Kapitel 36.

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Erschöpft, verheult und mit halben Herzen trat ich am nächsten Morgen ins Zimmer. Die Nacht über hatte ich in der nähe des Hotels verbracht. Es war Arschkalt gewesen, Leute hatten mich schief angeschaut und meine Tränen wollten einfach nicht aufhören. Aber es war besser so. Ich weiß dass.

Ich wollte Em nicht unter die Augen treten. Noch nicht. Deshalb verschanzte ich mich erstmal im Badezimmer und betrachtete mich im Spiegel. Meine Augen waren angeqoullen, mein Gesicht hatte überall Tränen spuren. Meine Haare waren verfilzt und standen irgendwie vom Kopf ab. Überall am Körper hatte ich kleine Schürfwunden. Kamen wohl davon, dass ich mich gestern Nacht absichtlich auch einen Platz voll scharfer Steine gelegt hatte. Wollte Schmerz empfinden, mir selber zuführen, damit ich körperlich nachempfinden konnte, wie es für Ryan war. Wollte mit ihm Leiden. Und heute würde ich einen erneuten Versuch starten. Ich konnte ihn doch nicht einfach so gehen lassen!

Schnell streifte ich meinen zerrissenen Rock und Pulli aus und stellte mich unter die Dusche.

Das heiße Wasser ergoss sich über meinen Körper und alles brennte Höllenmäßig, als das Wasser in die offenen Stellen floss. Dennoch drehte ich den Hahn nicht ab. Ließ es zu, dass es in meine Wunden kroch. So viel Schmerz wie gestern Nacht konnte keiner mehr Toppen, also war es mir auch egal. Sollte es doch ruhig meinen Körper verbrennen. Ich würde nicht schreien, würde mich nicht wehren. Einfach nur da stehen und an Ryan denken. An ihn und mich. Wir zu zweit gegen den Rest der Welt..War einmal.Jetzt nicht. Nicht mehr.

Ich konnte und wollte nicht glauben, dass ich das gestern erst gedacht hatte. Wir zwei forever togheter. Für immer zusammen. Wär schön..Zu schön. Doch ich war doch selbst Schuld. Und genau deswegen musste ich es wieder auspügeln. Egal wie, Hauptsache, er glaubte mir!

Ein lautes poltern war an der Badezimmertür zu hören. Langsam drehte ich den Hahn zu und öffnete die Duschkabine. Draußen wartete bestimmt Em. Wer auch sonst? Und sie würde mich in die Arme schließen, mich trösten aber auch sagen, was für einen Kack ich gemacht hatte. Und gemeinsam würden wir eine Lösung finden. Wie sonst auch immer.

Ich schlang mir ein Handtuch um den Körper und trottete zur Tür. Mit einem Schwung riss ich sie auf und schaute in ein wutverzerrtes Gesicht. Keine Mitfühlende Emely stand vor mir, sondern eine wütende. Und anstatt, dass sie mich in die Arme nahm, holte sie aus und klatschte ihre zarte Hand mit voller Wucht auf meine nasse Wange.

"Was bildest du dir bloß ein?! Und sowas soll meine beste Freundin sein?!", schrie sie mich an. Völlig perplex schaute ich sie an. Was sollte dass denn?!

"Was meinst du?", fragte ich sie verwirrt. Okay, klar, sie meinte das gestern mit Ryan, aber dass sie so reagierte hätte ich nicht gedacht.

"Du weißt es genau! Du hast ryan betrogen! Sag mal, was erlaubst du dir eigentlich?!"

"Es tut mir leid Emely. Das habe ich auch schon Ry gesagt und habe ihm versucht das alles zu erklären, aber.."

"Ein Wahnsinn das du es nicht einmal eine Nacht mit ihm aushälst bevor du fremd gehst!", sagte sie mit wütender Stimme und überhörte ganz meine Antwort. So kannte ich meine beste Freundin doch gar nicht.

ich wollte gerade anfangen, ihr alles zu erklären, als sie mir ins Wort fiel: "Dabei warst du doch sonst nie so..", murmelte sie. Man sah ihr deutlich an, dass sie traurig war.

"Eben! Und ich bin jetzt auch nicht so! Ehrlich! Ich weiß auch nicht, was da gestern mit mir los war. Glaub mir doch Emely!", flehte ich sie an. Es konnte doch nicht sein, dass ich jetzt auch noch meine beste Freundin verlor!

Sie stellte meinen Koffer vor mich hin.

"Hier, dein Koffer. Schon fertig gepackt zum Abreisen.", sagte sie. Verwirrt öffnete ich den Koffer und meine Klamotten ragten mir georndet und zusammengefaltet entgegen.

"Was soll das Em?"

"Du wirst heute abreisen. Keine Sorge, meine Eltern kaufen dir dein Zugticket. Sie können dich auch Heim bringen wenn du willst", antwortete sie mir. Na ganz toll! Ich wollte heute doch noch mal versuchen ryan umzustimmen, stattdessen kam sie mir mit der Abreise entgegen. Aber vielleicht war es für alle das Beste.

"Deine Eltern wissen das mit gestern?", fragte ich sie. Es war mir schon irgendwie peinlich. Schließlich war es mir nicht egal, wie ich auf die Eltern meiner besten Freundin rüberkam.

Emely schüttelte den Kopf.

"Ne, die glauben, dass du früher Heim willst weil es dir nicht so gut geht."

"Oh, okay, danke", murmelte ich unsicher. Obwohl sie stinksauer auf mich war, hatte sie trotzdem für mich gelogen. Sie wusste, wie ungern ich es hörte, dass Eltern mich nicht mochten. Ja, sie wusste eben all meine Geheimnisse.

Für einen kurzen Augenblick dachte ich, sie würde sich doch noch umentscheiden und mir lächelnd in die Arme fallen, doch dann schoss ihr anscheinend wieder das Bild von gestern in den Kopf, dass Ryan ihr ins Gehirn gepflanzt hatte und wurde schlagartig wieder sauer.

"So! Und jetzt geh! Falls es dir entgangen ist, du bist hier nicht mehr erwünscht!"

Ich wollte noch etwas erwiedern, doch sie brüllte noch mal 'Raus'. Weshalb ich mich mit gesenkten Kopf in Richtung Flur machte, nachdem ich mir was übergezogen hatte.

Em begleitete mich noch bis zu ihren Eltern. Rayn war nicht da, oben in seinem Zimmer.
Als ich Ems Eltern fragte Wieso, antwortete sie mir nur lächelnd, er wolle sich nicht anstecken.

"Komm, wir bringen dich Heim", Frau Bauer schob mich liebevoll zum Ausgang.

"Oh, nicht nötig", antwortete ich ihr. Ich wollte nicht, dass sie mich Heim brachten. Ich wollte mit dem Zug fahren. Auch wenn ich mich verfahre, ich musste über so vieles Nachdenken und das geht am Besten alleine und mit Musik.

"Keine widerrede", ermahnte mich Herr Bauer schmunzelnd und hievte meinen Koffer in den Kofferraum.

Ich schüttelte kaum merklich mit dem Kopf. Ich wollte keine Diskussion mit ihnen anfangen, aber auf keinen Fall wollte ich, dass sie mich Heim brachten.

"Nein, wirklich", startete ich erneut einen Versuch.

"Ach Schätzchen. Mit dem Auto ist es doch viel beqeumer und geht schneller."

"Nein! Ich will mit dem Zug fahren!", rief ich. Erschrocken über mich selbst zuckte ich zusammen. Ich war doch sonst nie so zu Eltern meiner Freunde.

Emelys Eltern sahen mich ebenfalls geschockt an, griffen sich aber schnell wieder und lächelten mich an.

"Na klar. Wenn du es willst", murmelte Frau Bauer und lud mich mit einer Armbewegung ein, auf einen der hinteren Sitze Platz zunehmen.

Ich wollte mich noch von Em verabschieden und ging langsam auf sie zu. Ich wusste, sie war verdammt wütend auf mich, aber da ihre Eltern da waren würde sie mitspielen und sich von mir Umarmen lassen.

Ich drückte sie kurz und flüsterde ihr mit trauriger Stimme ins Ohr: "Es tut mir furchtbar Leid, Emely."

"Und mir tut es furchtbar Leid, so eine beste Freundin gehabt zuhaben. Ich, nein, WIR werden dir das nie verzeihen werden", flüsterde sie sauer zurück.

Ich löste mich vorsichtig von ihr und merkte, wie mir ein dicker Klos im Hals steckte. Meine Augen füllten sich erneut mit Tränen, doch ich schluckte sie hinunter. Ich wollte nicht vor Frau oder Herr Bauer weinen.

Langsam trottete ich zum Wagen hin und stieg ein. Emely würdigte mich währenddessen keines Blickes und lief stattdessen hinauf zurück in unser Zimmer. Zwei Tage waren sie noch hier. Ohne mich. Wahrscheinlich auch besser so.

~~~

Die Fahrt bis zum Hauptbahnhof verlief schweigend. Keiner sagte etwas und das war auch besser so. Am Bahnhof zahlten sie mir die ganze Strecke bis zu mir nach Hause und erklärten mir alles, wo ich einsteigen sollte. Ab der Hälfte der Erklärung stieg ich aus und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Es war mir egal, wenn ich falsch fuhr. Vielleicht war das sogar besser!

Mein Zug kam und ich beförderte mich in einer der Waggons. ich saß alleine mit 'ner alten Oma mit weißen, kurzen Haare und einer Hornbrille. Ansonsten war keiner. Zu meinen gunsten. So konnte ich wenigstens besser über alles Nachdenken, ohne das mich wer störte.

My best friends brotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt