Ein rätselhafter Spiegel

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Es war kurz vor Mitternacht, als Salazar durch die Gänge von Hogwarts schlich. Ein Desillusionierungszauber hielt ihn vor den Augen der patrouliierenden Lehrer verborgen, während er, die Hand an der Außenwand von Hogwrats, durch die Gänge glitt. Es würde eine von vielen Nächten sein, in denen der wiedergeborene Zauberer die Schutzzauber von Hogwarts auf Schwachstellen untersuchen würde. Für jede Nacht hatte er sich einen Teil des Schlosses vorgenommen. Denn die Schutzzauber waren größtenteils in die Wände eingelassen.

Vor so vielen Jahren hatten sie gemeinsam beschlossen, dass Hogwarts ein Heim und eine Zuflucht sein sollte. Ein Heim, genau wie eine Schwelle, besaß einen natürlichen Schutz, den sie für ihr Vorhaben einsetzen wollten. Es gab einen Grund, warum Vampire, wie viele andere magische Wesen, nicht über eine Schwelle treten konnten, wenn sie nicht explizit eingeladen worden waren. Je mehr Personen sich in einem Haus sicher aufgehoben fühlten, und je älter und geschichtsträchtiger ein solches Haus war, umso mächtiger wurde der Schutz. Das war einer der Gründe, warum alte Zaubererfamilien so viel Wert auf ihren Stammsitz legten.

In Hogwarts hatten sie diese ohnehin wirkende Magie durch Sprüche von Zauberern und Kobolden verstärkt. Da die Schule so nicht nur ein Heim für eine Spezies, sodern gar für mehrere geworden war, weitete sich der Schutz auf die umliegenden Länderein bis hinein auf den verbotenen Wald aus. Dieser Zauber, der grundlegende Schutz, der von Hogwarts als ein Heim für so viele Generationen ausging, war über die Jahre nur erstarkt. Salazar sah mit einem Lächeln, wie die Emotionen so vieler Reihen von Schüler die Mauern Hogwarts umso stärker zurückgelassen hatten. Heutzutage war Hogwarts mit Fug und Recht einer der sichersten Orte Großbritanniens. Aber das hieß nicht, dass es keine Lücken in der Verteidigung gab. Und nicht jeder der nachfolgenden Generationen von Schulleitern hatte verstanden, wie die Schutzzauber wirkten, oder was getan werden musste, um ihre Wirkung aufrecht zu erhalten. Salazar runzelte die Stirn, als er bemerkte, dass der Schutz gegen bösärtige, magische Artefakte komplett gefallen war. Auch Helgas Erweiterungen, die aufspürten, wenn ein Bewohner des Schlosses gesundheitlicher oder psychischer Behandlung bedurfte, waren nicht mehr existent. Die Möglichkeit, einen jeden Schüler von Hogwarts falls nötig, innerhlab des Gebäudes zu verorten, bestand weiterhin. Allerdings waren die Zauber, die dies ermöglichten, neuerer Natur und wurden nicht mehr aus den alten Schutzzaubern gespeist. So als wäre in Vergessenheit geraten, dass diese Möglichkeit bereits existierte. Damals, inmitten der Auseinanderseztung mit den Nichtmagiern, war es unabdingbar gewesen, genau zu wissen, wo sich ein Schüler aufhielt, um sicherzustellen, dass bei einer Notlage niemand verloren ging und womöglich allein zurückgelassen wurde. Auch die Portraits, deren Aufgabe hauptsächlich darin bestand, im Falle eines Angriffs schnell Botschaften überbringen zu können, schienen den Grund dafür, warum sie in der Lage waren, ihren Rahmen zu verlassen, bestenfalls noch zu erahnen. Müde schüttelte Salazar den Kopf. Und das waren die Erkenntnisse einer einzigen Nacht. Er fragte sich, was für Überraschungen noch auf ihn warteten. Nun, nachdem sich nicht nur Flint, sondern auch mindestens einer der Professoren als potenzielle Bedrohung für sein Leben herausgestellt hatte, war es umso wichtiger, die Schutzzauber erneut zu aktivieren. Zumindest so weit, wie er es vermochte.

Er beschloss, noch ein weiteres Zimmer zu durchkämmen und es dann für diese Nacht gut sein zu lassen. Er war körperlich immer noch elf Jahre alt. Das durfte er nicht vergessen.
Die Hand immer noch an der Wand entlang gleitend, betrat er ein leeres Klassenzimmer. Lange Zeit schon, so schien es, war dieser Raum nicht mehr benutzt worden. Staub bedeckte den Boden und im Licht aufflackernder Fackeln glänzten Spinnweben silbrig an den Wänden. In der Mitte des Raumes stand auf Klauenfüßen ein goldener Spiegel. "Nicht dein Antlitz sondern dein Herz Begehren", stand in Spiegelschrift über dem Glas, das wie eine offene Pforte gestaltet war. Salazar konnte die Magie, die von dem Artefakt ausging, regelrecht spüren. Eine kurze Untersuchung zeigte ihm, dass keine bösartigen Flüche darauf lasteten. Nicht, dass die Offenbarung eines Herzenswunsches nicht schmerzhafte Wunden reißen, oder in den Wahnsinn zu treiben vermochte. Ein trauriges Lächeln breitete sich über sein Gesicht. Nun, in seinem Fall, würde der Spiegel keine Verletzungen verursachen, die nicht schon da waren. Seines Herzens Begehren? Er kannte es nur zu gut. Er trat an den Spiegel und blickte hinein.

Drei Personen blickten ihm von der anderen Seite entgegen. Der Mann in der Mitte strahlte Selbsicherheit und Kampfesmut aus. Blondes Haar umrahmte die männlichen Züge, ein Schwert hing an seiner Seite und ein roter Umhang wallte um seine Schultern. Auf den Lippen und in den braunen Augen trug er ein warmes Lächeln.
Zu seiner Rechten stand eine Frau, deren helles, rotblondes Haar aus Sonnenlicht zu bestehen schien. Ihre grünen Augen strahlten Güte und Zuversicht aus und ihr Gewand in warmem Gelb regte sich leicht, als sie die Hände hob, um sie ihm entgegen zu strecken. Auf der anderen Seite stand eine Frau von anderweltlicher Schönheit. Ihre milchig blasse Haut bildete einen Kontrast zu dem schwarzen Haar und ihrem blauen Kleid. Ihre Gestik war zurückhaltender als die der anderen beiden, doch als Salazar sie anblickte, neigte sie den Kopf zu einem Gruß des Willkommens.
Salazar hob die Hand und legte sie gegen die Scheibe. Alle drei Gründer auf der anderen Seite des Spiegels, taten dasselbe, so dass ihre Hände aneinanderlagen. So hatten sie gestanden, als sie einen Eid geschworen und Hogwarts gegründet hatten. So hatten sie gestanden, als sie die Schutzzauber über Hogwarts gesprochen hatten. Und wenn es Schwierigkeiten gab, Gefahr drohte oder schwierige Entscheidungen zu fällen waren , hatte Helga ihre Hand gehoben und sie viele, viele Male in diese Pose gebracht. Es war eine Erinnerung daran, was sie gemeinsam bewältigen konnten und dass es auch in Zukunft nichts und niemanden gab, der sie aufhalten konnte, wenn sie nur zusammen hielten. In Salazars Augen standen Tränen als er sie in dieser altvertrauten Pose stehen sah, wissend, dass seine Freunde lange verstorben waren. Dass sie niemals mehr eine Herausforderung gemeinsam meistern würden. Er war der einzige, der übrig geblieben war. Er war allein. Hineingeworfen in eine fremde Zeit, in die er nicht gehörte. Er lächelte traurig und sah den Ausdruck in den Gesichtern der anderen gespiegelt. „Ich wünschte, ihr könntet bei mir sein", flüsterte er. Die Worte verhallten in der Leere des Raums.
Das leise Rascheln eines Umhangs war zu hören, fast lautlose Schritte näherten sich dem Raum. So leise die Worte auch gesprochen waren, in der Stille des nächtlichen Schlosses mussten sie weit getragen haben. Salazar trat an den Rand des Raumes und verschmolz mit den Schatten. Einem Atemzug später betrat Severus Snape den Raum. Salazar beobachtete wie der Lehrer das Zwielicht mit den Augen durchsuchte und dann einem Moment reglos verharrte, als würde er lauschen. Salazar beruhigte seinen Atem und wartete regungslos darauf, dass sich der Professor entfernte.
Langsam trat Snape zum Spiegel und blickte nach einem Moment des Zögerns hinein. Sekunden verrannen, wurden zu Minuten, während die schwarzen Augen des Lehrers auf das Spiegelglas gerichtet waren. Endlich hob er die Hand, als würde er sie an die Wange einer Person legen. „Lily", flüsterte er. „Es...tut mir unendlich leid."
Brüsk wandte er sich ab und floh aus dem Raum. Salazar schaute dem Hauslehrer von Slytherin nachdenklich nach. Hatte Snape etwa seine Mutter gemeint?
Vielleicht war er der Lösung des Rätsels, dass Severus Snape war, in dieser Nacht ein wenig näher gekommen.

