Kapitel 24 [✔️]

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Plötzlich ging die Tür auf und Felix kam, mehr oder weniger gut gelaunt, ins Zimmer gehüpft. Mist, wenn er jetzt den Zettel finden würde!
"Hallo, meine Liebste", begrüßte er mich und kam auf mich zu. "Wo soll ich schlafen?"
"Keine Ahnung", stotterte ich. Warum hatte ich diesen verdammten Zettel auch weggeworfen?
"Links neben dir auf dem Boden?"
"Ja, ist okay", meinte ich. Meine Hände waren ganz schweißig und ich zitterte wie verrückt. Er - darf - diesen - Zettel - nicht - finden, schoss mir jede Sekunde durch meinen Kopf.
"Was ist das für ein Zettel?", fragte er und hielt den zerknüllten Zettel, welcher kein geringerer als der Zettel der Wahrheit war, in der Hand. Scheiße.
"Ähm, also ... Keine Ahnung, gib mal her", meinte ich nur und streckte meine Hand aus. Doch eine Sekunde später hörte ich, wie er den Zettel auseinander faltete. "Felix!", schrie ich hysterisch und sprang auf. Mein Hals schmerzte stark und mir war wieder schwindelig, aber ich versuchte, jene Schmerzen zu ignorieren.
Ich entriss ihm den Zettel und schaute ihn wütend an. "Ich habe nicht gesagt, dass du das Geschriebene auf dem Zettel lesen sollst!", rief ich. Das war wirklich knapp.
"Tut mir leid, Jessica."
"Wenn du das noch mal machst, dann ist was los. Also versuche gar nicht erst, den Zettel zu lesen!", sagte ich mit ernster Stimme und verstaute den Zettel vorsichtshalber in meinem BH. "Wer hat mich eigentlich hierher gebracht?", fragte ich nach langem Schweigen. Es war bestimmt schon kurz vor Mitternacht.
"Taddl", flüsterte Felix; und als er diesem Namen aussprach, veränderten sich seine Gesichtszüge.
"Und warum bist du mitgekommen? Und Simon?"
"Simon war bei mir und wir wollten gerade zu Ardy und Taddl, um dich abzuholen, aber in dem Moment, wo wir bei ihnen klingelten, kam Taddl mit dir auf dem Arm aus der Tür gestürmt", erzählte er. "Ardy meinte, sie würden dich zum Krankenhaus fahren und wir müssten nicht mitkommen, da es nichts Ernstes sei, aber ich wollte unbedingt, weil ich wusste, dass es nicht ›nichts Ernstes‹ war", fuhr er fort.
"Oh", flüsterte ich kaum hörbar und setzte mich aufs Bett.
"Ich glaube wir müssen reden." Er faltete nervös die Hände und mein Puls wurde schneller, sodass ich Angst hatte, mein Herz würde gleich aus mir herausspringen. "Ich möchte, dass du mir total ehrlich antwortest und mir nichts verschweigst, okay?" Jetzt wurde es ziemlich ernst hier. Die Stimmung wurde kühler.
"Okay", murmelte ich. Felix setzte auch neben mich und drehte meinen Kopf behutsam zu sich. Er seufzte und schloss für einen kurzen Moment seine Augen, so als ob er versuchte, nicht die Fassung zu verlieren.
"In letzter Zeit bist du ziemlich oft bei Taddl und Ardy. Ich habe so gut wie nichts mehr von dir, aber davon mal ab habe ich auch das Gefühl, dass du Taddl sehr gerne magst... Läuft da etwas?" Ich vergas, wie man atmete. Ich schnappte nach Luft, fing fürchterlich an zu husten, was mit meinem schmerzenden Hals eine wirkliche Qual war und landete wie ein nasser Sack auf dem Boden. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Er kniete sich geschockt neben mich und drehte meinen Kopf zu sich.
"Felix, ich wollte nie, dass es soweit kommt, okay? Es tut mir echt leid und ich weiß gar nicht, wie ich es dir sagen soll, ich bin so fertig und kaputt innerlich, ich kann es dir einfach nicht sagen...", redete ich schnell und fing an zu weinen.
"Hey, nicht weinen. Beruhig dich. Erzähl es mir morgen oder in Miami, ich bin jetzt nicht wirklich auf die Folter gespannt und kann mir die Antwort schon fast erschließen ... Du brauchst jetzt ein bisschen Ruhe. Geh schlafen", sagte er zuversichtlich, nahm meinen Kopf in seine Hände und küsste mich. Als er sich löste, konnte ich eine Träne in seinen Augen sehen. Er lächelte erschöpft und irgendwie auch traurig und enttäuscht. Felix stand auf, hob mich hoch, legte mich ins Bett und deckte mich zu. "Ich bleibe wach, bis du schläfst", flüsterte er mir zu und ließ sich auf der Kante meines Bettes nieder. Mit Tränen in den Augen schlief ich ein. Diese Nacht war wohl die bisher schlimmste meines Lebens.

Zeit zu gehenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt