Kapitel 45.

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Es war Freitag. Gelangweilt saß ich an meinem Tisch. Wir hatten gerade Geschichte und weil das eben für mich ein Fach war, wo ich mich am liebsten in mein Bett hinein legen würde und schlafen, knetete ich eben den Plan Zetteln auf und zu und las ihn immer wieder durch. Und dass alles nur, um wach zu bleiben! Was ich nicht dafür alles gebe!
Wir hatten ein paar Sachen aufgeschrieben:

•ein Gespräch mit ihr suchen, egal ob sie will oder nicht.
•sie zum Kino einladen
•ihr zeigen, dass du dich um sie bemühst und sie nicht einfach ignorieren!
•wenn ihr euch ausredet, ruhig bleiben und nicht anfangen zu schreien
•ihr aufzählen, was ihr alles schon gemacht und durchgemacht habt, deine und ihre Geheimnisse aufzählen, die nur ihr wisst und nochmals endschuldigen

Keine Ahnung ob es was hilft, aber es war wenigstens etwas, wo ich mich an unsere zerbröckelte Freundschaft festhalten konnte. Etwas, dass mir Hoffnung gab! Und Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Morgen würde mich Marc am Vormittag abholen und ich hatte jetzt schon keine Lust mehr auf das Fußballspiel von ihm. Und es verbesserte meine Stimmung auch nicht dass wir ein einhalb Stunden vorher da sein müssen. Was beteuted, dass ich ein einhalb Stunden alleine in der Kälte irgendwo rumstehen musste. Da Marc und seine Kollegen ja schließlich Trainieren und sich aufwärmen sollten.
Aber da musste ich jetzt durch. Ich war ja nicht genötigt gewesen 'Ja' zusagen.

Und heute stand noch etwas auf dem Programm, dass mir Bauchschmerzen bereitete. Heute, würde ich in der Pause zu Em hingehen -möglichst ohne meine nervenden Anhängsel die ja eh nur hinter meinen Geld her waren- um mit ihr zu reden. Egal ob sie will oder nicht. Egal ob sie mich ignoriert oder nicht. Ich will wenigstens, dass wir uns irgendwo treffen und wir alles ausschnapsen können. Schließlich möchte ich nicht meine lange Freundschaft mit Emely hinlegen. So was wie sie gab es nicht alle Tage. Klar fand ich es blöd, dass sie bei der Sache 'fremdgehen' nicht zu mir gestanden hatte, jedoch, hätte ich zu ihr gestanden, wenn es sich hier um meinen Stiefbruder handelte? Keine Ahnung.
Sie war eben ein Sturkopf. Okay, ich geb's zu, vielleicht ich auch ein wenig. Aber, wer war denn bitte nicht schon ein bisschen Sturkopf?