XXX

Es war mitten in der Nacht als Blaise erwachte und den Drang verspürte, die Toilette aufzusuchen. Müde schälte er sich aus dem Bett und taumelte durch das Dunkel in Richtung Badezimmer. Als er an Harrys Bett vorbeikam, stolperte er und wäre um ein Haar gestürzt. Rasch hielt er sich an den Vorhängen fest und fand sein Gleichgewicht wieder. "Entschuldigung", murmelte er in Richtung von Harrys Bett. Mehrmals blinzelte er, um die Dunkelheit zu durchdingen. Dann blinzelte er noch einmal. Denn Harry war nicht dort.
Achselzuckend setzte Blaise seinen Weg ins Bad fort. Scheinbar würde er dort auf Harry treffen.
Als er etwas wacher und ohne eine Spur von Harry gesehen zu haben, zurückkehrte, wurde er neugierig. Waren die Vorhänge nicht blickdicht zugezogen gewesen? Wo war der Junge mit der Blitznarbe mitten in der Nacht? Als er zu seinem eigenen Bett zurückkehrte, spürte er Theodores Blick auf sich ruhen. "Er ist ständig nachts fort", flüsterte er. "Ich dachte, das wüsstest du?"
"Ständig?", fragte Blaise entgeistert.
"So weit ich weiß, fast jede Nacht", murmelte Theodore.
"Woher weißt du das?", fragte er und lehnte sich verschwörereisch zu Theodores Bett hinüber.
"Ich habe einen leichten Schlaf", antwortete der Junge. "Ich höre manchmal, wenn er nachts zurückkommt."
Nachdenklich ließ sich Blaise zurück in sein Bett gleiten. Die Frage war, wie er mit dieser neuen Erkenntnis umgehen sollte. Sollte er Harry einfach konfrontieren?Wie würde Harry darauf reagieren? Wenn es ein Geheimnis war, was er nächtens tat, dann würde er lügen. Und es war ein Geheimnis, warum sonst hätte Harry ihnen seine nächtlichen Ausflüge verschweigen sollen?
Wenn er ehrlich war, dann wusste Blaise sehr, sehr wenig über Harry. Sein Mitschüler war schweigsam, er redetete nicht viel über sein Leben vor Hogwarts. Sein magisches Wissen war jedoch enorm. Selbst den älteren Schülern konnte er mühelos bei ihren Hausaufgaben helfen. Doch woher stammte dieses Wissen? Hieß es nicht, dass Harry Potter von Muggeln großgezogen worden war? Dazu kamen Manieren, die denen eines Reinblutes in nichts nachstanden. Und nicht nur das, bei allem was er tat, strahlte Harry eine ruhige Autorität aus. Harry Potter war jemand, dem man gerne folgte und dem man vertraute. Allerdings hatte er nicht die heroische Ausstrahlung eines Helden. Eher die, eines klugen Tatikers, der sich seiner Selbst und seiner Entscheidungen sicher war. Wie konnte ein Junge, der in seinem Alter war, bereits eine solche Ausstrahlung besitzen?
Blaise musste sich eingestehen, dass an dem Jungen, der lebt, nichts zusammenpasste. Harry Potter wa ein einziges, großes Geheimnis.
Wenn er herausfand, wohin Harry nachts heimlich verschwand, könnte er vielleicht einen Teil dieses Geheimnisses lüften.
Also standen Blaise eigentlich nur zwei Entscheidungen offen:

Er konnte akzeptieren, dass Harry ein Geheimnis hatte, oder er konnte ihm heimlich folgen und es herausfinden.

Vernünftig wäre es Variante eins zu befolgen.

Zu seinem Leidwesen war Blaise allerdings für Variante eins entschieden zu neugierig.

In der nächsten Nacht blieb er so lange wach, bis er bemerkte, wie sich Harry leise erhob und aus dem Schlafsaal schlüpfte. Blaise folgte mit einigem Abstand. Im Gemeinschaftstraum nahm er gerade noch war, wie Harrys strubbeliger Schopf durch die verzauberte Mauer nach draußen entschwand. Blaise holte tief Luft und folgte seinem Mitschüler auf den Gang hinaus. Harry ging ohne Hast und schaute sich kaum um. Seine Schritte waren ruhig und zielsicher. Alles in allem erschien er nicht wie ein Schüler, der nachts verbotenerweise durch die Gänge schlich. Er wirkte, als wenn ihm das Schloss hier gehörte. Nach einer Weile streckte Harry seine Hand nach den Mauern des Ganges aus und ließ sie daran entlangwandern. Als der Gang um eine Ecke bog und das Fackellicht für einen Moment auf dem Gesicht des Schwarzhaarigen schimmerte, wurde Blaise bewusst, dass Harry die Augen geschlossen hatte. Sie begegneten keinem Lehrer. Noch nicht einmal einem Geist. Es war, als wenn Harry ganz genau wusste, wo sich jeder Bewohner Hogwarts befand und ihnen bewusst aus dem Weg ging. Aber das konnte nicht sein.

Oder?

Hin und wieder verharrte Harry an einer scheinbar beliebigen Mauerstelle und flüsterte einige Worte vor sich hin. Blaise war zu weit entfernt, um zu verstehen, was er sagte, aber es wirkte, als wäre Harry hochkonzentriert. Weiter allerdings geschah nichts. Harry schritt langsam Mauer für Mauer, Gang für Gang ab und blieb zwischendurch stehen, um ein paar Worte zu flüstern. Als nach einer Stunde noch immer nichts aufregendes geschehen war, hielt Blaise es nicht mehr aus. Alle Vorsicht in den Wind fahren lassend, verließ er sein Versteck und schritt auf Harry zu.
Der schwarzhaarige Junge empfing ihm mit einem wissenden Lächeln. „Na, Blaise? Ist dir langweilig geworden?"
Der Angesprochene öffnete den Mund, um etwas zu erwidern und klappte ihn unverrichteter Dinge gleich wieder zu. „Du wusstest, dass ich da bin?", fragte er schließlich.
Harry nickte bestätigend. „Aber natürlich. Du hast vergessen, dass dein Schatten durch das Licht der Fackeln in die Länge gezogen wird. Darauf solltest du achten, wenn du jemanden in Hogwarts heimlich folgst."
Blaise Gedanken schwirrten. „Du hast gewusst, dass ich da bin und du hast nichts dagegen unternommen?"
„Warum sollte ich?", fragte Harry. „Du warst nur neugierig. Es ist niemand zu Schaden gekommen. Und es ist nie verkehrt zu lernen, sich heimlich im Dunkeln zu bewegen."
Blaise konnte es nicht fassen. „D-du wolltest, dass ich etwas lerne?"
„Es gibt keine Situation, die es nicht wert wäre, das man etwas aus ihr lernt", sagte Harry ernst und schaffte es wieder einmal deutlich älter zu wirken, als seine Jahre.
Mit einem Mal war Blaise unsicher. „Was machst du hier?"
Ein undeutbares Lächeln schlich sich auf Harrys Gesicht. „Ist das nicht offensichtlich? Ich suche nach Geheimgängen."
Erneut klappte Blaise Mund auf. „Nach Geheimgängen. Jede Nacht?"
Harry zuckte beiläufig mit den Schultern. „Je früher ich sie kenne, desto früher kann ich mein Wissen nutzen."
Auf gewisse Art war das einleuchtend. Und dann wiederum nicht. „Und wie, bei Merlins Bart hast du es geschafft, in keiner dieser Nächte erwischt zu werden?"
Harry lächelte. „Weil ich ich auf Schatten im Fackellicht achte?"
Geschlagen lehnte sich Blaise an eine Wand. „Weißt du was? Ich glaube, ich gehe wieder ins Bett."
„Wie du meinst", entgegnete Harry lächelnd. „Dann eine gute Nacht, Blaise."
„Gute Nacht", murmelte der dunkelhäutige Slytherin und schlurfte zurück in Richtung des Gemeinschaftsraums. Er vermutete, dass ihn Harry nach Strich und Faden belogen hatte. Aber was sollte er tun, wenn er noch nicht einmal etwas herausfand, wenn er seinen Mitschüler auf frischer Tat ertappte? Jähe Bewunderung machte sich in ihm breit. Wie konnte Harry so ruhig bleiben? Wie schaffte er es, selbst in einer solchen Situation nichts von sich preis zu geben? Und doch war dieser Ausdruck in seinen Augen gewesen. Diese Herausforderung an Blaise, es nicht dabei bewenden zu lassen. Es wieder zu versuchen, heimlicher und gerissener vorzugehen, bis es ihm irgendwann gelang, Harry das Geheimnis zu entlocken. Konnte er sich wirklich so irren? Oder wollte Harry tatsächlich, dass er sich sein Geheimnis verdiente?
Tief in Gedanken versunken, bog Blaise in einen Korridor und stand vor niemand anderen als Severus Snape. Vor Schreck machte er einen Satz in die Luft. Bei Salazar! Er steckte in ernsthaften Schweierigkeiten!
Die dunklen Augen des Tränkemneisters blitzten, während er die Arme unter seinem langen, schwarzen Umhang verschränkte. "Mr. Zabini. War für ein Zufall, Sie zu dieser nächtlichen Stunde hier anzutreffen. Sie haben sicherlch eine gute Erklärung, warum Sie sich außerhalb Ihres Bettes befinden?"
"Äh...", sagte Blaise geistesgegenwärtig. "Ich suche nach Geheimgängen?"
"Genauer gesagt ist er meinetwegen hier", integrierte sich eine souveräne Stimme in das Gespräch. "Ich weckte seine Neugier und legte es gewissermaßen darauf an, dass er mir folgte, Sir."
Blaise war wenig überrascht, dass Harry Potter lautlos aus den Schatten aufgetaucht war, Bei Merlin! Er konnte nicht sagen, welcher der beiden Zauberer sich leiser bewegte!
Wie um Salazars Willen hatte Theodore Harry überhaupt hören können, wenn er nachts zurückkehrte? Hatte sein Mitschüler etwa gehört werden wollen?
Snapes ausdruckslsoes Gesicht wandte sich Harry zu. "Sie wollen also sagen, dass Sie Schüler zu nächtlichen Unternehumungen anstiften?"
Harrys Augen blitzten amüsiert. "In der Tat. Heimlichkeit ist eine Fähigkeit, die uns Slytherin zu Gute kommt, finden Sie nicht, Professor?"
Snape hob eine Augenbraue. "Dennoch ist es verboten, sich dabei erwischen zu lassen, Potter. Was für einen Grund hatten Sie denn, draußen herumzuschleichen?"
Belustigt tauschte Harry einen Blick mit Blaise. "Ich suche Geheimgänge. Habe ich nicht recht, Blaise?"
Der Erstklässler hatte keine Ahnung, was zwischen Harry und seinem Hauslehrer vorging, aber er verspürte keine Lust, darin einbezogen zu werden. "Er ist an der Wand entlanggelaufen", murmelte er. Und hin und wieder hat er vor sich hingemurmelt."
Ein undeutbares Lächeln schlich sich auf Harrys Gesicht. "Irgendwie muss ich die Passwörter doch herausfinden, nicht wahr?"
Langsam blickte Snape von einem zum anderen. Schließlich verharrte der Blick seiner dunklen Augen auf Harry. Den Ausdruck darin vermochte Blaise nicht zu deuten." Potter, Sie werden mit mir nachsitzen. Morgen Abend um 20 Uhr erwarte ich Sie nach dem Unterricht in meinem Arbeitszimmer. Und nun verschwinden Sie in Ihre Betten."
Blaise machte, dass er davon kam. Er war heilfroh mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Er warf Harry einen Seitenblick zu. Sein Mitschüler wirkte aus irgend einem Grund immer noch, als würde er sich köstlich amüsieren.
Entschlossen ballte Blaise die Hände zu Fäusten. Sein Stolz verbot ihm angesichts einer solchen Herausforderung zu kapitulieren. Er würde Harrys Geheimnis herausfinden. Und wenn er dafür seine gesamte Zeit in Hogwarts aufwenden musste!

XXX

Am nächsten Abend saß ein erschöpfter Salazar am See von Hogwarts und streichelte abwesend Smaragd, die sich in den letzten Strahlen der Abendsonne wärmte. Das bisherige Ergebnis seiner nächtlichen Inspektionen war ernüchternd. Die Zauber der Gründer waren entweder erloschen, oder nur teilweise aktiv. Die neu aufgesprochenen Zauber jüngerer Generationen blockierten die älteren oder führten zu negativen Nebeneffekten, wie man sie überall im Schloss beobachten konnte. Bei dem heutigen Magieverständnis der Hexen und Zauberer wunderte es ihn noch nicht mal, dass die alten Zauber nicht erneuert worden waren. Da Ritualzauberei, entweder als verboten galt, oder komplett aus dem Gedächtnis der Zaubererwelt gelöscht worden war, hatten sie die Wirkungsweise der alten Bannflüche kaum verstehen können. Immerhin gab es ein jüngeres Netz an Schutzzaubern, das nicht einfach auf den ganzen vorhanden Wust aufgesprochen war, sondern unabhängig davon existierte. Es waren hauptsächlich Muggel-Abwehrzauber und Anti-Apparationszauber. Außerdem gab es einen Spruch, der den zuständigen Hauslehrer und die Krankenschwester benachrichtigen würde, sollte ein Schüler ernsthaft verletzt werden. Das war nicht viel, zeugte aber immerhin von gesundem Menschenverstand. Er vermutete, dass Dumbledore dahintersteckte. Alles andere als aufmunternd war dagegen eine andere Erkenntnis: Es gab einen Fluch auf Hogwarts. Genauer gesagt auf der Stelle des Lehrers für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Er raufte sich die Haare. Wie sollte er so arbeiten?! Ohne die anderen würde er Monate, wenn nicht Jahre benötigen, um all das wieder hinzubiegen. Und selbst dann würde er nie solche Abwehrzauber schaffen können wie Godric, oder solch genau kalkulierte Berechnungen anstellen können wie Rowena. Das Beste, was er schaffen konnte, war eine Ahnung von dem Bollwerk, das Hogwarts früher einmal gewesen war.

Harry Potter und die Rückkehr des SchlangenlordsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt