Selbstverachtung. "Ich habe sie geliebt, Vater", brachte Sanguil hervor. "Ich habe sie geliebt und sie ist durch meine Hand gestorben! Ich ... ich richtete mich selbst für meine Tat", flüsterte er.
"Mein Sohn", sagte Salazar erschüttert. "Mein armer Sohn." Er breitete die Arme aus, sich dieses Mal nicht darum kümmernd, dass sie sich nicht berühren konnten. Sanguil stürzte auf ihn zu, versank in seiner Umarmung. Für Salazar war es, als stürzte er in Eiswasser und doch konnte er seinen Sohn nicht wirklich spüren. Er sah Tränen in Sanguils Augen und konnte sie doch nicht fortwischen.
"Kannst du mir verzeihen, Vater?", flüsterte der Geist mit brüchiger Stimme.
"Wie könnte ich nicht, mein Kind", antwortete Salazar. "Natürlich verzeihe ich dir. All die Jahre hast du für deine Tat gelitten ... ich wünschte, ich hätte für dich da sein können."
"Du bist jetzt da, Vater", sagte Sanguil und ein Lächeln erschien auf seinem tränennassen Gesicht. "Und das ist ein großes Wunder." Er schüttelte den Kopf. "Du und Harry Potter. Ich kann es immer noch nicht glauben."
Salazar lächelte. "Glaube mir, an einigen Tagen bin ich selbst verwirrt, wenn ich in den Spiegel blicke."
Sie gingen zu einer bequemen Couch hinüber. Salazar setzte sich, während Sanguil leicht über den Sitzpolstern schwebte. Ob er sich jemals an die Kälte gewöhnen würde, die sein Sohn nun anstelle von Wärme ausstrahlte? "Wie ist es den anderen ergangen?", fragte er und fürchtete sich gleichzeitig vor der Antwort.
Sanguil blickte durch das flackernde Kaminfeuer in längst vergangene Zeiten. "Nach dem Kampf, in dem du .. .gefallen bist, sicherten die anderen Hogwarts. Godric konnte es nicht ertragen. Er versammelte einige Freiwillige um sich und nahm die Verfolgung jener auf, die für deinen Tod verantwortlich waren. Savertin und ich waren auch darunter. Wir stellten die Anführer der Muggel, aber Godric ... er bezahlte die Tat mit seinem Leben. Ich glaube ... er wollte es nicht anders. Ich habe ihn nie so kämpfen sehen wie dort." Er blickte auf und seine blassen Augen fanden Salazars Gesicht. "Er machte sich furchtbare Vorwürfe."
Etwas in ihm erkaltete. Godric, sein Bruder ... nicht verwandt durch Blut, sondern durch Magie und alles andere, was wirklich zählte ... Salazar hatte so sehr gehofft, Godric würde ein glückliches, ein langes Leben führen.
"Dieser Narr!", flüsterte Salazar mit erstickter Stimme. "Gewiss! Es war sein Plan die Angreifer von zwei Seiten her zu attackieren, aber ich war derjenige, der das Angebot unterbreitet hatte, mich zum Schein den Feinden anzuschließen. Ich wusste, auf welches Risiko ich mich einließ!"
Sanguil schwieg unglücklich. "Savertin reichte es nicht, deine Mörder zu finden und deinen Tod zu rächen. Nach deinem Tod empfand er jeden als Feind, der keine Magie in sich trug. Selbst muggelgeborene Zauberer ertrug er nicht. Er wollte verhindern, dass jemals wieder ein Zauberer durch die Hände von Muggeln leiden würde. Für ihn waren sie alle durch ihre Art zu denken für deinen Tod verantwortlich. Wir ... entfremdeten uns. Er weigerte sich, mit mir nach Hogwarts zurückzukehren. Dabei war er immer der begabtere und geduldigere Lehrer von uns beiden." Sanguil blickte zu Boden. "Er begann einen Rachefeldzug gegen alle Nichtmagier."
Salazar krallte seine Hände in den Stoff des Sofas. Savertin, sein kluger, begabter, erstgeborener Sohn. Savertin hatte schon immer viel Willenskraft besessen und war für das eingestanden, woran er glaubte. Es zerriss ihn innerlich, dass ihn diese Eigenschaften auf einen so dunklen Pfad geführt hatten. Dass es die Trauer um seinen Verlust gewesen war, die den entscheidenden Ausschlag gegeben hatte, machte es umso schlimmer. Savertin hatte ihn verteidigen, sein Erbe ehren wollen und andere davor bewahren wollen, ein ähnliches Schicksal zu erleiden. Und so hatte er seine Hände mit dem Blut von Unschuldigen benetzt.
"Was ist aus ihm geworden?", flüsterte Salazar.
"Ich weiß nicht!" Sanguil sprang auf und begann im Gemeinschaftsraum auf und ab zu schweben. "Eine Weile hörte ich noch von Muggeldörfern, die er in deinem Namen angriff und von Menschen, die er in deinem Namen auf dem Scheiterhaufen verbrannte. Aber dann ..." Verbitterung schlich sich auf seine Züge. "Rowena war während der Verteidigung Hogwarts von einem schleichenden Fluch getroffen worden. Nach und nach raubte er ihr die Kräfte. Wir suchten überall nach einem Gegenmittel, doch wir konnten keines finden." Verloren blickte er Salazar an. "Du hättest ihr vielleicht helfen können. Vielleicht auch Savertin. Aber ich ... ich hatte nie die nötige Ruhe um ein Meister der Tränke oder der Dunklen Kunst zu werden. Helena verließ uns mit dem Diadem ihrer Mutter. Rowenas Tod stand bevor und ihr letzter Wunsch war, sich mit ihrer Tochter auszusprechen. Ich folgte ihr ... und den Rest der Geschichte kennst du." Er blieb stehen, wandte sich zu Salazars angespannter Gestalt auf der Coach. "In den ersten Jahren, nachdem ich als Geist wiedergekehrt war, nahm ich nicht viel von meiner Umwelt war. Ich war halb wahnsinnig vor Leid und Selbsthass. Erst viele Jahre später erfuhr ich von Savertins Tod. Er wurde in einen Hinterhalt gelockt. Die Muggel, die er zu jagen geschworen hatte, brachten ihn letztendlich zur Strecke. Ich konnte mich nie mit ihm aussprechen."
Salazar senkte den Kopf. Die Tränen wollten diese Nacht kein Ende finden. Er hatte zwei Söhne besessen, zwei Kinder, denen sein Herz gehörte und sie beide hatten ein Leben voller Schmerz geführt und schließlich viel zu früh den Tod gefunden. Der Gedanke war mehr als er ertragen konnte.
Und Godric und Rowena, sie hatten nie Gelegenheit gehabt, noch lange an ihrem gemeinsamen Traum zu arbeiten. Der frühe Tod seiner beiden Freunde zerriss ihn innerlich.
Zögerlich fuhr Sanguil mit seinem Bericht fort. "Helga war die einzige, die von den Gründern übrig geblieben war. Sie fand niemanden, der geeignet war, um euch drei adäquat zu ersetzen und so führte sie die Geschäfte Hogwarts allein. Sie starb in hohem Alter und ihre Enkelin übernahm ihren Posten im Anschluss. Von dort an wurde es üblich, dass ein Schulleiter Hogwarts vorstand. Die Tradition hat sich bis heute gehalten."
Salazar fühlte sich unendlich müde. Er hatte mit traurigen Nachrichten gerechnet, aber zu wissen, dass nur einer seiner Freunde ein hohes Alter erreicht hatte, traf ihn hart. Er war gestorben um die, die er liebte, zu beschützen. Doch nur Helga hatte lange über seinen Tod hinaus gelebt. Es brach ihm das Herz.
Er neigte den Kopf. "Ich danke dir für deinen Bericht, Sanguil. Darüber zu sprechen, wird dir nicht leicht gefallen sein."
Der Blutige Baron winkte ab. "Du musstest es erfahren." Er lächelte leicht. "Und ich weiß, wie sehr du es verabscheust, nicht im Bilde zu sein." Wieder ruhiger setzte er sich neben seinen Vater. "Möchtest du erfahren, was anschließend in Hogwarts geschehen ist?"
Müde schüttelte Salazar den Kopf. Es gefiel ihm nicht, es sich einzugestehen, doch er konnte kaum noch klar denken. "Nicht mehr heute, Sanguil. Ich denke, ich werde diesem jungen Körper etwas Ruhe zugestehen müssen."
Sanguil blinzelte. Für einen Moment schien er vergessen zu haben, dass er mit einem Elfjährigen sprach. "Wie ist es, für meinen mächtigen und gefürchteten Vater wieder jung zu sein?", fragte er mit einem Anflug von Humor in der Stimme.
Salazar verdrehte die Augen. "Du hast keine Ahnung. Ich erinnere mich an mein gesamtes Leben, aber die Bedürfnisse dieses Körpers sind die eines Elfjährigen. Halte Stofftiere und Süßigkeiten von mir fern. Oder es wird sehr, sehr peinlich."
Zum ersten Mal,seitdem er seinen Sohn wiedergesehen hatte, stahl sich ein Grinsen auf Sanguils Gesicht. "Glaubst du wirklich, ich lasse mir die Gelegenheit verstreichen, dich einmal nicht als Herr der Lage zu sehen?"
Salazar hob eine Augenbraue. "Schadenfreude steht dir nicht, Sanguil."
Das Grinsen seines Sohnes vertiefte sich. "Geh schnell ins Bett, kleiner Harry, damit du morgen ausgeschlafen bist."
Salazar schnaubte belustigt. Er konnte die Augen tatsächlich kaum noch aufhalten. "Ich sehe schon, deine Erziehung wurde in den letzten tausend Jahren sträflich vernachlässigt. Es wird Zeit, dass du wieder lernst, deinen Vater zu ehren." Dann wurde seine Miene ernst. "Sei so gut und halte meine Identität geheim. Harry Potter ist die Hoffnung der magischen Gemeinschaft und mein Ruf als Salazar Slytherin hat sehr gelitten. Ich möchte nicht, dass beide Namen in Zusammenhang gebracht werden. Es wird nur Verwirrung zwischen Freund und Feind stiften."
Sanguil nickte nachdenklich. "Du glaubst also auch nicht, dass Voldemort tot ist?"
"Er lebt. Und eines Tages wird er zurückkehren."
Sein Sohn nickte ernst. "Ich verstehe. Natürlich werde ich deine Wünsche respektieren. Du hast nicht unrecht, was den Ruf Slytherins anbelangt. Auch wenn dein Haus deinen Namen in Ehren hält, ist vieles nicht wie es sein sollte." Dann kehrte das Grinsen auf sein Gesicht zurück. "Dann wünsche ich eine gute Nacht, kleiner Harry."
Salazar erwiderte den Gruß mit der ganzen Ernsthaftigkeit eines Elfjährigen. "Gute Nacht, Herr Baron."
Sanguil blinzelte. "Du bist wirklich überzeugend."
Salazar blickte ihn voller Zuneigung an. "Gute Nacht, mein Sohn."
Der Geist neigte den Kopf und der wiedergeborene Zauberer sah die Freude und die Erleichterung in seinen Augen. "Gute Nacht, Vater."

Müde ließ sich Salazar in die Laken gleiten. Slytherins Ruf war miserabel. Ein Haufen verzogener Kinder war in seinem Haus, denen er dringend etwas Verstand einbläuen musste. Er wusste nicht, wie er Snape und Dumbledore einzuordnen hatte. Und es blieb die ungeklärte Frage, wie mit der Bedrohung durch Voldemort umzugehen war. Aber all das war nicht wichtig. Es war alles gut. Denn er war Zuhause.

Harry Potter und die Rückkehr des SchlangenlordsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt