Erinnerungen

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Kapitel 38

Alles war verschwommen und ihr Körper schmerzte allein schon wenn sie atmete. Mit aller Mühe zwang sie sich dazu, das beißend helle vor ihren Augen zu fokussieren. Es waren Lampen. Ein leises Stöhnen kam über ihre Lippen, als sie versuchte, sich aufzurichten.

„Wo bin ich“, hauchte die Heilerin heiser und sah sich um. Es war, als hätte jemand einen Schleier über ihre Umgebung gelegt. Severus fiel ein Stein vom Herzen, als er ihre Stimme hörte. Drei Tage lang hatte sie geschlafen und niemand hatte das Ausmaß des Fluchs einschätzen können. Sie könnte alles vergessen haben. Die Zauberei, die Klinik…Ihn.

„Ist schon gut. Du bist in der Klinik“, sagte Severus leise, während er ihr vorsichtig über das Haar fuhr.

„Was ist passiert?“

„Du hast einen Cruciatus überstanden.“

„Wie lange war ich weg?“

„Fünf Tage. Geht es dir besser?“, fragte er und reichte ihr ein Glas Wasser.

„Ich denke schon. Alles tut weh, aber das ist wohl normal. Wo ist Fiona? Wie geht es ihr?“, wollte sie dann hysterisch wissen.

„Ganz ruhig. Sie schläft gerade und ihre Hand ist gebrochen, aber sonst geht es ihr den Umständen entsprechend gut.“

„Ist Franny bei ihr?“ Severus nickte. Fiona würde schon wieder werden. Es hatte sich herausgestellt, dass Kruoris sie eher mit dem Cruciatus geschockt hatte, als ihn wirklich lange anzuwenden. Ganz anderes als bei Sententia. Es waren fünf Minuten und er hatte nichts tun können, denn in dem Moment als er seinen Zauberstab wieder hatte, waren zwei weitere von Kruoris Leuten in die Höhle appariert und hatten sich auf ihn gestürzt. Bis er sie einmal ausgeknockt hatte, waren so viele Minuten vergangen. Viel mehr als bei ihm. Und er hatte damals bezweifelt, dass sie es ausgehalten hätte. Natürlich hätte sie.

„Du bist mit deinem Kopf ziemlich hart auf dem Boden aufgekommen. Eine Gehirnerschütterung, also solltest du besser liegen bleiben“, erwiderte Severus, als er sah, dass Sententia aufstehen wollte.

„Ich weiß selbst, was man bei einer Gehirnerschütterung-“ tun sollte und was nicht, wollte sie sagen, doch das konnte sie nicht.

„Was hast du?“

„Severus, ich erinnere mich nicht“, sagte sie tonlos. Ihre Augen waren vor Schreck geweitet.

„Ist ja gut. Das wird sicher wieder in Ordnung gehen. Ich werde Alice holen, vielleicht kann sie dir helfen“, schlug er vor.

„Danke“, flüsterte Sententia. In dem Moment hatte sie schreckliche Angst. Was, wenn sie sich nicht mehr erinnern würde? Was, wenn ihr jahrelanges Studium und noch längere Erfahrung einfach entfallen waren?

„Tia, du bist wach. Ich war so in Sorge. Wie geht es deinem Kopf?“, wollte Alice wissen, als sie keine Minute später in das Zimmer kam und energisch in ihrem Umhang herumwühlte.

„Tut weh. Alice, ich kann mich nicht mehr erinnern.“ Eine stumme Bitte, mit ihrer Freundin alleine zu Sprechen, flammte in ihren Augen auf und Alice verstand.

„Severus, könntest du mir einen Concussiotrank bringen?“, sagte sie. Es war keine Frage, eher ein nett formulierter Befehl.

Er kräuselte nur die Lippen, dann verschwand er wieder aus dem Zimmer.

„Also. Was machst du nur für Sachen?“, seufzte Alice während sie die Tür hinter sich zuzog.

„Was kann ich denn dafür. Alles ist weg. Ich kann mich nicht mehr an das Studium erinnern, noch an die Patienten. Was ist, wenn es bleibt? Was ist, wenn ich alles verloren habe? Was soll ich denn machen, wenn sie nicht mehr zurückkommen? Ich hab doch sonst nichts.“ Sie spürte, wie sich ein Träne den Weg aus ihrem Augenwinkel bahnte.

„Oh Tia, mach dir darüber keine Sorgen“, meinte Alice sofort und nahm sie in den Arm. „Du hast dir ordentlich den Kopf gestoßen. Wenn es noch weh tut, ist es noch nicht verheilt und wenn es noch nicht verheilt ist, können wir noch nichts sagen. Meine Güte, du standest fünf Minuten unter dem Cruciatus. Andere sind danach nicht mehr so gesund wie du.“

„Vielleicht hast du recht“, meinte Sententia leise. „Hast du irgendetwas gegen diese verfluchten Kopfschmerzen? Es fühlt sich so an als würde mein Schädel explodieren.“

„Sicher“, sagte Alice und reichte ihr ein kleines Fläschchen aus ihrem Umhang.

„Haben sie ihn? Konnten sie Kruoris fangen?“

„Ja, das konnten sie. Und seine Lakaien gleich mit. Severus hat sie alle fesseln lassen und uns gerufen. Dann hat er Fiona und Dich in die Klinik gebracht, während wir alles mit den Auroren geregelt haben. Es ist wieder alles gut. Vielleicht sollten wir die Schutzzauber anpassen, sodass sie auch nicht mit irgendwelchen schwarz-magischen Amuletten zu durchschreiten sind, was denkst du?“

„Du hast recht. Ihr habt gute Arbeit geleistet. Danke, Liz“, sagte Sententia.

„Nichts zu danken. Du warst auch nicht schlecht, nachdem was ich von Severus gehört habe“, erwiderte Alice und grinste für einen kleinen Augenblick. Genau in dem Moment klopfte es und Severus betrat wieder den Raum.

„Einen Concussio und einen Stärkungstrank. Wie lange wird sie noch hier bleiben müssen?“, fragte er, nachdem er Sententia die Tränke gegeben hatte, die sie nur mit einem angeekelten Blick einnahm. Wenn dieses Zeug auch so schrecklich schmecken musste. Wenn sie eigene Tränke entwarf, war sie immer darauf bedacht, dass sie neben ihrer Wirkung auch noch gut schmeckten.

„Eine Woche. Und nur, wenn sie ihre Medizin nimmt“, sagte Alice während sie Sententia mit einem mahnenden Blick bedachte.

„Dafür werde ich schon sorgen“, meinte Severus.

Schwarze Nacht und dunkelblauer SternenhimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt