Kapitel 8

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„Auf Partys hat man Spaß. Du wirkst nicht gerade so, als würdest du dich amüsieren."

Ich fahre erschrocken herum. Mason Buckley. Was will der denn hier?

Darauf fällt mir kein bissiger Kommentar ein, der ihn dazu bewegen könnte, mich in Ruhe zu lassen, also zucke ich unbeteiligt mit den Schultern.

Naja, mein Outfit tut wahrscheinlich sein Übriges. Ich trage noch immer meine Jogginghose und einen Schlabberpulli. Meine Haare habe ich vorhin irgendwie nach oben gesteckt, ich habe vermutlich ein Vogelnest auf dem Kopf. Ja, ich schaue mit Sicherheit mega party-tauglich aus.

„Ich bin auch eigentlich gar nicht auf der Party."

Er runzelt die Stirn und will anscheinend den Mund öffnen, um etwas zu erwidern, besinnt sich dann eines Besseren und schließt ihn wieder. Ich kann mir schon denken, was er sagen wollte. Schließlich stehe ich in einem Flur einer Wohnung, in der gerade eine Party stattfindet. Mein Kommentar war mal wieder mehr als sinnfrei.

„Aber was genau machst du dann hier?"

In seiner Stimme liegt Verwirrung und Belustigung. Dieser Mensch sieht in allem einen Spaß, was?

„Wohnen."

Wow, heute hab ichs einfach drauf! Warum bekomme ich keinen geraden Satz zustande?

Kurze Zeit stehen wir schweigend da, als wüsste keiner von uns, was wir sagen sollen. Trotzdem fühlt es sich nicht merkwürdig an.

Aus den Lautsprechern in der Küche tönt auf einmal Footloose von Kenny Loggins. Das Lied gibt es seit Neunzehnhundertfeuerzeug, was macht das bitte auf dieser ultra-coolen Party? Doch, bevor ich meine Gedanken vertiefen kann, dringt ein schriller Aufschrei an mein Ohr.

„Oh mein Gott, ich liebe diesen Song. Komm mit. Du musst unbedingt mit mir tanzen."

Vor Mason hat sich eine perfekt aufgebrezelte Frau aufgebaut. Ihre Brüste springen fast aus ihrem Paillettenkleid, das ihr bis kurz unter die Hüften geht. Hinsetzen möchte ich mich mit diesen Teil nicht, aber das ist vermutlich der Zweck dieses Kleides?

Die Blondine in den hochhakigen Schuhen, mit denen sie jemanden die Augen ausstechen könnte, schaut mich mit aufgerissenen Augen an. Vermutlich sieht sie jemanden wie mich nicht auf jeder Hausparty. Mein Outfit sieht auch mehr nach Wochenend-Gammellook aus. Oder sie sieht in mir eine Art Mason-Konkurrenz? Das wäre doch lächerlich. Trotzdem fühle ich mich sofort von ihr eingeschüchtert. Ich erwidere ihren Blick nicht, sondern inspiziere die Wand auf der gegenüberliegenden Seite des Flurs.

Mason schaut verunsichert zu mir, so als müsste er sich von mir die Einverständnis einholen, mit ihr gehen zu dürfen.

Auf seinen fragenden Blick zucke ich nur die Schultern. Ich bin schon groß, ich kann ganz gut auf mich selber aufpassen.

Dann greift die Blondine nach seiner Hand und zieht ihn hinter sich her. Ich stehe noch immer verdattert im Flur. Mit wenigen Schritten gehe ich Richtung Küche, um mir von dem Spektakel ein Bild zu machen. In mein Zimmer kann ich nicht zurück, also bleibt mir nichts anderes übrig, als im Flur auf weitere knutschende Pärchen zu stoßen oder mich von dem Ausmaß dieser Party selbst zu überzeugen.

Ich war noch nie eine große Tänzerin. Die Menschen in der Küche sind das ebenfalls nicht. Aber das scheint sie nicht zu stören. Vermutlich liegt es am Alkohol. Auf der Spüle türmen sich rote Becher, Bierflaschen, Schnaps und Knabberzeug.

Die Melodie ebbt ab und das nächste Lied beginnt.

Stereo Hearts von Adam Levine. Wenigstens gefällt mir die Musik, auch wenn ich so meine Probleme mit der Menschenmenge habe. Ein Gefühl der Bedrängnis verunsichert mich. Ich will hier weg, weiß aber nicht, wohin. Es ist mitten in der Nacht. Jetzt nach draußen zu gehen, wäre zu gefährlich. In mein Zimmer kann ich nicht. Na toll!

Ich hasse Partys. Meine Augen gleiten über die Orgie, die sich vor meinen Augen abspielt. Ich sehe einen offensichtlich betrunkenen Typ im Sporttrikot, der auf einem Stuhl steht und zur Musik gröhlt, während sein persönlicher Fanclub sich um ihm herumgestellt hat und mitschreit.

Ein paar Jungs haben ihre T-Shirts ausgezogen und wedeln mit ihnen in der Luft herum. Ich sehe, zwei Mädchen auf der Küchenanrichte rumknutschen. Ein Junge und ein Mädchen drücken sich an mir vorbei in den Flur, sie mit deutlichem Hüftschwung, während sie ständig stehenbleiben, um sich zu küssen.

Am Boden sitzt eine Gruppe, die anscheinend Wahrheit oder Pflicht spielt, denn ein Junge sieht gerade seinen Sitznachbar, der ebenfalls männlich ist, angewidert an, bevor er sich zu ihm beugt und ihn küsst. Die Runde beginnt zu kreischen und johlen.

Halleluja, wie konnte das nur so aus dem Ruder laufen? Wo sind Alison und Cathy?

Ich drehe mich schockiert um und gehe auf Alisons Zimmer zu. Aus diesem höre ich ein Kichern und anschließendes Stöhnen.

„Oh Baby, du machst mich verrückt", ertönt da eine dunkle, raue Stimme.

Um Himmels Willen! Ich kann mir nicht vorstellen, dass Alison und William Freude haben, wenn ihr Bett von anderen gebraucht wird.

„Schneller!"

Ich kotze gleich. Schnurstracks gehe ich weiter. Vor Cathys Tür verzichte ich aufs Anklopfen und öffne die Tür. Abgeschlossen. Cathy hat also in weiser Voraussicht Schutzmaßnahmen getroffen.

Und wo stecken die zwei jetzt?

Ich bin wütend auf die beiden. Lassen mich hier mit dieser Horde wildgewordener, feuerwütiger Studenten alleine.

„Alles in Ordnung, Em?"

Erschrocken wirble ich herum und schaue in Masons Gesicht, dass mich besorgt mustert. Noch nie hat mich jemand Em genannt. Ich hatte immer mal wieder irgendwelche Spitznamen wie Lia oder Emmylein, aber Em, das hat noch nie jemand zu mir gesagt. Es gefällt mir.

„Klar, was soll auch sein?"

„Warum bist du so?"

Verwirrt runzle ich die Stirn. Wie bin ich denn?

„Was meinst du?"

Er zuckt mit den Schultern, bevor er zu sprechen beginnt: „So abweisend, irgendwie kratzbürstig."

Kratzbürstig? Wer benutzt denn bitte dieses Wort?

„Kratzbürstig?", echoe ich.

Er nickt vehement und er scheint sich mal wieder kräftig über mich zu amüsieren. „Du verschließt dich und wirst dann so kalt und abweisend. Ich glaube nicht, dass du normalerweise so bist. Das wirkt auf mich wie eine Schutzmauer."

Erschrocken japse ich nach Luft. Keiner von uns beiden sagt ein Wort.

Masons Blick scheint mich zu durchbohren und ich versinke in seinen braunen Augen mit den silbernen Sprenkeln. Unsere Blicke verhaken sich ineinander. Das jagt mir einen nervösen Schauer ein.

„Studierst du etwa Psychologie?", ist alles was ich nach dieser seltsamen Stille zustande bringe. Ich kann und ich will auf diese Anschuldigungen nicht reagieren.

Mason lacht auf.

„Gott bewahre, nein. Ich studiere Sportmanagement."

„Aha."

„Was ist mit dir?"

Verwirrt blinzle ich ihn an.

„Was soll mit mir sein?"

Mason schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Genau das meine ich mit kratzbürstig."

Versteh ich nicht. Ich bin also arrogant, weil ich seine Frage nicht verstehe?

Behind my maskWo Geschichten leben. Entdecke jetzt