Kapitel 39 ✔️

972 65 8
                                    


„Ihr hättet mich sterben lassen sollen." Die alte Echse starrte aus dem Fenster des Krankenzimmers. Seine Haut ein fahles aschgrau, seine Augen dumpf und leer. Lexa biss sich auf die Unterlippe, bohrte die Fingernägel in ihre Handinnenflächen. Was zur Hölle war nur mit Bidziil los? Statt sich darüber zu freuen, dass der Tumor entfernt worden war, lag er nur teilnahmslos im Bett. Hilflos sah sie zu Niyol, der selbst gegen Tränen ankämpfte.

„Wie kannst du sowas sagen? Wir brauchen dich doch!", platzte es aus ihm heraus. „Du bist für uns beide wie ein Vater."

„Nein. Ihr seid nun beide in Sicherheit. Das, was ich mir sehnlichst für euch gewünscht habe. Ihr braucht mich nicht mehr." Er schüttelte fast schon bedauernd den Kopf. Hielt er sich für so überflüssig in ihrem Leben? Ein dicker Kloß verschnürte Lexas Hals.

„Du fühlst die schuldig, weil du den Rest des Teams auf Chonsana zurücklassen musstest, nicht wahr?" Niyol schaute die mürrische Echse unverwandt an. „Denkst du, mir gefällt es, meine Freunde nie wiederzusehen? Oder hast du mal Nizhoni gefragt, wie sie sich dabei fühlt?" Seine Brust hob und senkte sich stark unregelmäßig. Ohne ein weiteres Wort, ohne eine Antwort abzuwarten, rannte er aus dem Raum.

„Er hat recht, nicht wahr?" Lexa trat näher an sein Krankenbett heran, drängte die hervorzubrechen drohenden Tränen verbissen zurück. Die Stimme leise, konzentriert, fast schon emotionslos.

„Ja, hat er." Bidziil drehte den Kopf zu ihr. Das sonst stürmische Grau seiner Augen, dem aufgewühlten Meer während eines Orkans gleich, war verschwommen wie eine nebeldurchzogene Flussaue. Die Schuldgefühle zerfraßen ihn innerlich. Ein Teamleiter der Chonsaner war immer für sein Team da, um es anzuführen und zu beschützen. Doch er weilte nun auf Gangalon, ohne Chance, seine Jungs jemals wiederzusehen.

„Ihnen wird schon nichts passieren", versuchte Lexa, ihre eigenen wirren Gedanken verstummen zu lassen. Eine Aussage des Alphas schoss ihr durch den Kopf. Sie biss die Zähne aufeinander und schüttelte ihr Haupt, in der Hoffnung, die wie Messerstiche schmerzenden Worte zu verscheuchen.

„Die Anuben werden Chonsana angreifen und zerstören, um ihren Rachedurst zu sättigen. Mein Volk hat sie fast ausgerottet, bevor Dezba sich gegen die Basterianer wandte. Sie werden diese Chance nutzen und zu einem Vernichtungsschlag ausholen. Mein Team wird aufhören zu existieren. Der Tod würde mich wieder mit ihnen vereinen." Das Kinn sank schwer auf seine Brust. Bidziils tiefer Seufzer hallte im stillen Raum wider.

„Solltest du nicht gerade deswegen alles daran setzen, zu überleben, um ihr Andenken in Ehren zu halten?" Lexa setzte sich auf den Rand des Bettes und nahm eine Klaue des Reptils in ihre Hände. Rau, kalte, kraftlos, als wenn eine unerkannte Kraft das Leben aus ihm saugte. Ein unsichtbarer Feind, der sich bei ihnen eingeschlichen hatte. Dezbas böser Geist, der selbst hier auf Gangalon sein Unwesen trieb, seinen düstren Schatten über alles warf.

„Du verstehst das nicht", seufzte Bidziil. „Wie solltest du das auch?" Er hob den Kopf, Tränen schimmerten in seinen Augen. „Ich habe das Team selbst aufgebaut, aus Verstoßenen wie mir. Ich mag zwar durch die Versuche von Dezbas Vater groß und stark geworden sein, doch war ich immer nur das misslungene Experiment, weil ich keine Kinder zeugen kann."

„Aber ich dachte, du gehörtest zu ihren Elitekriegern." Lexa runzelte die Stirn. Wie sehr sie sich doch von seiner Statur und seinem Auftreten in der Öffentlichkeit hatte täuschen lassen. Parallelen zu ihrem Leben auf der Erde schossen ihr durch den Kopf. Ihr Adoptivvater war ihr weitaus ähnlicher, als sie erwartet hatte. Kein Wunder, dass er sie liebevoll in seine Gruppe, seine Familie, aufgenommen hatte. Sie strich nachdenklich über seinen Arm.

„Dezba hat uns nur gern genutzt, weil wir durch unser Band einander blind vertrauen und daher effektiver sind. Oder für Aufträge, bei denen sie fürchtete, dass diese zu gefährlich für die anderen kleinen Teams waren. Die Mission, von der nur Niyol zurückkam, sollte ich anführen. Die Basterianer hätten uns komplett auseinandergenommen. Chu-Lah war dort auf der Jagd nach dir, wie schon bei dem Auftrag, wo ich dich verletzt zuhause zurückgelassen hatte, um dich zu schützen. Der kleine Junge, der dich zuvor gesehen hatte, hat erst dem Arzt, dann dem Alpha von dir berichtet. Wie bei Katzen deines Planeten war ihre Neugierde geweckt."

Der BasterianerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt