Kapitel 29

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Mason hält mir, ganz der Gentleman, die Tür seines Wagens auf, damit ich einsteigen kann. Dankbar lächle ich ihn an.

Während der Fahrt herrscht Stille. Mich beschleicht ein Gefühl der Nervosität. Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet. Ich habe keine Kontrolle darüber, was dort passieren wird. Ich weiß nicht, wie viele Menschen dort sind, worüber sie sprechen werden oder was man dort machen wird. Werden die Gäste dort Alkohol in sich reinschütten? Wird getanzt? Gibt es irgendwelche Party-Spiele?

Ich erschaudere kurz. Mason dreht ruckartig den Kopf zu mir und legt dann seine Hand auf meinen Oberschenkel, sodass ich meine hineinlegen kann.

„Das wird bestimmt schön, Em. Und wenn du keine Lust mehr hast, fahren wir einfach wieder, ja?"

Ich nicke, denn auf meine Stimme vertraue ich im Moment nicht. Mein Zittern lässt nach, als Mason mit dem Daumen über meinen Handrücken zu streichen beginnt.

Vor einem gläsernen Hochhaus sucht Mason einen Parkplatz. Etwas weiter entfernt finden wir dann tatsächlich eine freie Parklücke und Mason lenkt seinen Wagen geschickt dort hinein. Gleich nachdem er den Wagen abgestellt hat, läuft er um sein Auto herum, um mir die Türe zu öffnen.

Er greift nach meiner Hand und gemeinsam machen wir uns auf den Weg zum Ocean Eight.

Etwas überwältigt betreten wir das verglaste Gebäude. Bereits die Lobby ist mehr als elegant eingerichtet. Geschmack und Stilgefühl drücken dem Eingangsbereich seinen ganz eigenen Stempel auf. Ich schaue mich begeistert um. Warme Pastelltöne dominieren in der Lobby, deren Charme unterstrichen wird durch die cremefarbenen, hochwertigen Ledersessel, die als Sitzgruppe in der Mitte des Raumes aufgestellt sind. Dekorative Bodenfliesen betonen die Größe des Saales und ein großer, mehrarmiger Kronleuchter hüllt den Raum in helles, weiches Licht.

Aber für weitere Besichtigungen habe ich keine Gelegenheit, denn Mason zieht mich an sich, legt seinen Armen um meine Taille und dirigiert mich in einen ebenfalls verglasten Aufzug.

Ich habe Höhenangst, aber das kann ich Mason nicht sagen. Der muss ohnehin schon glauben, es gibt in meinem Leben nichts, was nicht von einer Angst gesteuert ist.

Also konzentriere ich mich auf Masons Augen, die mich bereits fixiert haben, als meine auf seine treffen. Die Ruhe, die Mason ausstrahlt, verleitet auch meine Atmung dazu, sich wieder zu normalisieren. Ich kann nicht wirklich in Worte fassen, was in mir vorgeht, als Mason den Blickkontakt nicht löst, aber diese Gefühl ist nicht unangenehm oder einengend, sondern vielmehr das Gegenteil. Allein durch seine Anwesenheit und diesen intensiven Blick, den er mir zuwirft, vergesse ich, dass wir in einem Glaskasten stehen, der jeden Augenblick stecken bleiben könnte, uns in die Tiefe reißen könnte oder dessen Glas zerbrechen könnte. All diese Horrorszenarien, die natürlich rational betrachtet, mehr als unwahrscheinlich sind, schwirren normalerweise in meinem Kopf, wenn ich in unnormalen Höhen bin, einen Berggipfel besteige (obwohl dies eher selten der Fall ist – wenn man diesen denkwürdigen Wanderurlaub in der achten Klasse auslässt, der in einer Katastrophe ausgeartet ist, weil weder meine Familie noch ich fürs Wandern geschaffen sind) oder über eine Brücke gehe. Aber daran verschwende ich nicht einen Gedanken. Ich lasse mich von Masons Augen einfangen und kann nur noch in diesen mehr als beruhigenden Braunton blicken, ohne an etwas anderes zu denken.

Pling. Die Aufzugtüren öffnen sich, aber keiner von uns macht Anstalten, sich vom Fleck zu bewegen. Noch immer schauen wir wie gebannt in die Augen des anderen.

Das Klappern von Stöckelschuhen lässt uns auseinanderfahren. Eine Frau, Anfang dreißig würde ich schätzen, betritt den Aufzug. Mason greift nach meiner Hand und gemeinsam stolpern wir aus dem Lift. Der Moment ist vorbei, aber dieses Knistern zwischen uns, das ist noch immer da. Ich frage mich, ob auch Mason das undefinierbare Flattern spürt oder ob ich mir diesen Zauber schlichtweg einbilde.

Doch der Zauber verstärkt sich, als Mason mich hinter eine Marmorsäule zieht und mich sanft küsst. Das Flattern wird nur noch stärker und ich spüre keine Kälte, Nervosität oder Unsicherheit, sondern werde gewärmt von seiner Nähe und Geborgenheit. Ich frage mich, wie Masons Küsse mich so beruhigen können. Und warum die Menschheit überhaupt noch etwas anderes tut, wenn Küssen doch das schönste Gefühl der Welt in einem auslösen kann.

Als wir uns voneinander lösen, schmiege ich mich an Masons Brust, der sanft einen Arm um mich legt. Wir zwei gegen den Rest der Welt. So fühlt es sich an.

„Und jetzt lass uns Spaß haben!"

Damit treten wir auf die milchglasige Tür zu, hinter der uns bereits laute Musik entgegenströmt. Mason legt seine Hand um den Griff, bevor er mich noch einmal eingehend betrachtet. Ich nicke. Meine Angst ist wie weggeflogen. Ich fühle mich beschwingt und sicher.

Mason öffnet mit einem Schwung die Tür und sofort werden wir von Alkoholgeruch, lautem Lachen und angeregten Gesprächen begrüßt. Uns schenkt keiner Beachtung und so schlängeln wir uns durch die Menschenmenge. Ich habe Mühe, mit Mason mitzuhalten, die High Heels, die ich zuletzt zu meiner Abschlussfeier getragen habe, sind nicht für ein solches Tempo gemacht. 

Behind my maskWo Geschichten leben. Entdecke jetzt