"Du gehst da jetzt rüber!" Em stemmte demonstrativ ihre Hände in die Hüften.
"Nein, das tu ich nicht!"
"Doch!"
"Auf keinen Fall!", protestierte ich. Keine zwanzig Meter von uns entfernt saßen Jasper, Dean, Lukas, Roman und, um alles noch mal zu toppen: Ryan. Was machten die denn hier?! Was. Machten. Die. Hier?! Warum warum warum? Konnte das Schicksal nicht mal lieb zu mir sein und mir diesen einen Kinotag gönnen? Nachdem ich eh mit meinen Nerven hinüber war? Da ich nun wieder Emely hatte, konnte zwar alles nur mehr besser werden, aber eigentlich hatte ich auf einen entspannten Kinoabend mit ihr gehofft. Und nicht auf sowas! Es wäre ja auch noch okay gewesen, einfach an ihnen vorbei zu gehen, keiner hätte etwas bemerkt, aber Em bestand ja darauf, ihn zu begrüßen.
"Sicherlich!" Meine beste Freundin setzte sich schon in Bewegung, doch ich bekam noch ihr Handgelenk zu fassen.
"Warte!" So viel Zeit wie möglich totschlagen.
"Für was soll ich da jetzt rüber gehn?", fragte ich sie und zog einen Schmollmund.
"Du willst ihn doch wieder haben oder?"
"Ja schon, aber...-" "Nichts aber! Du gehst da jetzt hin! Ergreif deine Chance!"
"Welche Chance denn?! Der wird mich eh wieder abservieren!", heulte ich ihr vor. Keine zehn Pferde würden mich da hin bringen! Aber leider war Emely ja kein Pferd.
"Woher willst du das wissen?" Ungeduldig sah sie mich an. Es lag auf der Hand, das sie keine Sekunde länger wie nötig hier stehen würde.
"Ähm, weil..." Ja, woher eigentlich? Vielleicht schloss er mich auch in die Arme? Sagte mir, das er mir alles verziehen hatte? Aber, einfach so? Ohne, dass ich wirklich um ihn kämpfte? Das klang jetzt bescheuert da es im Grunde ja schließlich immer umgekehrt war. Trotzdem hatte ich da so ein Gefühl, dass er mich nicht einmal beachten werde!
"Weil ich es glaub!", behaarte ich also weiter. Zeit schinden, Zeit schinden. Innerlich flehte ich Ryan und seine Kumpels an, von hier zu verschwinden. Schnell in 'nen Kinosaal abzutauchen. So Telepathie mäßig eben. Leider ignorierten sie meine Übertragung gekonnt, oder, es gab so etwas überhaupt gar nicht. Ich vermutete mal ersteres.
"Glauben heißt aber nicht wissen." Em zwinkerte mir siegesicher zu.
"Dann weiß ich es halt." Beleidigt verschränkte ich meine Arme vor der Brust. Ich musste wie ein dreijähriges Kleinkind aussehen, dass kein Eis bekam. Obwohl ich komischerweise gerne auf Eis verzichtete. Ich mein, wer liebt nicht schon Eis?! Okay, ich!
"Benimm dich nicht als werst du fünf! Eigentlich bin ich ja mit einer 17 Jährigen Tess Lynley befreundet, doch anscheinend steckt ihr Gehirn in einem reiferen Körper."
"Haha! Ich lach mich schlapp!"
"I know baby!"
Schmollend ließ ich mich wieder zurück auf die Couch plumsen. Em hielt mir aufordernt ihre Hand hin.
"Kommst du?"
"Wohin?" Ja, dumm stellen. Noch so eine gern angewendete Macke von mir.
Meine beste Freundin seufzte genervt auf.
"Okay, mir aus. Wenn du da nicht sofort alleine hin gehst, trage und ziehe ich dich wenn nötig eben rüber", meinte sie und leider Gottes wusste ich, dass sie es Ernst meinte. Jap, das würde sie tuen ohne mit der Wimper zu zucken.
"Warum?!" Ich startete noch einen letzten Versuch.
Emely sah mich fragend an.
"Was, warum?"
"Warum kann ich nicht selber entscheiden ob ich da jetzt rüber gehen will oder nicht?"
"Weil du nicht weißt was gut und schlecht für dich ist", sagte sie.
"Und ob! Und ich weiß auch, dass wenn wir jetzt da rüber gehen, das schlecht für mich ist. Nein, dass es schlecht für UNS wär."
"Ich warne dich Tess."
"Ry und ich brauchen abstand voneinander Em."
Seufzend plumste sie sich gegenüber von mir auf den Platz.
"Tess, ihr hattet bereits schom abstand. Mehr als eine Woche! Oder sogar schon zwei! Jetzt wird es Zeit, wieder mit ihm zu reden", meinte Emely und ihre Stimme klang dabei sanft, mitfühlend.
"Ja schon, aber, ich glaube es ist noch immer zu früh dafür."
"Glaub ich nicht. Er vermisst dich."
Ich schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
"Ach ja und woher weißt du dass, hm?"
"So." Sie zuckte mit ihren Schultern.
Plötzlich hüpfte sie auf, zog mich mit und dann, keinen Augenblck später, standen wir vor Ryan.~~~
"Hey Ry!", rief Emely und hielt ihm 'nen High-Five hin, den er grinsend einschlug.
"Na kleine Stiefschwester, was machst du denn hier?", fragte er, noch immer grinsend. Langsam sackten meine Schultern ein. Er hatte, du gesagt, nicht ihr. Er hat statt: was macht ihr denn hier, was machst du denn hier gesagt. Er beachtete mich nicht. Und er würde mir auch nicht verzeihen. Ja ich weiß, man sollte Positiv denken, doch manchmal klappt das nicht so. Leider.
"Ja, ich und Tess-" sie legte lächelnd einen Arm um mich, doch anstatt das er mich anschaute, beobachtete er nur weiter Em "-schauen uns 'nen Film an und ihr?" Sie betachtete jeden amwesenden mit einem kurzen, warmen Blick. Sogar seine Kumpels sahen mich immer wieder kurz an, nur er nicht. Ja ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht hatte, einen großen, jedoch, konnte er mir nicht irgendwann verzeihen? Die Zeit heilt doch Wunden, oder? Wir können doch nicht unser Leben lang so tun, als ob es den Anderen nicht gäbe!
"Yo, wir auch", antwortete Jasper, und beeugte mich dabei komisch. Ein kühler Wind lief mir den Rücken hinab. Jasper und ich hatten ja schon eine kleine Ausaneindersetzung. Bei dieser er nicht ganz so Heil entkommen war.
"Cool, welchen Film?", hakte jetzt Emely weiter nach. Na ja, ich glaube das keine Gefahr bestand, sie im Kinosaal anzutreffen, wenn wir Spongebob guckten.
"Die Frau in Schwarz 2", sagte Roman.
"Ist das nicht so ein Horrorfilm?", meldete ich mich zu Wort. Mir war noch immer fraglich, wie jemand Horrorfilme schauen konnte. Mir wird ja schon schlecht, wenn ich nur an so was denke!
Alle nickten. Na ja, alle definiert außer Ryan.
"Ry?" Em machte eine Handbewegung, um ihn klarzumachen, dass er aufstehen sollte. Was er dann auch widerwillig tat.
"Da will jemand mit dir reden", sagte sie.
"Echt? Wer?"
"Tess."
"Wer?"
"Tess."
"Wer ist Tess?" Verwirrt guckte er Emely an. Klar, als ob er nicht mehr wissen würde mit wem er eine 10 Minuten geführt hatte. Als ob er nicht mehr wissen würde wer ihm das Herz gebrochen hatte. Oder für ihn war es gar nicht so Hardcore, wie er getan hatte und er ist schlichtwegs einfach nur ein guter Schauspieler.
Em seufzte teathralisch auf.
"Die da neben mir", erwiederte sie schließlich. Endlich sah Ryan mich an, und in seinen Augen schwamm Trauer, Verletzlichkeit aber auch Wut mit.
"Kein Bedarf", knurrte er, während er sich wieder auf den Sessel fallen ließ.
"Ach komm bitte Ryan! Ja ich weiß, dass ich einen verdammt großen Fehler gemacht habe! Und auch ist mir bewusst, dass du mir nicht sofort verzeihen kannst! Aber, können wir nicht wenigstens reden? Damit wir uns wieder in die Augen schauen können? Das wir uns nicht länger ignorieren? Man es tut mir so fucking leid!", bettelte ich ihn an.
Ry sah zu seinen Kumpels.
"Wollen wir? Unser Film fängt bestimmt gleich an." Ein paar schauten ihn traurig an, ein paar nickten. Und ausgerechnet Jasper warf ihm böse Blicke zu und fragte ihn murmelnd, ob er nicht vielleicht doch mit mir reden wolle. Im Grunde war war gar kein soooo großen Arschloch wie ich vermagt haben mag. Und trotzdem rennt Ryan nun quasi von mir weg. Toll. Ganz toll.
Traurig sah ich ihnen hinterher. Ob er mir jemals verzeihen könnte?
"Hey Tess. Komm, ich glaube, wir gehen jetzt besser nach Hause", meinte meine beste Freundin und erstmals merkte ich, dass mir eine Träne hinunter rann. Ich nickte nur, hakte mich bei ihr unter und gemeinsam latschten wir hinaus in den kalten Nebel, der die Stadt nun umhüllte und aussah, als würde er uns beschützen aber gleichzeitig auch von der Anderen Welt abschirmen.
"Siehst du, er will mich nicht mehr", jammerte ich mit Tränen in den Augen, während wir zum Parkplatz trotteten.
"Ach komm, dass wird schon wieder", versuchte sie mich auf zumuntern. Betonung auf versuchte.
"Nein wird es nicht."
"Doch! Vertrau mir! Ich hab da so einen Plan."
"Em?!" Panisch rückte ich ein wenig von ihr ab.
Das klang nicht gut. Das klang ganz und gar nicht gut.
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My best friends brother
Roman d'amourTess ist übermütig, hat ein großes Mundwerk und ist beliebt. Ihre beste Freundin Em lädt sie eines Tages zu sich ein zum übernachten. Was sie nicht weiß, Em hat jetzt einen großen Bruder, den sie noch nie zuvor gesehen hat. Wenn er da ist, schaltet...