Kapitel 32 ✔️

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„Dieser verdammte Mistkerl!" Lexa hob das Buch, das sie kurz zuvor Chu-Lah an seinen gutaussehenden und gleichzeitig störrischen Dickkopf geworfen hatte, vom Boden auf. Zu ihrer Genugtuung hatte sie ihn wenigstens mit der Aktion vertrieben. Wie ein begossener Pudel war er abgezischt.

„Was hat mein Sohn jetzt wieder angestellt?" Wa-Ya-Ga-Da steckte den Kopf zur Tür herein und seufzte mit einer übertriebenen Leidensmiene, die sie zum Schmunzeln brachte. Der Alpha setzte sich in einigem Abstand zu ihr auf das Sofa, die Hände gefaltet in seinen Schoß gelegt.

„Das Übliche. Er sieht sich nach wie vor im Recht und will sich nicht entschuldigen." Lexa strich über den Bucheinband und legte es dann zur Seite. Ein Maunzen lenkte ihre Aufmerksamkeit zur Tür, wo ihr Kater mit erhobenem Kopf und herausgestreckter Brust wie ein Brigadegeneral hereinspazierte.

„Du kleiner Angeber." Stirnrunzelnd sah sie zu, wie ihr Haustier auf das Sofa sprang, dem Alpha kurz in den Arm biss und dann zu ihr wanderte. Gemütlich schnurrend rollte er sich auf ihren Beinen ein und streckte eine Pfote nach ihrem Bauch aus. Die sanfte Berührung jagte ein warmes Kribbeln durch ihren Körper und sie erschauderte. Wieso reagierte sie so auf ihn? Weil er ähnlich wie Chu-Lah roch und sie mit seinem ausgeprägten Sinn nach Kuscheleinheiten an den dickköpfigen Basterianer erinnerte? Eine andere Erklärung fand sie nicht.

„Irgendwann wird mein Sohn es einsehen." Wa-Ya-Ga-Da rückte näher und zog sie sanft in seine Arme. Sein lautes Schnurren entlockte dem Kater ein Fauchen. Lexa prustete los.

„Bist du etwa eifersüchtig? Wenn Chu-Lah da wäre, könnte ich das noch verstehen. Aber dem gehst du ja systematisch aus dem Weg." Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie der Alpha schmunzelte. Er streckte die Hand aus und kraulte dem Kater am Kinn, der sich sogleich wegdrehte und außer Reichweite des Basterianers hinlegte, ihm den Rücken zugewandt.

„Worum geht es in dem Buch?" Er zeigte auf den Tisch, wo sie es abgelegt hatte.

„Ägyptische Mythologie. Ich wollte nachlesen, ob ich mehr Informationen über Bastet zusammentragen kann." Durch die Wandlung verstand sie zwar die Sprache der Basterianer und selbst das Reden fiel ihr leicht, doch ans Lesen traute sie sich nicht. Daher hatte sie sich eines der wenigen englischsprachigen Bücher aus dem Regal geholt. Einige Seiten waren an der oberen Ecke eingeknickt als Zeugen ihres Frevels. Sie grinste beim Gedanken an Chu-Lahs verblüfftem Gesichtsausdruck, als ihn das Buch traf. Das hatte sein Ego weitaus mehr verletzt als seinen Körper.

„Wir haben mehrere Bände, die die Entstehung unseres Volkes und Bastets Rolle dabei beschreiben. Ich weiß schon, welches dir gefallen könnte." Der Alpha stand auf und lief zum Bücherregal. Zielsicher griff er hinein und zog einen dünnen Band heraus.

„Ein Kinderbuch?" Fragend sah sie ihn an, nachdem er ihr das Büchlein gereicht hatte.

„Ja, ein Kinderbuch. Es müsste für dich einfacher zu lesen sein. Ich bin zwar überzeugt, dass du auch schwerere Literatur bereits verstehen würdest. Vor allem wenn ich bedenke, wie gut du unsere Sprache sprichst. Doch sehe ich dir an der Nasenspitze an, dass du dich beim Gedanken daran unwohl fühlst." Wa-Ya-Ga-Da küsste sie sanft auf die Stirn.

„Meine Töchter haben das Buch geliebt, als sie klein waren. Ich hoffe, es gefällt dir, meine Tochter." Die Augen des Alphas schimmerten feucht, als er das Wohnzimmer verließ. Lexa sah ihm mitfühlend hinterher. Ihr Schwiegervater öffnete sich ihr immer mehr, seit dem Gespräch am Grab seiner Frau und ließ keinen Zweifel daran, dass die Gefährtin seines Sohnes ein vollwertiges Mitglied seiner kleinen Familie war. Dafür schimpfte er mehrmals am Tag über Chu-Lahs Verhalten ihr gegenüber. Sie lächelte leicht. Es wäre doch gelacht, wenn sie den Mistkerl nicht zu zweit zu einer Entschuldigung überredeten.

Der BasterianerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt