Kapitel 27 ✔️

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„Du verlässt das Haus auf gar keinen Fall, solange ich weg bin." Von Chu-Lahs sonst so entspannter Miene war nichts zu sehen. Was stellte der sich überhaupt so an? Im nächsten Moment spürte sie einen warmen Luftzug an ihrem Hals. Der Basterianer sog gierig ihren Geruch ein. Seine Pupillen weiteten sich. Mit einem Ruck landete ihr Körper an seiner steinharten Brust. Lexa riss vor Schreck die Augen weit auf, ihr Herz verdoppelte seinen Schlag. Was machte er da und vor allem, warum? Leise schnurrend rieb er sein Gesicht an ihren Wangen. Seine Brust vibrierte dabei leicht.

„Meins." Zufrieden grinsend ließ er Lexa los und betrachtete sie entspannter. „Ich muss in die Stadt. Soll ich dir etwas mitbringen?"

„Nein, ist nicht nötig." Sehnsuchtsvoll schaute sie aus dem Schlafzimmerfenster auf den Dschungel. So nah und doch so fern. Das Leben war unfair. Sie warf sich aufs Bett und seufzte. Ihre Beine kribbelten immer mehr vom Bewegungsmangel. Das Klima auf Gangalon war weitaus angenehmer für sie als auf Chonsana, perfekt für ein kleines Lauftraining. Hatte Chu-Lah nicht erwähnt, dass es hier keine Raubtiere gab? Mal abgesehen von den Basterianern lebten auf dem Planeten nur Beutetiere. Etwas ungelenk sprang Lexa vom Bett auf. Ihrer Meinung nach ein eindeutiges Zeichen, dass sie dringend Bewegung brauchte. Schnell zog sie lockere Kleidung aus dem Schrank und warf sie auf die Bettdecke.

Sie biss sich auf die Lippe. Sie durfte nicht in den Wald. Er hatte es ihr untersagt. Es gab dafür sicher einen Grund. Bidziil und Niyol hatten ebenfalls nie etwas grundlos verboten. Niyol. Verzweifelt blinzelte Lexa die Tränen weg, die in ihre Augen schossen. Statt sich umzuziehen, lief sie ins Bad, zog die Klamotten aus und verschwand unter der Dusche. Mit einem Druck auf den großen runden Schalter strömte das Wasser wie ein dichter warmer Sommerregen über ihren zitternden Körper. Sie schloss die Augen, genoss die sanfte Massage des Wasserstrahls. Sorgfältig schäumte sie sich mit dem nach Kräutern duftenden Gel ein. Eine kleine Gänsehaut schoss über ihre Haut. Nach dem Laufen würde sich eine Dusche damit sicher himmlisch anfühlen.

Nicht einer war zuhause, daher würde keiner ihre zeitweilige Abwesenheit bemerken. Niemand hielt sie an diesem Tag von etwas Bewegung ab. Grinsend trocknete Lexa sich ab und zog die Laufkleidung an. Ihr Herz klopfte erfreut schneller, als sie die Schuhe zuband. Jeder Muskel spannte sich vor Aufregung, in Erwartung eines entspannenden Trainings.

Federnd lief sie über die Blumenwiese. Exotische süße Gerüche umgarnten sie, luden sie zum Verweilen ein. Doch ihre Augen waren gierig auf den Urwald gerichtet. Endlich durfte sie ihn erkunden, auch wenn sie es sich nur selbst erlaubt hatte. Zu ihrer Freude stellte sie am Waldrand fest, dass ein breiter Pfad durch den Wald und wie sie hoffte, den Hügel hinauf führte. Lexa folgte ihm an Farnen entlang, die so groß wie sie selbst waren. Legte sie den Kopf in den Nacken, um vom Boden aus einen Blick auf die Baumspitzen zu erhaschen, wurde ihr schwindelig. Die Baumkronen waren zu hoch oben.

Nach einiger Zeit erreichte sie eine Weggabelung. Der breite Pfad führte weiter den Hügel hinauf, doch der schmalere, nach links weisende, lockte sie mit seiner Urtümlichkeit mehr. Farne standen dichter am Weg, auch wuchs auf dem Boden eine bläulich schimmernde Pflanze, durch die jeder ihrer Schritte abfederte. Lexa hockte sich hin und betrachtete das Gewächs genauer. Weich, vielfach verzweigt, wie winzig kleine Tannen. Möglicherweise handelte es sich um eine Art Moos. Langsam richtete sie sich wieder auf und folgte weiter dem Pfad. Kurz darauf schluckte sie bei dem Anblick, der sich ihr bot. Etwa zwanzig ältere, aber auch neuere Grabsteine standen auf einer Lichtung verteilt. Von Neugier erfüllt lief sie zu den hellen Steinen, die bisher kaum verwittert waren. Alle hatten an ihrer Frontseite kleine Bildschirme, von denen sie einen mit den Fingerspitzen berührte. Eine etwa fünf Minuten dauernde Aufnahme erzählte ihr etwas über die Person, die an dieser Stelle lag und wie sie gestorben war. Es handelte sich um einen älteren Bruder von Chu-Lah, gefallen im Krieg gegen die Chonsaner. Die nächste Grabstätte gehörte einem weiteren Bruder, mit der gleichen Todesursache. Diese Gräber waren schlicht gehalten, doch auf den darauf Folgenden lagen Blumen. Tränen liefen über Lexas Wangen, nachdem sie die Videos angeschaut hatte. Tagelang hatten Chu-Lahs Mutter und seine Schwestern gegen den Virus gekämpft, bis sie letzten Endes erstickt waren. Der Alpha hatte bei seiner Frau bis zu ihrem Tod gesessen. Der Augenblick, an dem sie ihren allerletzten rasselnden Atemzug getätigt hatte, hatte ihn gebrochen zurückgelassen. Doch das letzte der neueren Gräber traf Lexa bis ins Mark. Chu-Lah hatte das Basterianer-Mädchen, das sein Weibchen hatte werden sollen, tagelang im Arm gehalten, bis sie ebenfalls starb. Kein Wunder, dass er nun so um sie besorgt war und sie am liebsten so nah wie möglich bei sich hatte. Er war traumatisiert von den Ereignissen, stellte sie fest.

Der BasterianerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt