Kapitel 5 [✔️]

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Was sollte ich davon halten? Sollte ich es gut oder doch eher schlecht finden? Wenn es freundschaftlich war, hieß ich es für gut, andernfalls eher nicht. Oder etwa doch? Ich war überhaupt nicht in der Lage, noch klar zu denken. War ich überhaupt bereit für eine Beziehung, jetzt wo ich auch noch das Problem mit meiner Mutter hatte? Hatte ich überhaupt Zeit für eine Beziehung? Viele Fragen kreisten in meinem Kopf herum, und jede einzelne bereitete mir starke Kopfschmerzen. Trotzdem schlief ich relativ schnell ein und schlief wegen der Umstände lange.
Als ich am nächsten Tag aufwachte, war es schon 11 Uhr. Ich drehte mich um, aber Felix lag nicht mehr neben mir. Wo war er? Kurzerhand entschloss ich mich dazu, ihn zu suchen. Weit konnte er ja schließlich nicht sein. Während ich aus dem warmen Bett krabbelte, entdeckte ich einen Zettel auf seiner Betthälfte. Verwirrt nahm ich ihn und las das Geschriebene.
'Guten Morgen Jess, ich habe Brötchen geholt, damit du frühstücken kannst. Leider musst du alleine essen, da Paluten und ich bei ihm Varo aufnehmen. Danach komme ich wieder. Wird wahrscheinlich aber eher spät werden. Warte nicht mit dem Abendessen auf mich, bestell dir einfach eine Pizza (Geld liegt in der Küche). Mach dir einen schönen Tag, und wenn du was brauchst, frag die anderen Youtuber-Haus-Mitglieder, die sind dir gerne behilflich. Wenn du die Wohnung verlässt, denk bitte daran, abzuschließen, der Schlüssel liegt auf dem Küchentisch beim Geld.
Dein Felix
~PS. Ich hätte dich auch wecken können und dir das sagen können, aber es sah einfach zu süß aus, wie du geschlafen hast.'
Ich war irgendwie sprachlos. Ob das nun positiv oder negativ war, wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass ich jetzt ins Badezimmer gehen, mich fertig machen und anziehen würde, dann etwas frühstückte, und dann zu Simon oder Taddl gehen würde. Ich tat, was ich als erstes und zweites vorhatte und war in kürzester Zeit fertig. Dann setzte mich in die Küche und aß mein Frühstück, obwohl ich wegen der gestrigen Umstände immer noch keinen Hunger hatte. Felix hatte Orangensaft, Butter, Marmelade und Brötchen schon auf den Tisch gestellt. Er hatte an alles, was ich meistens frühstückte, gedacht und es mir bereitgelegt. Das war echt süß von ihm. In letzter Zeit war er noch netter zu mir, und noch viel aufmerksamer, als er es sowieso schon immer gewesen war. Nun ja, schlecht konnte das ja nicht gerade sein, wenn man es mal so sah. Vielleicht wollte er mir einfach etwas Gutes tun und eben nett sein. Es musste ja nicht immer alles einen näheren Hintergrund haben.
Als ich fertig gegessen hatte, räumte ich die Sachen weg, putze Zähne, nahm den Schlüssel, der auf dem Küchentisch lag, verließ die Wohnung und schloss die Tür ab. Sollte ich jetzt zu Taddl oder zu Simon gehen? Meine Entscheidung fiel auf Taddl. Wenn er nicht zu Hause war, konnte ich auch immer noch zu Simon gehen.
Ich lief die Treppen hinunter und stand vor Taddls Haustür. Irgendwie ängstlich klingelte ich. Ich wartete mehrere Minuten. Dann klingelte ich noch ein Mal und schaute auf die Uhr. Es war 12 Uhr. Normalerweise müsste er doch schon wach sein, oder? Als ich nach einer Weile schon umkehren wollte, hörte ich ein Poltern hinter der Tür. Schlagartig wurde diese aufgerissen und ein junger Mann mit dunkelbraunen, fast schwarzen, verwuschelten Haaren schaute mich verdattert an.
"Wer sind Sie?", wollte er unhöflich wissen, und fuhr sich müde durch die Haare.
"Ich bin Jessica", stellte ich mich vor und reichte ihm zur Begrüßung meine Hand, die er allerdings nur belustigt anschaute. "Eine Freundin von Taddl", fügte ich hinzu, in der Hoffnung, dass er dann netter sein würde, und lächelte.
"Taddl schläft noch. Außerdem kenne ich dich gar nicht", meinte er und wollte die Tür wieder schließen.
"Halt", rief ich und stellte meinen Fuß so in den Türrahmen, dass er die Tür nicht schließen konnte.
"Was ist denn noch?", schnalzte er genervt mit der Zunge.
"Du bist doch Ardy, oder nicht?", wollte ich wissen, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass es Ardy war.
"Ja, wieso?", erwiderte er überrascht.
"Du bist doch sein bester Freund. Er wird dir dann bestimmt nicht böse sein, wenn du ihn weckst und zu mir schickst", erklärte ich und setzte ein zuckersüßes Lächeln auf. Das hatte bisher immer geklappt.
"Doch das wird er. Komm später - oder am besten gar nicht wieder", ignorierte er mein Lächeln und schloss die Tür. Na klasse. Da hatte ich mich erst mal bei Taddls Mitbewohner richtig unbeliebt gemacht. Ich machte gerade auf dem Absatz kehrt, als ich im Augenwinkel sah, dass sich die Tür wieder öffnete.
"Jessica?", fragte eine mir sehr vertraute, tiefe Stimme.

Zeit zu gehenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt