Kapitel 22

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Die halbe Nacht liege ich in Masons Armen, starre an meine Zimmerdecke und denke über die jüngsten Ereignisse nach. Wir haben uns geküsst. Naja, er hat mich geküsst. Mason hat meine Verletzungen gesehen. Er hat mich nicht dafür verurteilt. Und ich bin nicht dick? Oder doch? Zumindest Mason findet mich nicht dick? Aber hat er das wirklich so gemeint? Ich weiß nicht, was ich denken soll. Das war alles ganz schön viel auf einmal.

Ich bin erschöpft und müde, aber ich zwinge mich, meine Augen offen zu halten. Die Möglichkeit, dass ich einen Albtraum haben könnte, während Mason neben mir liegt, ist beängstigend und hindert mich am Schlafen.



Als ich die Augen aufschlage, kommen mir drei Gedanken.

Erstens habe ich anscheinend doch noch eingeschlafen. Ich fühle mich ausgeruht und frage mich, wann ich mich nach einer Nacht so erholt gefühlt habe. Der zweite Gedanke, der mich einnimmt, ist, dass mein Kopf noch immer auf Masons Brust liegt. Und nicht nur das, auch seine Hand hat seinen Platz an meiner Taille nicht verlassen. Dabei fühlt sich diese Berührung nicht neuartig an, sondern so, als hätte seine Hand nie irgendwo anders gelegen. Ich muss mich zusammenreißen, um nicht laut zu jubeln, als mir etwas ganz anderes klar wird: Ich hatte seit über 3 Jahren das erste Mal keinen Albtraum.

Ich lächle.

„Guten Morgen, Em! Wie geht es dir?"

Auch Mason scheint meine gute Laune bemerkt zu haben, denn in sein Gesicht schleicht sich ein selbstgefälliges Grinsen.

„Bist du bereit?"

Mein Lächeln fällt in sich zusammen. Der Überraschungsausflug!

„Ich weiß nicht so recht", murmle ich.

„Das wird super! Vertrau mir."

„Okay."



Nach dem Aufstehen führt mich mein erster Weg ins Bad. Als ich die Türe zusperre, frage ich mich, ob das alles ein schöner Film war oder ist. Was wird gleich passieren? Immer wenn es am schönsten ist, geschieht irgendetwas, dass das wieder kaputt macht. Und dieses Irgendetwas löse ich aus. Das ist jedes Mal so. Und das macht mir Angst. Weil ich will das nicht zerstören. Ich fühle mich so angekommen. Sicher und glücklich. Ja, ich bin wirklich glücklich.

Das Wasser beginnt zu fließen. Sobald es auf meinen Körper trifft, legt sich in mir ein Schalter um und ich kann meine Hand nicht ruhighalten. Bestimmt hat Mason das alles gestern nur gesagt, damit ich mich beruhige. Als ich meine Augen öffne, spüre ich den Hass, der mit der Kälte des Wassers verschwimmt.

Ich kann das nicht mehr. In meinem Kopf verschwimmt alles und in mir dreht sich alles. Das fühlt sich so falsch an. Ich will nicht das nicht zerstören. Ich habe das Gefühl, mir entgleitet mal wieder mein Leben. Ich habe einen wirren Kopf und meine Gedanken laufen auf Hochtouren. 

Ich will das alles nicht mehr.




Anmerkung: Ich hoffe, ihr seid nicht enttäuscht, dass Em es nicht schafft, aus ihren alten Muster auszubrechen und mit ihrem Selbstverletzungsritual aufzuhören. Ich will aber, dass das realistisch wirkt. Und egal, wie gut ihr Mason tut und wie sehr sie sich geöffnet hat, so ein Verhalten lässt sich nicht von heute auf morgen abstellen. Aber nichtsdestotrotz sind die letzten Kapitel ein Wendepunkt in Ems Leben. 

Behind my maskWo Geschichten leben. Entdecke jetzt