Kapitel 24

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Morgens stand dann auch Vincent vor der Tür, um mich abzuholen. "Ich muss dich was fragen", sagte ich, als ich die Zimmertür hinter mir schloss.

Vincent zog seine Augenbraue hoch, wie er es oft tat, wenn er darauf wartete, dass man weiter redete.

"Meine Mutter will heute mit ihrem Freund etwas essen und möchte mich dabei haben", fing ich an. Wir hatten uns bereits langsam in Bewegung gesetzt und waren nun auf dem Weg ins Restaurant.

"Und was habe ich damit zutun?", wollte er wissen.

Ich zögerte kurz. Was wenn er nein sagt? "Ich wollte dich fragen, ob du mitkommst. Denn sein Sohn bringt auch seine Freundin mit."

Die Sonne draußen schien an diesem Tag extrem und es waren bestimmt schon fünfzehn Grad. Am Pool waren, wie oft schon, Liegen mit Handtüchern reserviert worden, obwohl dies laut Ausschilderung verboten war. Einige Kinder planschten auch schon, jedoch war keine Aufsicht zu sehen, was mich stutzig machte.

"Kennt man die Beiden?" Wieder zog er seine Augenbraue hoch. Ich muss zugeben, dass das schon ein wenig heiß war. Dann entdeckte auch er die Kinder und auch ein paar Erwachsene, die dazu gehören könnten. "Entweder Sie passen auf ihre Kinder auf, oder Sie fischen sie aus dem Pool", forderte er diese ganz überraschend auf, als wir an ihnen vorbeigingen.

"Ich glaube, dass ist unsere Sache", antwortete ein Mann und verdrehte die Augen, als wenn er keine Lust auf solch ein Gespräch hatte.

Vincent schüttelte den Kopf. "Ich bin hier der Bademeister und der Pool hat noch nicht einmal geöffnet. Also machen Sie doch einfach was ich sage oder Sie fahren nach Hause."

Nach diesen Worten wandten sich die Erwachsenen von uns ab und gingen zum Kinderbecken. Ein Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht, so hatte ich Vincent noch nie gesehen. Sein Badboy-image war jetzt komplett aus meinem Kopf verschwunden.

"Wo waren wir stehengeblieben?", fragte er, als wir weitergingen.

"Du wolltest wissen, ob man die Beiden kennt."

"Und?"

"Also, der Sohn ist Josh", fing ich an und hoffte, dass er sich nicht an diesen Namen erinnerte. Seinem Gesicht zufolge tat er dies aber sehr wohl.

"Der Typ? Mit dem möchte ich nicht Essen gehen." Diese Antwort kam stumpf. Was sollte ich nun tun?

"Wenn du mich magst, dann kannst du mich dort nicht einfach alleine lassen. Seine Begleitung wird nämlich Lesley sein. Das Mädchen, wegen dem ich im Krankenhaus war."

Meine Überredungskunst schien zu wirken, denn seine Augen begannen zu funkeln. "Wann soll ich wo sein?"

Ein Lächeln breitete sich über mein Gesicht aus. "Das weiß ich selbst noch nicht genau, aber wenn ich es weiß, lass ich es dich wissen. Danke."

Mit diesen Worten betraten wir das Restaurant. Wieder einmal stand Mr. Williams dort und führte die Gäste zu ihren Plätzen. Sein Gesicht machte einen überraschten Ausdruck, als er uns zusammen sah. "Ihr?", fragte er nur.

"Was ist daran falsch?", lachte Vincent. "Wir hätten gerne einen Tisch", sagte er jedoch, bevor Mr. Williams antworten konnte.

"Ähm... Gerne, Mr. Conners", antwortete dieser, immer noch perplex. "Folgen Sie mir." Mr. Williams führte uns durch die Reihen, bis zu einem großen Fenster, von dem aus man auf den Pool gucken konnte.

Vincent zog mir den Stuhl so hin, dass ich mich perfekt setzen konnte. "Danke", murmelte ich. Mr. Williams war schon wieder verschwunden, bevor ich etwas zu ihm sagen konnte.

"Der sah ganz schön verwirrt aus", sagte Vincent, als er sich mir gegenüber hinsetzte.

Ich nickte. Ich konnte es aber verstehen, vor einem Jahr hätte ich wahrscheinlich genauso geguckt, wenn jemand gesagt hätte, dass ich mit ihm etwas anfange.

"Erzählst du mir vorher ein paar Hintergrundinformationen zu dieser Lesley oder lieber nicht?" Er sprach ihren Namen angeekelt aus, so als wäre sie dabei, sein Leben kaputt zu machen und nicht meines.

Ich zuckte mit den Schultern. "Über sie gibt es nicht so viel zu sagen. Wir waren beste Freundinnen. Sie war so zu sagen die Chefin, was alles anging und wir sind zu jeder Party gegangen, die es gab. So habe ich dann auch Tom kennengelernt und sie fand ihn natürlich ganz toll. Niemand meiner damaligen Freunde hat die Warnzeichen gesehen und als es dann passiert ist, wusste ich genau, dass sie es nicht verstehen würde und ich hatte recht. Sie sieht die Dinge einfach nicht so, wie ich sie sehe. Auch nicht, wenn man sie ihr ganz klar erklärt."

Vincent hörte mir aufmerksam zu. "Sie erinnert mich stark an Camille, wahrscheinlich nur schlauer."

Dann kam auch schon der Kellner und wieder bestellte ich mir Pfannkuchen. Ich hatte mich in sie verliebt, genauso wie in Vincent.

"Ich glaube, das ist nicht sonderlich schwer", murmelte ich, als der Kellner wieder verschwunden war.

Er zuckte mit den Schultern. "So viele Mädchen hatte ich noch nicht, dass ich das beurteilen könnte." Er grinste, wahrscheinlich weil er sah, wie unerwartet das für mich kam. Ich hatte immer gedacht, er hätte schon Horden von Mädchen gehabt. "Ehrlich gesagt, habe ich seit einem Jahr auf dich gewartet. Du warst irgendwie interessant, wenn man das so sagen kann."

Bei diesen Worten lief ich rot an. "Was meinst du damit? Meine Anfälle?"

"Nein, nein. Ich meine deine ganze Art. Du hast dich nicht gleich an jeden Jungen rangeschmissen und dich überhaupt nicht für mich interessiert. Irgendwie wollte ich dich unbedingt", murmelte er vor sich hin und sah auf meine Hand, die auf dem Tisch lag. Langsam schob er seine zu meiner und sah mich fragend an. Als ich nickte, umfasste er meine Hand mit seiner und ein wohliges Kribbeln durchfuhr mich.

"Danke?", lachte ich verlegen. Ich wusste nicht, was ich sonst dazu sagen könnte.

"Hast du Lust heute den ganzen Tag mit mir zu verbringen?", wollte er wissen und ich nickte nur. Ich hatte so unglaublich Lust dazu, dass mein Inneres schon begann zu quietschen, aber ich ließ mir nichts anmerken.

Und im Nu war auch der Kellner wieder da und stellte Vincent und mir das Essen vor die Nase.

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