Mason will mich unbedingt überreden, dass ich am Samstag auf sein erstes Spiel nach seinem Unfall komme. Aber ich kann einfach nicht. Ich habe echt versucht, es ihm plausibel zu erklären, aber ich verstehe es ja selbst nicht einmal. Und so stehe ich jetzt hier. Schließlich habe ich mich geschlagen gegeben und dazu überreden lassen, ihn wenigstens zum Training zu begleiten. Vermutlich mache ich das, weil er es in letzter Zeit so schwer hatte. Aber unter uns gesagt: Ich hätte ihm diesen Wunsch nicht ausschlagen können, zu sehr begeistert mich die Fußballwelt noch immer.
Die Jungs stehen am Feld und wärmen sich auf. Ich kenne mich mit solchen Trainingseinheiten nicht wirklich aus. Aber während ich den Coach beobachte, merke ich, dass dahinter ein sinnvoll entwickeltes System stecken muss und der Coach ein bestimmtes Ziel mit den einzelnen Übungen verfolgt. So wirkt es zumindest auf mich als Außenstehende.
Ich befinde mich etwas am Spielfeldrand und betrachte das Geschehen aus einer angenehmen Entfernung. Ich kann mich voll und ganz auf die Situation auf dem Feld konzentrieren, ohne mir über irgendwelche Mitmenschen Gedanken machen zu müssen. Das gefällt mir.
Ich glaube, der Coach will mit seinen Spielformen die Schnelligkeit der Fußballer prüfen und antrainieren. Er hat die Spieler in vier Teams geteilt, die sich gegenseitig Bälle zupassen. Auf Kommando des Trainers wechseln die Teams das Feld. Dabei bestimmt er die Richtung und so kommt etwas Rhythmik in die Übung. Danach folgen Übungen zum Dribbling und Passen.
Auf einmal kann ich mich nicht mehr konzentrieren und mir wird etwas schwindelig. Vielleicht liegt es am Mittagessen ... habe ich überhaupt zu Mittag gegessen?
„Vorsichtig!", Mason hält mich fest, als der Boden unter mir schwankt. Hat er das Feld einfach so verlassen? Wegen mir? Was ist passiert?
„Em?"
Er ist mir viel zu nah, als dass ich klar denken oder reagieren könnte. Sein Duft umfängt mich und ich schwanke bedrohlich in seinen Armen.
Ich schließe die Augen.
„Emilia!" Ich drücke eine Hand gegen meinen Kopf und versuche, mein Gleichgewicht zu finden.
„Du bist weiß wie die Wand."
„Mir geht es gut", versuche ich ihm glaubhaft zu machen. Ich mache einen Schritt nach vorne, aber sofort beginnt sich meine Umgebung zu drehen, als hätte jemand den Boden um neunzig Grad gekippt.
„Das glaube ich dir erst, wenn du wieder gerade stehen kannst."
Und dann geht plötzlich alles ganz schnell. Ich sacke in Masons Armen zusammen, er hebt mich hoch und trägt mich zu den Zuschauertribünen. Ich setze mich und lasse meinen Kopf in die Hände sinken. Wenn es nur aufhören würde, dass sich alles um mich dreht.
Langsam löst Mason meine Hände von meinem Gesicht. Seine Berührung jagt mir einen Stromstoß durch den Körper. In seinem Blick liegt so viel Besorgnis und Wärme.
„Mir ist nur schwindelig."
„Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?" Seine Augenbrauen hat er verärgert zusammengeschoben. Seit wann kennt er mich so gut?
Ich schließe die Augen, um einen einigermaßen klaren Kopf zu bewahren. Denn bei Masons braunen Augen war dies keinesfalls möglich. Dann entfährt mir ein Seufzen.
„Gestern", murmle ich leise. Seitdem ich den Donut gebrochen habe, habe ich meine Finger von jeglicher Nahrung gelassen. Ich hasse mich dafür, was ich getan habe, und habe mir geschworen, es nicht noch einmal so weit kommen zu lassen.
„Verdammt, Emilia!" Masons Stimme ist voller Verärgerung und hört sich mehr nach einem Knurren an. „Du musst besser auf dich Acht geben."
Vorsichtig will ich aufstehen, doch ich schwanke erneut, sodass mich Mason festhalten muss.
„Warst du schon immer so dünn?" Er hält meinen Oberarm umfasst und dreht ihn in seinem Griff als handle es sich dabei um einen Hühnerknochen.
„Bitte nicht, Mason", flüstere ich. Meine Stimme ist brüchig. Ich muss meine Tränen zurückhalten. Ich halte diesen Druck nicht mehr aus.
„Hey", Mason streicht mir sanft über die Wange. „Du kannst mir vertrauen, okay?"
Seine Worte erreichen mich nicht. Ich kann ihm nicht vertrauen. Ich kenne ihn kaum und er weiß schon so viel über mich, das ich beschlossen habe, nie wieder jemanden zu erzählen. Und doch habe ich mich so sehr geöffnet.
„Ich will dir doch nur helfen", flüstert er so leise, als würde er zu sich selbst sprechen und wäre gar nicht für meine Ohren bestimmt.
Ich richte mich auf und falte die Hände im Schoß. Stumm kämpfe ich gegen mein inneres Ich. Nein. Nein. Nein. Ich will nicht gerettet werden. Ich muss nicht gerettet werden. Nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Nie wieder.
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Behind my mask
Teen Fiction„Weil ich nichts wert bin." Zischend vor Schmerz will ich ihm meine Hand entziehen, die er noch immer fest umklammert hält. Aber dafür ist es schon zu spät. Mein Ärmel ist ein Stück weit hochgerutscht. Sein Blick ist auf die blauen Flecken, die rote...