Traurigkeit, Angst, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit, Sehnsucht, Leere, Wut und Schmerz – all diese Gefühle wechseln sich in der Trauer ab, manchmal überfluten sie einen auch gleichzeitig oder brechen kurz hintereinander über uns herein.
Ich glaube nicht, dass auch nur eines dieser Gefühle die Gemütslage von Mason annähernd beschreiben kann. Ich dagegen flüchte mich lieber in den Verstand. Auch von zuhause kenne ich es nicht, dass Gefühle angenommen und ausgedrückt werden. Über Gefühle, Konflikte, Verletzungen wird nicht gesprochen. Aber Gefühle lassen sich nicht verbannen, höchstens tief vergraben oder vorübergehend wegschieben.
Dass auch Mason so verletzlich sein kann, so verletzt und so gebrochen, bringt mich durcheinander. Er hält sich an mir fest, sucht bei mir Halt. Das kenne ich nicht. Denn normalerweise ist es genau andersherum. Ich brauche jemanden, der mich auffängt, wenn ich zu fallen drohe. Doch dieses Mal sucht er bei mir Sicherheit, er umarmt mich noch immer. Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, aber Masons Schluchzen hat nachgelassen. Dennoch rührt sich keiner von uns beiden von der Stelle. Ich habe Angst davor, dass das Leuchten in seinen Augen, wenn er sich von mir löst und mich anschaut, verschwunden ist.
Ich weiß nicht, was der Tod eines geliebten Menschen mit einem macht. Ich weiß auch nicht, wie gut Mason Rylee kannte. Aber was ich weiß, ist, dass er jetzt in diesem Moment meine Hilfe braucht und ich diejenige bin, die ihm diese geben kann. Meine Hände streichen behutsam über seinen Rücken, während ich hoffe, dass diese Berührung beruhigend auf ihn wirkt.
„Danke", Masons Stimme ist heiser. Er stellt sich langsam wieder aufrecht hin und lässt mich los. Dann legt er seinen Kopf sanft auf meine Stirn. Unsere Haut berührt sich. Stirn an Stirn stehen wir da, unsere Nasenspitzen berühren sich fast. Ich frage mich, wie es möglich sein kann, dass mir diese einfachen Berührungen so viel Kraft geben können. Ich fühle mich gestärkt und auch Mason scheint es besser zu gehen.
Drei Tage und ein Wochenende später spricht kaum jemand mehr über die Beerdigung oder die gefallenen Dreizehn. Auch die Schonfrist der Professoren ist zu Ende. Der Uni-Alltag rauscht wie ein pfeifender Zug auf mich zu und droht mich zu überfahren. Ich stürze mich in die Vorlesungen, sauge jede Information in mir auf und lerne so viel ich schaffe. Dadurch erhoffe ich, mir möglichst viel Lernstoff vor der Klausur zu ersparen, indem ich bereits einige Lerninhalte beherrsche. Aber es will mir nicht gelingen.
In der Bibliothek kann ich nicht mehr in den Trance-Zustand meiner Gedanken gelangen und auch in meinem Zimmer ist es mir nicht möglich, abzuschalten und mich voll und ganz auf meine Unterlagen zu konzentrieren.
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Behind my mask
Teen Fiction„Weil ich nichts wert bin." Zischend vor Schmerz will ich ihm meine Hand entziehen, die er noch immer fest umklammert hält. Aber dafür ist es schon zu spät. Mein Ärmel ist ein Stück weit hochgerutscht. Sein Blick ist auf die blauen Flecken, die rote...