Kapitel 9 [✔️]

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Zusammen putzten wir Zähne im Badezimmer. Wir lachten die ganze Zeit über die Grimassen des Anderen. Als wir fertig waren, schlenderten wir ins Wohnzimmer.
"Hier ist es ja sehr aufgeräumt", bemerkte ich ironisch und lachte.
"Oh ja", stimmte er zu. "Ich hab's immer noch nicht geschafft, die Sachen wegzuräumen."
"Komm, ich helfe dir", bot ich an, und gleich darauf räumten wir das Wohnzimmer auf. "Wie hältst du es bloß aus, in so einer Unordnung zu leben", warf ich ein, während ich ein paar Chipsdosen vom Boden aufhob und in einen blauen Müllsack schmiss.
"Da du jetzt ja da bist, glaube ich, dass das nicht mehr vorkommen", antwortete er.
"Wenn du erwartest, dass ich deinen Müll wegräume, dann hast du dich aber gewaltig geirrt", mähte ich lachend klar und baute mich scherzhaft vor ihm auf. Es müsste lustig ausgesehen haben, da ich neben ihm wie ein Zwerg aussah.
Nach über einer Stunde waren wir fertig. Als ich mich erschöpft aufs Sofa fallen ließ, klingelte es an der Tür. "Ich geh schon", meinte Felix und ging zur Tür. Ich strengte mein Gehör an, um zu hören, wer gekommen war.
"Hey Felix", hörte ich eine männliche Stimme.
"Izzi!", rief Felix erfreut und ich hörte, wie die Tür zuging. Felix kam wieder. Neben ihm ein Mann, der etwas kleiner als Felix war. Er hatte blonde Haare und war dünn, aber trotzdem muskulös.
"Ich bin Alex, aber du kannst mich Izzi nennen", stellte dieser sich freundlich lächelnd vor.
"Ich bin Jessica, aber nenn' mich bitte Jessi oder Jess", sagte ich und gab ihm die Hand.
"Izzi ist mein bester Freund", sagte Felix und boxte Izzi freundschaftlich in die Schulter. Dieser kicherte nur.
"Interessant", antwortete ich. Es war komisch, dass ich eigentlich keinen von Felix' Freunden kannte, obwohl ich mit ihm schon seit Jahren befreundet war. "Und wieso wusste ich nie was davon? Ich meine, du hättest ihn mir ja schon früher vorstellen können", fügte ich deshalb hinzu und lächelte Izzi an.
"Ich dachte, dass dich das nicht so reizt", erklärte Felix. "Tut mir leid."
"Ist doch okay", lächelte ich.
"Sag mal Felix, ich müsste da mal was mit dir besprechen", warf Izzi ein und setzte sich feierlich auf die Couch.
"Na gut", entgegnete Felix und setzte sich neben Izzi. "Was ist mit Jess?", fragte Felix.
"Also...Leider musst du kurz gehen", wandte Izzi sich zögernd an mich und lächelte peinlich berührt.
"Schon gut", erwiderte ich. "Ich geh zu Taddl", fügte ich leicht genervt hinzu, zog meine Schuhe an und ging zu Taddl. Was die beiden wohl besprechen mussten? Vor allem, wenn ich schon weggehen sollte - was konnte nur so wichtig sein?
Ich lief die Treppen runter und klingelte bei Taddl. Ein paar Sekunden später öffnete der Blondhaarige mir die Tür und bat mich herein.
"Hallo Jess", begrüßte er mich. Seine kristallblauen Augen glänzten.
"Hey Taddl", sagte ich und schaute ihn bewundernd an. Er war wirklich hübsch.
"Was ist los? Ist was Schlimmes passiert?", wollte er sofort wissen.
"Nein, alles gut. Eben ist so ein komischer Typ zu Felix gekommen... Izzi heißt er glaub ich; der wollte was von Felix", erzählte ich.
"Okay", entgegnete er irgendwie überrascht und nahm meine Hand. "Wir gehen am besten ins Wohnzimmer. Ardy schläft", fügte er hinzu und zog mich sanft ins Wohnzimmer.
"Wieso das denn?", fragte ich nervös.
"Der ist wohl ein bisschen krank. Hat sich irgendwie was aufgesackt", erklärte er. "Was möchtest du machen?"
"Keine Ahnung", antwortete ich. "Ich wollte eventuell nach Hause und mir ein paar Sachen herholen. Ich kann nicht die ganze Zeit in Felix' Kleidung rumlaufen", meinte ich und zeigte auf das T-Shirt.
"Stimmt, das geht wirklich nicht. Obwohl's gar nicht so schlecht aussieht", meinte er und musterte mich. "Ich könnte dich hinfahren", schlug er dann vor.
"Das ist nett von dir, danke", entgegnete ich. Wir standen auf, zogen uns an und gingen zu seinem Auto.

"Was denkst du denn, was sie besprechen?", fragte ich, nachdem wir nach einer lustigen Autofahrt ausstiegen.
"Ich denke nicht, dass es was über dich sein wird. Izzi kennt dich ja noch gar nicht; wie sollte er dann etwas Schlechtes über dich sagen können", antwortete er. Ich nickte und ging mit ihm zu meiner Wohnung. "Und immerhin ist Felix dein bester Freund; er würde nicht schlecht über dich reden. Nicht über jemanden so nettes wie dich", fügte er hinzu, als ich die Wohnungstür aufschloss. Felix ist dein bester Freund, hallte es in meinem Kopf. War es falsch, ihn zu küssen? Ich knipste das Licht an und begab mich ins Schlafzimmer. Taddl blieb im Flur stehen und schaute mir beim Packen zu. Ich zog einen Koffer unterm Bett hervor und klappte ihn auf. Danach schmiss ich ein paar Klamotten in den Koffer und klappte diesen dann zu.
"Lässt du mich mal bitte durch?", fragte ich Taddl mit einem gespielten verführerischen Unterton.
"Aber natürlich", erwiderte er und trat zur Seite. Was ich sofort beim Vorbeigehen merkte war, dass er mir leicht über die Hüfte strich. Jessica, das war bestimmt nur ein Versehen, redete ich mir ein. So ein hübscher Typ wie Taddl hatte bestimmt schon eine Freundin. Moment. Wieso dachte ich über sowas überhaupt nach? Ich meine, ich hatte doch jetzt Felix, oder nicht?
Ich ging ins Badezimmer und kramte ein paar Sachen zusammen: Eine Haarbürste, ein bisschen Schminke (ich hatte schon etwas in meiner Handtasche gehabt) und Abschminkzeug. Eine Zahnbürste brauchte ich erst mal nicht, da Felix mir extra eine gekauft hatte. Danach packte ich mir noch Geld ein.

"Ich bin fertig", sagte ich erleichtert, nachdem ich ich die Kulturtaschen ebenfalls in den Koffer gepackt hatte. 
"Ist der Koffer schwer?", fragte Taddl mich.
"Na ja, geht schon", antwortete ich lachend und kippte fast mit dem Koffer in der Hand um. Taddl konnte mich gerade noch auffangen. "Danke", entgegnete ich peinlich berührt.
"Kein Problem. Aber jetzt lass mich lieber den Koffer tragen, bevor du dir noch einen Bruch hebst", gab er mir zu Verstehen und nahm den Koffer. Wir verließen meine Wohnung und latschten zum Auto. Taddl packte das Gepäck in den Kofferraum und stieg ebenfalls ein.

"Vielen Dank übrigens noch mal fürs Fahren", wiederholte ich, als wir beim Youtuber-Haus angekommen waren.
"Ach, kein Problem", entgegnete er. "Hauptsache du bleibst noch ein bisschen im Youtuber-Haus bleibst", entfuhr es ihm noch. Was meinte er damit? Ich betrachtete ihn verwirrt. Mir erneut auf, wie hübsch er war. So anmutig und charakterlich perfekt... Aber was war mit Felix?
"Ich find's ... voll schön, euch als Nachbarn zu haben", gab ich lächelnd zu.
"Ich find es noch schöner, dich als Nachbarn zu haben", offenbarte er mir lächelnd. Langsam und zögerlich kam er mir näher. Unsere Lippen berührten sich schon fast, als plötzlich Simon die Treppe runterstürzte. Taddl und ich schreckten sofort voneinander zurück und schauten Simon erschrocken an.
"Oh", kam es von Simon. "Störe ich?" Ich schaute ihn nur wütend an, entriss Taddl den Koffer, drängte mich an Simon vorbei und lief die Treppen hinauf. Warum musste Simon perfekte Momente immer abpassen?

Zeit zu gehenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt