Kapitel 40

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„Emilia!", Stephanie winkt mir von weitem zu. Am liebsten würde ich weitergehen, aber aus einem inneren Impuls heraus bleibe ich stehen und warte, dass sie näherkommt. Stephanie ist eine Kommilitonin von Mason und veranstaltet die besten Hauspartys, wenn man Cathys Aussagen trauen darf. Woher kennt sie meinen Namen?

„Hey", keucht sie, als sie vor mir zum Stehen kommt.

Ich nicke nur.

„Du hast ihm nichts zu bieten, Kleine", säuselt sie und blinzelt dabei mit ihren langen, aufgeklebten Wimpern. Obwohl sie keine Namen gesagt hat, weiß ich sofort, wen sie meint und es versetzt mir einen Stich in die Brust. Ich weiß, dass sie die Wahrheit sagt. Ich weiß, dass ich Mason nichts zu bieten habe und ich weiß auch, dass ich klein bin. Aber es aus dem Mund einer Fremden zu hören, macht das Ganze noch einmal greifbarer. Zwischen Mason und mir liegen Welten. Außerdem hat er mehr als deutlich gemacht, dass er nicht mit mir zusammen sein will.

„Wir sind nicht zusammen", krächze ich und meiner Stimme hört man an, dass ich seit Tagen kaum ein Wort gesprochen habe.

Stephanie strafft ihre Schultern.

„Na dann wird es dich sicherlich nicht stören, dass wir gestern auf meiner Party was miteinander hatten. Wie er küsst! Er ist wirklich der Wahnsinn im Bett, aber dir brauche ich das nicht zu erzählen, was."

Dachte ich gerade noch, ihr Satz, ich habe Mason nichts zu bieten, habe mich verletzt, so stürzt mich dieser ins Nirvana. In mir staut sich eine Mischung aus Wut, Enttäuschung und Trauer an. Mason hat mich nur benutzt. Ich bin austauschbar. Ich bin nur eine unter vielen. Ich habe es immer geahnt, nur wollte es mir nie eingestehen. Mein Vorsatz, nicht mehr auf die Meinung und Sticheleien anderer zu reagieren, löst sich mit einem Mal in Luft auf.

„Nein, wie kommst du denn darauf?", krächze ich erschöpft. Diese Genugtuung will ich ihr nicht geben. Und doch weiß sie, dass sie erneut etwas in mir zum Brechen gebracht hat. Wie oft muss ich noch zerbrechen, bis nichts mehr bleibt?

Stephanie lächelt gekünstelt, bevor sie sich umdreht und davonstolziert.

Sie entspricht dem Klischee der Barbie-Puppe und mir wird bewusst, dass ich nie so einen Körper wie sie haben werde.

Mit einem Ruck sehe ich mich wie ein Außenstehender in den Gängen der Universität stehen: allein und verlassen, mit gesenkten Schultern, gebeugtem Gang und hässlicher, viel zu dicker Figur. Ich fühle mich hilflos, mehr als je zuvor und ich hasse mich dafür.

Ich frage mich, was dieses Gespräch mit Stephanie für einen Sinn hatte. Wollte sie mir einfach nur unter die Nase reiben, dass ich nichts wert bin? Das wusste ich schon. Auch wenn ich gestern nach dem Gespräch mit Ally für einen kurzen Moment dachte, es wäre anders.

Mason hat mich ersetzt, durchfährt es mich wieder.

Doch dieses Mal spüre ich keine Trauer oder Enttäuschung, sondern blanke Wut. Ich war mal wieder so naiv zu glauben, es wäre anders.

Und dann sehe ich ihn. Mason steht am Eingang eines Hörsaals und blickt zu mir herüber. Unsere Blicke treffen sich. Ich atme tief durch, um nicht hier und jetzt zu schreien zu beginnen. Er hat mich mehr verletzt, als es Tristan oder Anna je gekonnt hätten. Ich habe ihm blind vertraut. Auf dem Absatz mache ich kehrt und versuche, meine Wut unter Kontrolle zu bekommen. Doch sie wird immer größer und wilder. Ich habe eine so große Wut in mir, dass ich zu explodieren drohe.

Wutentbrannt strebe ich mein Ziel, die Turnhalle, an und stürme auf den Boxsack zu, der in einem kleinem Nebenraum bei den Fitnessgeräten von der Decke hängt. Die anderen Studierenden nehme ich gar nicht wirklich wahr, so sehr beherrscht mich der Zorn, der in mir tobt.

Behind my maskWo Geschichten leben. Entdecke jetzt