Die heilige Glocke leutete und signalisierte uns warteten, gelangweilten, schläfrigen Schülern das Schulstundenende. Nur noch zwei Stunden, bevor ich mit Em quatschen konnte. Oder besser gesagt, es zu versuchen.
Rasch packte ich meine Sachen zusammen und stürmte -wiedermal einen Sturm an Leute hinter mir herziehend- aus dem Klassenraum. Draußen im Gang standen Gruppen von Menschenmassen in verschiedenen Ecken zusammen. Ja, die altbekannten Gruppe. In welcher Schule gab es die denn nicht? Beste Freunde standen beisammen, chillten, lachten und natürlich dann die 'Ebenen': Bad Boys, Streber, Schulschlampen, Machos, normalos und mittendrin ich.
Die reiche auf der Schule, mit der so ziemlich jeder befreundet sein wollte, weil sie eben Reich war! Ihr seht, ich habe wahrlich wahre Freunde, nicht?
Viele Jungs wollten mich als Freundin, One-Night stands, was wusste ich. Dass sie aber nicht wirklich in mich verliebt waren, wusste ich eh schon längst. Schließlich, welcher Typ steht denn bitte schon auf so eine wie mich?! Ich schaue leicht Magersüchtig aus, obwohl ich es definitiv nicht bin! Ich esse ganz normal, könnt ihr gerne herumfragen! Dann habe ich nicht mal wirklche Kurven. Einen Arsch, den man gern übersehen mag und oben glaubt man sowie so ich hätte noch nicht einmal richtig A. Und das mit 17!
Ja kein Typ ist in mich so richtig verliebt. Außer Ryan.... Oh Ry!
Tränen sammelten sich in meinen Augen, als ich das Bild von ihm und mir ins Gehirn geschossen bekam. Schnell schluckte ich sie hinunter. Jeder hier kannte mich stark. Die taffe Tess Lynley. Noch nie hatte ich in der Schule oder bei meinen 'Freunden' geheult. Außer bei Emely.
Doch ich werde kämpfen! Ich lasse Em und Ryan nicht gehen! Oh Mann. An irgendwas kindisches errinern mich diese zwei Sätze. Nur an was?

~~~

Es war Pause. Große Pause.
Bei uns versteht man darunter 25 Minuten draußen herum lungern, beim Beck etwas kaufen. Unsre Lehrer schickten uns stets raus, egal ob es Arschkalt ist oder man an Hitzekollaps sterben könnte. Außer wenn es schneit oder regnet dürfen wir drinnen die Pause verbringen.

Nervös strich ich mir durch meine braunen Haare. Emely stand hundert Meter von mir entfernt mit zwei Mädchen rum. Sie waren Ems jüngere Cousinen, die leider Gottes zu Schulschlampen mutierten.
Ich atmete einmal tief ein und aus und straffte meine Brust. Ich würde das schon schaffen! Da war ich mir.....ähm nicht ganz sicher, aber ich würde es schon irgendwie rüber bringen!
Ich spürte einen leichten Druck an meiner rechten Schulter. Ich wendete meinen Blick von Em ab und drehte meinen Kopf in die besagte Richtung. Marc lächelte mich aufmunternd an. Seit wann war er eigentlich so lieb zu mir?

"Du schaffst das schon", sagte er. Ich lächelte ihn dankend an. Nein, jetzt im Ernst. So kannte ich Marc gar nicht. Den Marc, der jedes Mädchen aufreißen will, den Marc, der sie jedes Mal nur verarscht und ausnützt, den Marc, dessen Herz gar nicht Kälter sein kann und DEN Marc, der.....na ja, ich, na egal. Daran möchte ich mich nicht mehr erinnern. Es ist Vergangenheit und war einmal. Und zu meinen Glück weiß das keiner. Nicht einmal Em! Und es sollte auch nie einer davon erfahren. Schon gar nicht Emely.

"Los, geh schon!" Noch einmal drückte er ermutigend meine Schulter, bevor er mich Richtung Em schubste.
Also gut, jetzt ging's los. Das schaff ich schon. Ich bin ein starkes Mädchen.
Taumelnd marschierte ich los. Es musste alles passen. Keinen falschen Schritt wagen. Keine falsche Tat machen. Nichts falsches sagen.
Ich fixierte sie, so lange, bis ich direkt hinter ihr stand.
Tief Ein - und Ausatmen. Du schaffst das Tess!
Zögerlich tippte ich ihr auf das Schulterblatt. Ja ich weiß, wie ein kleines Kind und ehrlich, so kam ich mir auch vor.

"Mhm?" Emely drehte sich schwungvoll um, sodass eine handvoll Haare meine Wangen streiften.
"Ach so, du bist", mit diesem Satz drehte sie sich wieder um. Na ganz toll.

"Emely! Können wir nicht wenigstens mal miteinander reden? Sonntag, 18:00 Uhr bei der Pizzeria La Cucina. Wenn dir was an unsrer Frundschaft liegt, komm. Ich lad dich ein", sagte ich und ging mit schnellen Schritten zurück in das Gebäude. Das wäre geschafft. Geredet hatten wir ja nicht wirklich, aber wenigstens ein Treffen. Na ja, wenn sie kam, versteht sich.

Was ich damals noch nicht wusste, die nächsten Tage, konnten turbulender nicht sein. Ich glaube, so viele Gefühle hatte ich noch nie in solch kurzer Zeit gehabt....

My best friends brotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt