Angst

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Kapitel 5

Schweißgebadet schrak Severus aus dem Traum hoch. Dabei stieß er gegen den Nachttisch und warf das Glöckchen, welches Sententia ihm gegeben hatte, um. Sofort erschien sie in ihrem lavendelfarbenen Schlafgewand, ihre braunen Haare zu einem seitlichen Zopf geflochten und in Hausschuhen, die aussahen wie riesige Knuddelmuffs. Sie ging auf das Bett zu und setzte sich neben ihn auf die Bettkante.

„Ich wollte sie…nicht wecken“, stammelte er schlaftrunken, doch sie blickte ihn nur an und lächelte.

„Das ist kein Problem“, flüsterte sie, dann sah sie die Glocke auf dem Boden liegen. „Sie hatte einen Albtraum, nicht wahr?“ Er nickte. „Möchten sie darüber reden?“, fragte sie.

Nein, wollte er ihr entgegenspucken, es geht sie nichts an von was oder wem ich träume, aber sein Verstand brachte seinen Kopf dazu, zu nicken. Sicher hätte er öfter jemanden zum reden gebraucht, doch seit Lily war niemand da, dem er wirklich vertrauen konnte. Wahrscheinlich wäre Dumbledore der einzige gewesen, der ihm noch zugehört hätte, aber zum einen hätte er seine Probleme nicht verstanden, zum anderen war er tot.

Er erzählte von den Männern, die hinter ihm her waren, ihn durch den düsteren Wald jagten und versuchten ihn zu töten. Er erzählte von dem Szenenwechsel in seinem Traum und von dem kalten Raum in dem er sich dann befand. Er erzählte auch von der Gestalt mit dem Käfig, doch dass die Heilerin selber vorkam erwähnte er nicht.

„Ich weiß. Solche Träume sind schlimm. Albträume spiegeln unsere größten Ängste wieder, wissen sie? Es muss schrecklich für sie gewesen sein.“

Er nickte und die Heilerin sah, wie Tränen in seinen schwarzen Augen glänzten. Severus zitterte. Er versuchte panisch sich unter Kontrolle zu bekommen, aber es ging nicht. Jetzt brachen die Emotionen, die er Jahre lang hinter seine Schutzmauer angestaut hatte, aus ihm heraus. Immer wieder versuchte sein inneres Selbst einen Stein auf den anderen zu setzen, doch immer wieder brach entweder die Mauer oder das Selbst unter der Last der Steine zusammen. Ein unkontrolliertes Schluchzen entfuhr ihm. Sententia rückte näher an ihn heran und nahm ihn in den Arm.

Was sich zunächst noch unangenehm und vor allem ungewohnt für Severus anfühlte, wandelte sich schnell in Befreiung und Glück. Befreiung, weil er nun alle angestauten Gefühle loslassen konnte und Glück, weil er sich endlich verstanden fühlte. Sein Kopf sank tiefer in ihre Arme und müde Tränen rannen an seinen blassen Wangen hinunter.

Sententia fuhr ihm beruhigend mit der Hand über die Haare und den Arm hinab und flüsterte ihm immer wieder sanft „Alles wird gut“ und „Schhh“ zu.

Sie hielt ihn an sich gedrückt und so verweilten sie eine Stunde lang, bis Severus´ Schluchzen in ein Wimmer überging und letztendlich mit den Rufen einer Eule in der Stille der Nacht verebbte.

Die Frau löste ihn vorsichtig von sich und legte seinen Kopf sanft auf dem Bett ab. Sie strich ihm noch ein letztes Mal beruhigend über die Haare, schwang dann den Zauberstab und hielt ein Beutelchen in der Hand. Sie schwang den Stab noch einmal und auf dem kleinen Tisch, dem Bett gegenüber, erschienen Pergament und Schreibfeder. Sie schrieb etwas auf den Zettel und rollte das Pergament zusammen.

Anschließend legte sie es zusammen mit dem Beutelchen auf den Nachttisch, damit er es nach dem Aufwachen fand, stand auf und verließ das Zimmer, mit einem letzten Blick auf den schlafenden Severus…

Schwarze Nacht und dunkelblauer SternenhimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt