Kapitel 35 ✔️

973 63 6
                                    


Lexas Augenlider waren so bleiern, als ob an ihnen ein schweres Gewicht hing. Verbissen kämpfte sie gegen die sie umhüllende Blase an, durch die nur gedämpft Stimmen drangen. Lichtblitze zuckten vor ihren Pupillen, blendeten sie, wenn sie es schaffte, die Augen ein wenig zu öffnen. Ihr Körper war von der gleichen Starre befallen. Sie benetzte ihre trockenen Lippen, die sich spröde unter ihrer Zunge anfühlten. So ausgetrocknet wie ihre Kehle. Enge schnürte ihren Brustkorb, ihre Atmung ein. Wo war sie?

Der Untergrund, auf dem sie lag, war hart. Mit den Fingerspitzen fuhr sie über das Material. Glattes Metall. Ein Labor vielleicht? Was hatte man mit ihr vor? Mit schnellen, ruckartigen Bewegungen drehte sie den Kopf. Versuchte, die Stimmen zu verstehen, sie zu erkennen. Doch der Nebel war zu dick. Kalter Schweiß brach ihr aus.

Eine große Hand drückte die ihre. Der Geruch nach Fisch und Fleisch, eine Mischung, die sie für einige Zeit geliebt hatte, drängte sich ihr auf. Eine Vorahnung ließ das Blut in ihren Adern gefrieren. Bittere Galle kroch ihre Speiseröhre entlang. Sie unterdrückte ein Würgen.

Langsam drang die Gewissheit zu ihr durch, in wessen Gewalt sie sich befand. Die Chonsaner hatten ihr und ihrem Gefährten auf dem fremden Planeten aufgelauert, als er mit ihr zum ehemaligen Lagerhallenkomplex gegangen war. Er hatte ihr etwas mitteilen wollen. Chu-Lah! Wo war er? Lebte er noch? Oder hatte die feige Echse ihn bereits umgebracht? Ihr Brustkorb drohte zu zerspringen. Ihre Halsschlagader pochte schmerzhaft. Eine Hand strich sanft über ihre Stirn. Ein leises, tiefes Gurren erklang direkt an ihrem Ohr. Es war wie ein Messerstich mitten ins Herz. Niyol hatte sie immer auf diese Art beruhigt. Doch er war tot!

„Ist deine Ziehtochter endlich aufgewacht?" Dezbas schneidende Stimme hallte durch den Nebel zu ihr. Ziehtochter? Also war es Bidziil bei ihr? Lexa zwang ihre Augenlider auf. Ein verschwommener Felsen ragte über ihr auf. Sie blinzelte einige Male angestrengt. Der Schleier lichtete sich. Sie erkannte das stürmische Grau, das sie besorgt betrachtete. Die Fältchen um seine Augen waren so tief wie der Marianengraben. Ihr Teamleiter war in den Monaten ihrer Abwesenheit um Jahrzehnte gealtert. Er schien ein Vielfaches seiner Kraft und Agilität eingebüßt zu haben. Was war nur mit ihm passiert?

„Sie braucht noch ein wenig. Sie ist völlig zugedröhnt. Wolltest du sie mit dem Betäubungsmittel umbringen?", knurrte er seine Anführerin an. Ein seltsames Grollen tief aus seinen Bronchien begleitete seine Worte und er zuckte zusammen. Das Gesicht leicht schmerzverzogen, fasste er sich an die Brust. Da stimmte doch etwas nicht!

Lexa versuchte, sich aufzurichten. Sie traf auf einen unnachgiebigen Widerstand. Weder ihre Arme, noch die Beine konnte sie bewegen. Sie ließ den Blick an ihrem Körper entlanggleiten. Gurte hielten sie auf dem Tisch festgepinnt. Ein weiteres Band war etwas oberhalb ihres Bauches gespannt. Sie wandte sich, kämpfte gegen die Fesseln an. Vergeblich. Ihr Puls schoss in die Höhe, das Baby trat in ihr wild um sich. Genau wie seine Mutter schien es fliehen zu wollen.

„An deiner Stelle würde ich gut über meine Worte nachdenken, Bidziil. Du solltest uns dankbar sein. Mein Vater hat dir mit seinen Experimenten Schnelligkeit und Kraft geschenkt." Dezbas gehässige Stimme näherte sich. Lexa spähte in die Richtung, doch ihr alter Teamleiter schirmte sie von der Anführerin der Chonsaner ab.

„Und mir damit die Möglichkeit genommen, jemals eigene Kinder zu haben", fügte er seufzend hinzu. Seine Schultern sackten ein wenig ab, sein Blick sank zu Boden. Dann, wie nach dem Umlegen eines Schalters, nahm er wieder Haltung an. Der Rücken kerzengerade, die Muskeln angespannt, wie auch seine Miene. In seinen Augen spiegelte sich der altbekannte Sturm wider, den Lexa zu Anfang gefürchtet hatte. Doch dieses Mal richtete er sich nicht gegen sie.

„Lass Nizhoni frei. Du hast den Sohn des Alphas, da benötigst du sie nicht auch noch." Eine warme Welle der Zuversicht schwappte über sie. Hoffnung keimte in ihr auf. Er war noch immer ihr Verbündeter, war um ihr Wohlergehen besorgt. Bidziil ließ sie nicht im Stich. Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu. Kurz verzogen sich seine Mundwinkel nach oben.

Der BasterianerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt