Kapitel 44 ✔️

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„Und du bist dir sicher, dass dies eine gute Idee ist?" Missmutig starrte Bidziil auf die Häuser, die wie von Geisterhand aus dem Nebel heraus auftauchten. Er zog den Umhang enger um seine Schultern, doch half es kaum gegen die schleichende Kälte eines nassen Herbstabends auf der Erde.

„Ja, ich bin es ihnen schuldig. Sie sollen erfahren, warum ich damals verschwunden bin." Lexa sah zu den orangeglühenden Lampen auf den Pfeilern einer hüfthohen Mauer. Dieser Abend war ideal für einen Besuch.

„Das verstehe ich ja. Aber wieso ausgerechnet bei diesem Wetter und nicht im Hochsommer, wenn es wärmer und trockener ist?" Er warf einen Blick über die Schulter auf ihre Begleiter. Chu-Lah trug Inola, die voller Neugierde zurück auf die Felder, auf die Nebelschwaden starrte. Sie hatten das Raumschiff etwas fünfhundert Erdenmeter entfernt abgestellt. An der Stelle, wo Lexa damals von dem Betrunkenen angegriffen und von Bidziil gerettet worden war.

„Wenn die Welpen sich erkälten, kannst du dich alleine um sie kümmern." Lexa schmunzelte. Wie immer war ihr Adoptivvater um die Kinder besorgt. Er kümmerte sich aufopfernd um die beiden Kleinen, vor allem um Shiye, der sich in diesem Moment zufrieden schnurrend an Niyol kuschelte.

„Die Kinder kommen besser damit zurecht als du." Sie pikste Bidziil in die Seite. Brummend ergriff er ihre Hand und verschränkte seine Finger mit ihren. Nachdenklich sah sie ihn an. „Du hast Angst, dass ich meine Eltern dir vorziehe, nicht wahr?" Er wandte den Blick ab, seufzte nur leise. Abrupt blieb sie stehen und schlang die Arme um den Chonsaner. „Sie mögen zwar meine biologischen Eltern sein, aber deinen Platz in meinem Herzen werden sie nie einnehmen." Sanft drückte sie ihre Lippen auf seine Wange.

Lexa wandte sich von ihm ab und starrte auf den Weg. Der Nebel war hier spärlicher, nur in weiterer Entfernung schwebten die Nebelschwaden über der Straße. Das Licht der Straßenlaternen tauchte alles in ein unheimliches Weiß, das zu diesem Abend passte. Von der anderen Straßenseite drangen schrilles Lachen und dunkle Stimmen zu ihnen. Der Geruch von einem Lagerfeuer reizte ihre Nase. Es war nicht nur Holz, das brannte.

„Kommt, wir müssen hier weiter." Sie wies auf die Seitenstraße, eine verkehrsberuhigte Zone, in der das Haus ihrer Eltern lag. Eine steile Falte erschien auf ihrer Stirn, als sie das erste Gebäude musterte. Amy wohnte dort und die Stimmen kamen aus ihrem Garten.

„Hey, guckt euch mal die an", schrie jemand neben ihr, als Lexa am Zaun vorbeilief. „Wie cool ist das denn? Ey Alter, woher hast du die geile Eidechsenmaske?" Sie schüttelte sich und sah den jungen Kerl einen Moment an, der auf der anderen Seite des Gartenzauns leicht schwankte. Die Haut unrein, die Pupillen geweitet und die Augen glasig. Eine Wolke an Alkoholschwaden wehte ihr entgegen, als er sie und ihre Begleiter mit geöffnetem Mund anstarrte. Der süßliche und gleichzeitig penetrante Geruch von Haschisch quoll aus jeder seiner Poren, sodass sie einen Schritt zurücktrat.

„Die sind der Hammer. Sowas sieht man sonst nur im Film", pflichtete ihm ein weiterer angetrunkener Gast bei.

„Kommt wieder her. So interessant können die gar nicht sein." Lexas Ohren zuckten. Ein tiefes Grollen stieg ihre Kehle empor. Die Fänge wuchsen, versteckt hinter geschlossenen Lippen. Wie sehr sie die Besitzerin dieser Stimme hasste!

„Ach Amy, sei doch nicht so." Der erste Typ legte seinen Arm um das Mädchen, dass früher der Schrecken der Nachbarschaft war. „Wieso hast du uns nicht erzählt, dass hier gefilmt wird?" Er wies auf die kleine Gruppe, die wartete.

„Welcher Film?" Lexa zwang ihre Stimme zu einem glockenklaren Lachen. „Wir sind hier nur zu Besuch. Wenn ihr uns bitte entschuldigt." Sie wandte sich zum Gehen.

„Du magst sie nicht, meine Tochter, oder?" Bidziil schob sich neben sie, legte seine Hand zwischen ihre Schulterblätter. „Du brauchst ihnen nicht deine Zeit schenken, wenn sie dir nicht guttun. Das braunhaarige Mädchen scheint eifersüchtig auf dich zu sein."

Der BasterianerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt