Prolog

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Blinzelnd schlage ich die Augen auf. In ein paar Minuten läutet mein Wecker. Ich wache jeden Morgen kurz vor dem quietschenden Klingeln meines Weckers auf. Meine innere Uhr kann gar nicht mehr anders. Noch bevor das Geräusch mich aus dem Bett wirft, stehe ich auf und schleppe mich ins Bad.

Ich bin so dumm. Ich schaue in den Spiegel und erblicke mein Spiegelbild. Wie kann ich nur so eingebildet und doof sein. Ich fühle mich so hässlich, kann mich nicht einmal im Spiegel ansehen. Wie jeden Morgen ziehe ich die Vorhänge zu, sodass kein Licht mehr in den Raum kommt, bevor ich mich ausziehe. Ich ertrage es nicht, meinen Körper zu sehen. Also schließe ich kurz die Augen, bevor ich in die Duschkabine tapse. 

Mit geschlossenen Augen spüre ich, wie das Wasser auf mich herabprasselt. Es ist kalt und ich zittere. Viel weniger wegen der niedrigen Temperatur der Flüssigkeit, die langsam meinen Körper entlangtropft, sondern vielmehr wegen meines Herzen, dass ununterbrochen schneller schlägt. Es kommt mir vor, als wolle es mich verhöhnen und mir zurufen: "Jetzt mach endlich deine Augen auf, du kannst dich nicht vor dir verstecken. Du wirst dir selbst nie entkommen." Ich höre das Lachen in jedem einzelnen meiner Gliedmaßen und kneife die Augen nur noch fester zu. 

Für einen Moment genieße ich die Stille, bevor ich die Augen aufreiße. Und wie jeden Tag aufs Neue bereue ich es, in die Dusche gestiegen zu sein. Meine Finger gleiten langsam meinen Körper entlang. Zuerst berühre ich mein Handgelenk und ziehe daran. Ich spüre Fett, meine Haut, bevor ich darunter meinen Knochen ertaste. Meine Hände gleiten zu meinem Bauch, diesen ziehe ich unwillkürlich zusammen. Ich kneife mich, boxe etwas hinein, um das aufkommende Gefühl von Übelkeit und Hass zu verdrängen. Das Ritual des Ertastens und Ziehens, Zwickens, Kratzens führe ich an meinen Oberschenkeln fort. Ich spüre die ersten Tränen, die mir meine letzte Kraft nehmen, bevor ich die Duschwand entlang auf den Boden rutsche und leise zu schluchzen beginne. Um mein Morgenritual zu beenden, lege ich meine Hand unter meine Brust und berühre auch diese. Dieses Mal ist mein Schluchzer aber nicht dem vielen Fett geschuldet, sondern dem fehlenden. Ich schließe die Augen. Ich bin hässlich. Ich bin widerlich. Nachdem meine letzten Tränen versiegt sind, steige ich aus der Dusche, um mich schnell umzuziehen. Gewogen habe ich mich lange nicht mehr, um meinen Hass nicht noch mehr zu steigern. Ich habe Angst vor der Zahl, die mich dort erwarten würde. Ich habe Angst vor der Enttäuschung und dem Hass. Also schüttle ich mich schnell, ziehe mich fertig um, verlasse den Raum und stürze mich in das Chaos, das sich mein Leben nennt. 

Am Frühstückstisch würge ich meinen Toast hinunter, damit mich meine Eltern in die Schule lassen. Ohne Essen darf ich nicht aus dem Haus, ist ihre eiserne Regel. Während ich esse, lese ich mir meine Notizen für den heutigen Tag durch. Die Zahlen und Worte schwirren in meinem Kopf. Ich beginne mich zu entspannen. Lernen ist die beste Ablenkung. Es ist alles beim Alten. Bis mein Vater sich hinter mir räuspert, mich zu beeilen, um noch rechtzeitig in die Schule zu kommen. Ach ja, die Hölle wartet. 

Dort angekommen beginnt sich in meinem Kopf erneut alles zu drehen, aber ich lächle, als ich Luke sehe. Er sitzt bei seinen Freunden an einem Tisch in der Aula. Sie lachen ausgelassen. Ich stelle mich dazu und höre ihren Gesprächen zu. Als es zum Unterricht läutet, stehen sie auf und gehen in Richtung Klassenzimmer. Ich gehe ihnen nach. Hier habe ich das Gefühl, dazuzugehören.



Heyy zusammen! Ich freue mich riesig, dass ihr hier seid und meiner Geschichte eine Chance gebt! Ich hoffe, euch hat der erste Teil gefallen... :-)

Behind my maskWo Geschichten leben. Entdecke jetzt